Rede · Lars Harms · 25.02.2022 Wir wollen den grenzüberschreitenden Tourismus entwickeln
„Besucht ein Gast die Flensburger Förde oder die Küste im nördlichen Nordfriesland, dann sollte es noch viel selbstverständlicher sein, dass er auch Ziele bei unseren Nachbarn in Dänemark besucht. Und auch wir profitieren von Dänemark-Urlaubern, die einen Abstecher nach Schleswig-Holstein machen.“
Lars Harms zu TOP 47 - Quo vadis Schleswig-Holstein-Tourismus? (Drs. 19/3454)
Die letzten zwei Jahre waren für den Tourismus, einen unserer bedeutendsten Wirtschaftszweige, eine harte Zeit. Nach Jahren des touristischen Aufschwungs waren die Betriebe wiederholt gezwungen, für längere Zeit zu schließen. Eine solche Herausforderung hatte der Tourismus im Land – zum Glück – bis dato nicht erlebt. Und ich hoffe inständig, dass solch harte Einschnitte für die Branche nicht noch einmal notwendig werden.
Trotz allem, so können wir dem Bericht der Landesregierung entnehmen, ist der Tourismus in Schleswig-Holstein vergleichsweise gut durch die Krise gekommen. Viele Menschen haben sich, bewusst oder durch die Umstände erzwungen, darauf besonnen, Urlaub im eigenen Land zu machen. Und dafür sind unsere Küsten prädestiniert. So zeichnet der Bericht der Landesregierung auch ein gemischtes Bild: die Küstenregionen an Nord- und Ostsee sind gut durch die Pandemie gekommen, während das Binnenland und vor allem der Städtetourismus deutlich geschwächelt haben. Hier zeigt sich, was wir schon länger wissen: es gelingt uns sehr gut, Urlaub an unseren Meeren zu vermarkten, unser schönes Binnenland aber steht dahinter deutlich zurück. Eine gezielte Strategie für das Binnenland, die die Landesregierung in 2019 vorgelegt hat, soll hier eine Entwicklung in Gang setzen. Das ist für die Betriebe im Binnenland nach den letzten zwei Jahren umso notwendiger geworden. Ich wünsche mir inständig, dass das gelingt und wir werden entsprechende Initiativen auch weiterhin wohlwollend begleiten.
Quo vadis, Tourismus in Schleswig-Holstein? Eine Antwort muss sein: Hin zu mehr Nachhaltigkeit. Insofern ist es erfreulich, dass zwar die Zahl der Gästeankünfte abgenommen hat, die Zahl der Übernachtungen aber zugenommen hat. Zeigen diese Zahlen doch, dass es einen Trend zu längeren Aufenthalten gibt. Das ist ganz in unserem Sinne! Bleiben die Gäste länger, haben die Urlaubsorte in der Summe weniger An- und Abreiseverkehre zu verzeichnen.
Gerade in der Hauptsaison, wenn die Zahl der Urlauber in vielen Orten die der Einheimischen um ein Vielfaches übersteigt, sehen wir deutlich, dass die Verkehrsinfrastruktur in den Urlaubsdestinationen gewaltig ächzt. Hier müssen Alternativen zur Nutzung des privaten PKW am Urlaubsort geschaffen werden. Das können ein kostenfreier, gut getakteter ÖPNV,
Leihfahrradstationen, oder vor allem in kleineren Orten und in der Nebensaison auch Anrufbusse sein, um nur einige Möglichkeiten aufzuzeigen.
Was mir aktuell noch größere Sorgen bereitet als ohnehin schon, sind unsere Landgasthöfe. Diese erwirtschaften mit den Weihnachtsfeiern für gewöhnlich einen beträchtlichen Teil ihres Jahresumsatzes, Einnahmen, die in diesem Winter wieder gefehlt haben. Das eingerichtete Sorgentelefon ist sicherlich ein richtiger Schritt, kann aber nur ein kleiner Teil eines notwendigen Konzepts sein, mit dem möglichst viele Landgasthöfe erhalten bleiben können. Geht der Gasthof ein, ist das leider oft auch das Ende eines lebendigen Dorfkerns. Ich erwarte daher die angekündigte und leider verzögerte Studie zu den Landgasthöfen mit Spannung. Uns muss klar sein, dass Worten dann auch Taten folgen müssen, denn mit einer Studie allein retten wir die Landgasthöfe nicht!
Corona hat vielfach wie ein Brennglas für bereits bestehende Probleme gewirkt, so auch im Bereich des Fachkräftemangels. Die massive Unsicherheit der vergangenen zwei Jahre, oft auch gepaart mit Kurzarbeit und entsprechenden Gehaltseinbußen, hat viele Mitarbeiter dazu bewogen, sich eine neue Beschäftigung außerhalb des Gastgewerbes zu suchen. Die Initiativen der Landeregierung zur Fachkräftegewinnung und Weiterbildung sind sicherlich löblich, uns muss aber auch klar sein, dass eine Branche, in der eben oft nur der spärliche Mindestlohn gezahlt wird und wo die Arbeitszeiten zudem unattraktiv sind, vielen Arbeitnehmern nicht
besonders interessant erscheint. Hier ist es auch an den Arbeitgebern, für gute Arbeitsbedingungen in ihren Betrieben zu sorgen. Nur so lassen sich Fachkräfte gewinnen und halten!
Um den Tourismus zukunftsfähig aufzustellen, müssen wir aber auch den Blick verstärkt auf ganze Urlaubsregionen haben. Gerade im Norden Schleswig-Holsteins liegt es doch auf der Hand, dass die Urlaubsregion nicht an der Grenze endet. Besucht ein Gast die Flensburger Förde oder die Küste im nördlichen Nordfriesland, dann sollte es noch viel selbstverständlicher sein, dass er auch Ziele bei unseren Nachbarn in Dänemark besucht. Und auch wir profitieren von Dänemark-Urlaubern, die einen Abstecher nach Schleswig-Holstein machen.
Hier brauchen wir gemeinsame Konzepte, um die Regionen nördlich und südlich der Grenze zu vermarkten. Immer wieder gibt es hier gute Ansätze über ambitionierte Interreg-Projekte, aber bis heute ist es nicht gelungen, solche grenzüberschreitenden Tourismuskonzepte zu verstetigen. Das müssen wir ändern!