Rede · Jette Waldinger-Thiering · 13.12.2023 Wir brauchen dauerhafte und rechtssichere Problemlösungen
„Auch ein grundsätzlicher Bürokratieabbau und die Vereinfachung von Verwaltungsverfahren sind längst überfällig, im Übrigen nicht nur im grenzüberschreitenden Kontext. Im Idealfall ist die Grenze für diejenigen, die sie überqueren, gar nicht wahrnehmbar.“
Jette Waldinger-Thiering zu TOP 13 - Grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Dänemark erleichtern (Drs. 20/1532)
Schleswig-Holstein und Dänemark grenzen nicht erst seit gestern aneinander. Und auch die institutionalisierte grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Rahmen der Region Sønderjylland-Schleswig gibt es mittlerweile seit gut 25 Jahren. Und doch gibt es noch immer viele offene Fragen und ungeklärte Probleme im grenzüberschreitenden Kontext.
Die Lösung von Problemen verlangt sowohl Fachleuten als auch Bürgerinnen und Bürgern, die in die eine oder andere Richtung zum Arbeiten über die Grenze pendeln, immer wieder eine Menge Geduld ab. Das Regionskontor der Region Sønderjylland-Schleswig hat kürzlich eine Liste mit ungelösten Grenzhindernissen erstellt. Die umfasst stolze 43 Seiten. Oder vielleicht eher beschämende 43 Seiten. Denn obwohl es mittlerweile seit Jahrzehnten immer wieder Initiativen gibt, mal aus Berlin, mal aus Kopenhagen, aus Kiel oder aus Vejle, um die Zusammenarbeit voranzubringen, ist da noch immer eine Menge Luft nach oben.
Ich will Ihnen ein Beispiel nennen: ein Deutscher pendelt aus Flensburg nach Padborg zur Arbeit. Sein Kind kann er morgens mitnehmen, das geht direkt neben der Firma in den örtlichen Kindergarten.
Wenn nun aber ein Däne aus Padborg nach Flensburg pendelt, ist das nicht so einfach. Der Anspruch auf einen Kita-Platz hängt in Deutschland am Wohnsitz, in Dänemark hingegen an der Frage, wo die Steuern entrichtet werden.
Solche praktischen Fragen sind es, die dazu führen, dass die Grenze im Leben der Menschen eben doch eine wahrnehmbare Grenze bleibt. Vieles ist in der Praxis schwierig, weil die Zuständigkeiten unterschiedliche sind.
Und da sind Experimentierklauseln nicht das, was uns voranbringt. Zumal die Gefahr besteht, dass sich Experimentierklauseln auf Landesebene im Dickicht der verschiedenen nationalstaatlichen und übergeordneten europäischen Regeln verlieren. Was wir brauchen, sind dauerhafte und rechtssichere Lösungen für bestehende Probleme.
Auch ein grundsätzlicher Bürokratieabbau und die Vereinfachung von Verwaltungsverfahren sind längst überfällig, im Übrigen nicht nur im grenzüberschreitenden Kontext. Im Idealfall ist die Grenze für diejenigen, die sie überqueren, gar nicht wahrnehmbar.
Das wünschen wir uns auch im Bereich der Gesundheitsversorgung. Wie kann es sein, dass Patienten, die in Kruså leben, nach Vejle oder Odense geschickt werden für eine Operation und nicht nach Flensburg? Da waren wir schonmal deutlich weiter in der Zusammenarbeit. Viele Jahre war es selbstverständlich, dass Krebspatienten aus Süddänemark in Flensburg behandelt wurden. Und da müssen wir auch wieder hin. In beide Richtungen.
Auch im eher strukturschwachen Raum südlich der Grenze könnten Patienten vielerorts von einer Behandlung in Dänemark profitieren, weil Wege oder auch Wartezeiten kürzer sind. Hier muss das Land wieder den Dialog mit der Region Syddanmark aufnehmen, um gute Lösungen für die Menschen in der Region zu finden.
Auch die Umsetzung des Europäischen grenzüberschreitenden Mechanismus muss endlich angegangen werden, von den darin vorgesehenen Möglichkeiten können viele grenzüberschreitende Akteure profitieren. Letzten Endes müssen wir uns alle grenzüberschreitenden Hindernisse und Probleme genau anschauen und Lösungen herbeiführen. Dafür braucht es ausreichend finanzielle Mittel und Personal. Das Land sollte daher perspektivisch seinen recht überschaubaren Beitrag von 150.000 Euro im Jahr zur Arbeit der Region Sønderjylland-Schleswig erhöhen, damit man dort ausreichend Ressourcen aufbauen kann, um die Probleme wirklich anzupacken. Es kann nicht sein, dass viele Probleme, wie etwa die Anerkennung von Berufsausbildungen, seit Jahrzehnten ungelöst sind und keiner weiß, wie es geht. Da stehen wir als Politiker in der Verantwortung. Auch im Dialog mit den entsprechenden dänischen Stellen.
Damit dieser Dialog auf allen Ebenen gelingen kann, braucht es auch Sprachkenntnisse. Nur dort, wo Menschen sich ohne Sprachbarriere begegnen können, gelingt eine gute Zusammenarbeit. Dafür müssen wir mit entsprechenden Unterrichtsangeboten in unseren Schulen den Grundstein legen. Zusammenarbeit lebt vom Arbeiten, da müssen wir endlich loslegen!