Rede · Christian Dirschauer · 11.10.2023 Wir brauchen das Rad nicht neu erfinden, aber losgehen muss es endlich

 „Wenn ich lese, dass die GMSH über 900 Gebäude im Bestand aufgeführt hat, die über geeignete Dachflächen verfügen, davon aber nur auf 43 Gebäuden eine Solaranlage installiert ist, dann nimmt das Land an dieser Stelle nicht die öffentliche Vorbildfunktion ein, die wir uns wünschen würden.“

Christian Dirschauer zu TOP 9A - Photovoltaikoffensive auf den Dächern der Landesgebäude (Drs. 20/1377)

Im September-Plenum war eine gemeinsame Beratung der Themen Fahrzeugflotte und Photovoltaik vorgesehen. Dafür hatte ich mir einen schönen thematischen Übergang zurechtgelegt. Nun brauche ich den nicht, weil wir die Themen in diesem Plenum doch wieder einzeln beraten. Und trotzdem bleibt mein vorab formulierter Gedanke richtig und darum lasse ich Sie da doch dran teilhaben: 
In der besten aller Welten wäre es doch so: wir schaffen emissionsfreie Fahrzeuge an (in 2022 waren das immerhin knapp 41 Prozent aller neu beschafften Fahrzeuge) und bauen zeitgleich konsequent Photovoltaikanlagen auf die Dächer aller Liegenschaften, auf denen das technisch möglich ist und auch keine anderen Belange, wie etwa der Denkmalschutz, dagegensprechen. Mit dem so gewonnenen Strom betanken wir dann unsere eigenen Fahrzeuge. Auf diese Weise entlasten wir das Netz und der Strom ist sogar kostenfrei. 
Auch mir ist klar, dass das nicht immer geht, im Dunkeln oder im Januar bei Schietwetter ist so ein Speicher auch mal leer, aber im Ansatz wäre das durchaus denkbar. Damit daraus was wird, müssen wir aber in viel höherem Tempo vorankommen mit dem Ausbau der Photovoltaik auf den Dächern und wo möglich auch an den Fassaden der Landesliegenschaften. 
Denn viele landeseigene Gebäude haben nicht nur große Dachflächen, sondern auch große Fassaden, von denen sicherlich auch einige nach Süden ausgerichtet sind. Auch diese Möglichkeit zur Energieerzeugung sollten wir nicht ungenutzt lassen, zumal es da schon viele hervorragende Praxisbeispiele gibt. Schauen Sie sich beispielhaft etwa den Rhein-Kai-Speicher in Mannheim an, der mit einer großen, architektonisch ansprechenden Solarfassade schon vor 10 Jahren zum Plusenergie-Gebäude umgestaltet wurde. 
Mit der Förderung privater Balkonanlagen allein schaffen wir die Energiewende nicht. Insofern brauchen wir tatsächlich dringend eine PV-Strategie, um den Zubau an Solaranlagen gezielt planen zu können. Was wir aber noch viel dringender benötigen als nur eine Strategie, sind die Solarmodule auf den Dächern. 
Denn wenn ich lese, dass die GMSH über 900 Gebäude im Bestand aufgeführt hat, die über geeignete Dachflächen verfügen, davon aber nur auf 43 Gebäuden eine Solaranlage installiert ist, dann nimmt das Land an dieser Stelle nicht die öffentliche Vorbildfunktion ein, die wir uns wünschen würden. In meiner Heimatstadt Flensburg sind ca. 50 Gebäude im Besitz des Landes, insgesamt sind dort bislang sechs PV-Anlagen auf Dächern installiert. So sieht ein konsequenter PV-Zubau in meinen Augen nicht aus. 

Es wurde in den letzten Monaten viel über Freiflächen-PV gesprochen. Klar kann man auf diese Weise große Leistungen in kurzer Zeit errichten. Aber wir wissen auch um die Flächenkonkurrenz und die Wirkung, die diese Anlagen im Landschaftsbild haben. 
Wir müssen daher noch viel stärker als bisher auf PV-Anlagen im ohnehin schon versiegelten Bereich fokussieren. Also Dachflächen, Fassaden oder Parkplätze. Und da muss das Land entschieden vorangehen und nicht den privaten Investoren hinterherlaufen. 
Es ist löblich, dass PV-Anlagen bei Neubauten und Sanierungen immer mitgedacht werden. Aber um hier wirklich voranzukommen, genügt dieses Ausbautempo nicht. Denn wie die FDP zu Recht bemerkt, würden wir ja gern in weniger als 300 Jahren überall dort, wo es möglich ist, Solarmodule auf Dächern und eben auch gern an Fassaden installiert haben. Wir erwarten, dass das Thema Vermietung der Dachflächen an Private auch ein Teil der vorzulegenden PV-Strategie wird. 
Und vielleicht kann die Landesregierung ja auch mal mit den Niedersachsen ins Gespräch kommen, um zu hören, ob deren Konzept zur Nachahmung empfohlen werden kann. Wir brauchen das Rad nicht neu erfinden, abgucken ist erlaubt. Nur losgehen muss es endlich, darin stimmen wir ganz mit der FDP überein! 

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