Rede · Lars Harms · 02.09.2022 Weniger Schulden sind eine gute Nachricht!
„Es ist sinnvoll, Kredite, die man nicht unbedingt benötigt, eben auch nicht aufzunehmen, sodass man diese dann später auch nicht mit womöglich deutlich gestiegenen Zinsen zurückzahlen muss.“
Lars Harms zu TOP 46 - Corona-Notkredit an die Steuerentwicklung anpassen (Drs. 20/162)
„Unverhofft kommt oft“, mag sich manch einer bei diesem Tagesordnungspunkt denken. Denn: Der Corona-Notkreditrahmen wird nicht in voller Höhe von 5,5 Milliarden Euro gebraucht. Rund 2 Milliarden Euro sollen laut Planungen nicht ausgeschöpft werden müssen. Das ist ja erst einmal eine positive Nachricht. Tatsächlich sind die Steuereinnahmen des Landes deutlich besser, als noch vor einem halben Jahr prognostiziert – die Realentwicklung wie auch die Prognose übertreffen sogar die Erwartungen der Vor-Corona-Steuerschätzungen. Das ist angesichts der Gesamtlage wirklich erstaunlich und erfreulich und zeigt, dass wir uns insgesamt und alle gemeinsam einigermaßen gut durch die vergangenen Pandemie-Jahre gekämpft haben. Die Notlagenbegründung fällt folgerichtig weg.
Daher haben wir vom SSW den vorliegenden Antrag grundsätzlich erst einmal positiv zur Kenntnis genommen. Denn es ist ja eine positive Nachricht, wenn das Land weniger Schulden aufnehmen muss als gedacht, weil die Steuereinnahmen besser sind als befürchtet. So viel zur Theorie. Dennoch erhitzen sich an dieser Planung und an den Corona-Notkrediten selbst ja zurzeit die Gemüter im Lande. Den einen gehen diese Kreditabsenkungspläne nicht weit genug, die anderen würden die vorgemerkten Kredite – oder zumindest Teilsummen davon – dennoch gern aufnehmen und in bestimmte Projekte investieren.
Die grundsätzliche Problemüberlegung ist ja längerfristiger: Ab 2024 werden wir mit der Rückzahlung des Notkredites beginnen. Nach derzeitiger Planung soll er dann 2052 abbezahlt sein.
Schauen wir uns die aktuelle Lage sowie die Entwicklungsprognose an, so befinden wir uns an einem Punkt, an dem uns einige sehr große Herausforderungen bekanntermaßen erst noch bevorstehen. Wir erleben weiterhin die Nachwehen der Corona-Pandemie. Darüber hinaus haben wir den demographischen Wandel als Generationenaufgabe vor Augen, das Zinsniveau wird auf absehbare Zeit wieder ansteigen und Schulden verteuern, die Inflationsrate ist so hoch wie lange nicht mehr, ab 2026 kommt der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung, den Kita-Besuch wollen wir auf Sicht kostenlos ermöglichen, die Energiekrise hat gerade erst begonnen und nicht zuletzt wird uns ja auch das Thema Ukraine sowie die Integration der zu uns geflüchteten Menschen noch lange beschäftigen. Für all diese noch auf uns zukommenden Aufgaben müssen wir Gelder vormerken. Es ist also unabdingbar, dass unsere künftigen Haushalte handlungsfähig sind. Das betonen wir ja auch in jeder der alljährlichen Haushaltsdebatten – Stichwort Generationengerechtigkeit. Von daher ist es sinnvoll, Kredite, die man nicht unbedingt benötigt, eben auch nicht aufzunehmen, sodass man diese dann später auch nicht mit womöglich deutlich gestiegenen Zinsen zurückzahlen muss.
Was uns auch noch einmal ganz wichtig ist zu betonen: All die politischen Zusagen, die im Zuge der Formulierung des Notkreditrahmens damals von uns allen gemeinsam gemacht worden waren, bleiben bestehen, sprich: u.a. die Krankenhausfinanzierung, die soziale Wohnraumförderung, weitere Digitalisierungsmaßnahmen und vor allem auch die finanziellen Zusagen an die Kommunen sind abgesichert. Und das ist richtig so. Denn als wir damals fraktionsübergreifend den Notkreditrahmen beschlossen haben, geschah dies ja unter der Maxime, dass wir schnell und umfassend auf die akute Krise reagieren und gleichzeitig dringend notwendige Investitions- und Modernisierungsvorhaben finanziell absichern mussten. Ein Blankocheck war der Notkreditrahmen jedoch nie – alle Maßnahmen wurden und werden im Finanzausschuss diskutiert und freigegeben. Sollte sich die allgemeine Lage erneut verschlechtern, so müsste gegebenenfalls über einen neuen Notkredit diskutiert werden. Auch die im Antrag als „noch nicht verplant“ erwähnten Nothilfemittel sind ja vorerst nur vorgemerkt, aber weder beschlossen noch ausgegeben. Darüber wird dann zu einem späteren Zeitpunkt auch noch einmal im Finanzausschuss zu sprechen sein. Der SSW kann dem vorliegenden Antrag daher zustimmen.