Pressemitteilung · 14.11.2024 Flensburger Industriearbeitsplätze in Gefahr: Wirtschaftliches Potential der deutsch-dänischen Zusammenarbeit besser ausnutzen

Für die FSG und Fjord Paper braucht es akut vor allem eines: einen seriösen Investor - und sowohl als Kommunalpolitik und Oberbürgermeister können wir hier unterstützen: Politik durch Sichtbarmachung der Stärken und Potenziale dieser Unternehmen, wie durch die heutige Debatte und der Oberbürgermeister durch proaktives Agieren und Werben in den unternehmerischen Netzwerken.

Die Rede des Vorsitzenden der SSW-Ratsfraktion, Ratsherr Martin Lorenzen, zu
 
 
Aktuelle Stunde zu Industriearbeitsplätze in Gefahr - Einsatz für den Erhalt der Arbeitsplätze bei FSG und Fjord Paper

 
Es gilt das gesprochene Wort
 
Flensburg muss wirtschaftliches Potential der deutsch-dänischen Zusammenarbeit besser ausnutzen.
 
Kære fru bypræsident,
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Liebe Gäste,
zunächst einmal vielen Dank an die SPD, dass sie die Industriearbeitsplätze in Flensburg hier und heute auf die Tagesordnung gesetzt hat. Es ist gut und wichtig, dass auch wir mit dieser Debatte den Industriestandort Flensburg sichtbar machen.
 
Der drohende Arbeitsplatzverlust bei Fjord Paper und vielleicht auch FSG, aber eben auch der avisierte Abbau bei Semikron Danfoss ist ein herber Schlag für Flensburg und würde nicht nur wirtschaftliche, sondern auch erhebliche gesellschaftliche Auswirkungen auf die Region haben. Allerdings gibt es doch verschiedene Ursachen.
 
Die Strukturkrise der Deutschen Werften ist mittlerweile dauerhaft durch finanzielle Schwierigkeiten und Insolvenzen geprägt. Die besondere Situation der FSG ist, dass diese durch den aktuellen Gesellschafter Windhorst zudem wie gelähmt scheint. Es ist kein „Roter Faden“ zu erkennen. Beschäftigte werden überraschend nach Hause geschickt, weil keine Arbeit da ist und werden genauso überraschend zurückgeholt und stellen fest, dass weiterhin keine Arbeit da ist. Sie müssen immer wieder auf ihre Gehaltszahlungen warten und mit einer gedankenlosen Gleichgültigkeit scheint Lars Windhorst nicht zu interessieren, dass zu den Beschäftigten auch Familien – Ehepartner und Kinder – gehören, die durch dieses Gebaren einer existenziellen Angst ausgesetzt werden. So kann man mit Menschen nicht umgehen. Die Beschäftigten der FSG haben daher unsere volle Solidarität verdient.
 
Mit seriösem Unternehmertum hat das schon lange nichts mehr zu tun – Windhorst muss weg! Und das schnell, solange die Werft noch die hohe Kompetenz besitzt; denn der brain-drain hat bereits begonnen. Dabei brauchen wir jede Werft in Deutschland, um die großen Herausforderungen im Bereich der Sicherheitspolitik sowie der Energiewende zu meistern.
 
Auch bei Fjord Paper hat sich das Gerangel der ehemaligen und aktuellen Gesellschafter nicht positiv auf die sehr motivierte Belegschaft ausgewirkt. Insgesamt drücken hier die im Wettbewerb immer noch vergleichsweise hohen Energiepreise. Die Beschäftigten bei Fjord Paper sind engagiert und innovativ, man ist dabei eine Produktumstellung auf neue nachhaltigere Produkte für die Lebensmittelindustrie und die Einbindung regionaler Strohfasern in die Papier-Produktion anzugehen. Das ist doch genau das, was wir uns alle wünschen: regional und nachhaltig. Nicht nur deshalb hat Fjord Paper es verdient, dass wir uns alle für dieses großartige Unternehmen einsetzen. Im Rahmen des laufenden Insolvenzverfahrens bleibt wohl nur die Hoffnung auf einen neuen strategischen Investor. Umso wichtiger, dass auch wir sichtbar machen, dass es sich hier ein Unternehmen nicht nur mit Tradition, sondern echten Ideen und Perspektive handelt.
 
Insgesamt steht die deutsche Industrie vor einem Mix aus externen und internen Herausforderungen, die ihre Wettbewerbsfähigkeit bedrohen. Fallende Produktion und Absatz in deutschen Schlüsselindustrien, auch mit negativen Auswirkungen auf Zulieferbetriebe, sind ein Faktum. Steigende Energiekosten belasten vor allem energieintensive Branchen erheblich und fordern Lösungen zur Kostensenkung und Effizienzsteigerung. Aber auch der Fachkräftemangel ist ein weiteres gravierendes Problem, das viele Unternehmen in ihrem Wachstum und ihrer Innovationsfähigkeit hemmt. Gleichzeitig erfordert der Technologiewandel durch Digitalisierung hohe Investitionen, die nicht jedes Unternehmen stemmen kann.
 
Zusätzlich beeinträchtigen Lieferkettenprobleme und globale Abhängigkeiten die Produktion und werfen Fragen zur Sicherheit und Flexibilität internationaler Lieferketten auf. Auch der Klimaschutz und die Energiewende verlangen große Umstellungen und Investitionen. Hinzu kommt die wachsende Konkurrenz aus dem Ausland, insbesondere durch Schwellenländer mit kostengünstiger Produktion. Und vielleicht auch bald hohe Zölle aus den USA.
 
Um diese Herausforderungen zu bewältigen und die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie zu sichern, sind zielgerichtete Investitionen, technologische Innovationen und ein enger Schulterschluss zwischen Politik, Wirtschaft und Bildung entscheidend. Hier sind Bund und Land gefordert z.B. um durch die Senkung der Netzentgelte und Strompreise unsere Unternehmen wettbewerbsfähiger zu machen und mit gezielten Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Digitalisierung endlich unser Land voranzubringen. Da ist immer noch viel zu wenig passiert.
 
Angesichts von ca. 1,4 Billionen Euro Nachholbedarf an Investitionen laut Studie wird das ohne eine Reform der Schuldenbremsen nicht möglich sein. Denn sonst ist schlicht nicht genug Geld vorhanden. Egal wer ab dem 23. Februar regiert wird diese Reformen mit den Bundesländern angehen müssen.
So viel zu den Rahmenbedingungen für die Unternehmen, die sich unbedingt ändern müssen. Das können wir aber hier in Flensburg überhaupt nicht alleine bewältigen. Um den Industriestandort Flensburg zu stärken brauchen wir als Stadt einen umfassenden Ansatz, den wir gemeinsam mit dem Land und den Wirtschaftsverbänden entwickeln müssen, der auf die besonderen Bedürfnisse der ansässigen Industrien eingeht und gleichzeitig neue Möglichkeiten für Innovation und Wachstum schafft. Zum Beispiel:

Förderung der Digitalisierung: 
Investitionen in digitale Technologien und Ausbildung der Mitarbeitenden im Bereich moderner, digitaler Arbeitsmethoden sind wesentlich, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Energieeffizienz und -kosten: 
Aufgrund der hohen Energiekosten in Deutschland sind Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Nutzung regionaler und nachhaltiger Energiequellen von zentraler Bedeutung.
Förderprogramme für Innovationsprojekte: 
Flensburg könnte von gezielten Innovations- und Forschungsprojekten profitieren, die neue Technologien fördern und lokale Unternehmen wettbewerbsfähiger machen.
 
Natürlich sollten wir als Grenzstadt dies vor allem auch mit unseren dänischen Partnern gemeinsam in Angriff nehmen. Flensburg muss sich wieder viel stärker als Motor der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit gerade auch im wirtschaftlichen Bereich begreifen. Hier sieht der SSW ein großes wirtschaftliches Potential für unsere Unternehmen, das immer noch nicht gut genug genutzt wird. Das hat auch eine Studie des Kieler Institut für Wirtschaftsförderung aus dem Jahr 2022 gezeigt. Hier müssen wir als Kommunalpolitik gemeinsam mit unseren OB viel aktiver werden und zusammen mit der WIREG, der IHK auf unsere dänischen und skandinavischen Partner zugehen. Hier haben wir noch sehr viele Hausaufgaben zu machen.

Für die FSG und Fjord Paper braucht es akut vor allem eines: einen seriösen Investor - und sowohl als Kommunalpolitik und Oberbürgermeister können wir hier unterstützen: Politik durch Sichtbarmachung der Stärken und Potenziale dieser Unternehmen, wie durch die heutige Debatte und der Oberbürgermeister durch proaktives Agieren und Werben in den unternehmerischen Netzwerken.
 
Darum muss es jetzt gehen – für die Beschäftigten in diesen Unternehmen und für den Industriestandort Flensburg!
 

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