Rede · Lars Harms · 11.12.2024 Transparenz sollte eine Selbstverständlichkeit sein
„Es hat hier Versäumnisse gegeben und wir erwarten, dass solche Versäumnisse nicht wieder vorkommen!“
Lars Harms zu TOP 19 - Missbilligungsantrag zum Umgang der Sozialministerin mit der Aktenordnung (Drs. 20/ 2719)
Lassen Sie mich vorab noch einmal auf den Auslöser für die gesamte fast schon krisenhafte Situation rund um die Entlassung der Staatssekretärin Samadzade eingehen. Dass eine Staatssekretärin politische Haltungen öffentlich äußert, ist total o.k. Es dürfen sogar abweichende Haltungen von der Regierungsmeinung sein. Wir alle wissen, wie man solche abweichenden Meinungen formuliert. Was nicht geht ist, dass man politische Meinungen, die als antisemitisch gedeutet werden können, äußert und dass man dem Staat unterstellt, dass er in irgendeiner Weise gruppenfeindlich agiert. Genau das ist durch den Post von Frau Hasters, den Frau Samadzade geteilt hat, geschehen. Israelisches Handeln aufgrund des Terrorangriffs der Hamas wurde mit dem Terror der Hamas verglichen und Deutschland wurde antimuslimischer und antipalästinensischer Rassismus vorgeworfen. Hier gilt es dann auch für eine Landesregierung zu handeln. Und die dadurch vorgezogene Entlassung der Staatssekretärin ist aus unserer Sicht folgerichtig. Frau Touré hat hier die richtige Entscheidung getroffen.
Was der ursprüngliche Grund für die Entlassung war, lässt sich nicht zweifelsfrei feststellen, da es zur Entlassung kaum schriftliche Unterlagen gibt. So wurden Handychats der Ministerin mithilfe einer Automatikfunktion auf dem Handy gelöscht, ohne sie ganz oder teilweise zu den Akten zu nehmen. Erst nach langen Befragungen im Ausschuss und nach Vorlage der Handychats durch die ehemalige Staatssekretärin konnte der Landtag versuchen, sich ein Bild über die Hintergründe der Entlassung der Staatssekretärin machen. So etwas müsste eigentlich nach Aktenlage ohne weitere intensive Befragungen und Recherche möglich sein. Dass das nicht der Fall war, ist zu missbilligen.
Ja, es ist richtig, dass eine Staatssekretärin auch ohne offizielle Begründung entlassen werden kann. Aber der Landtag hat die Aufgabe, die Landesregierung in ihrem Handeln zu kontrollieren. Da geht es dann auch um die Frage, wie Positionen besetzt werden und ob auch sozusagen handverlesene Personen, wie eine Staatssekretärin, in ihren Rechten verletzt werden oder, ob eine Ministerin auch aus anderen Gründen gehalten war, jemanden zu entlassen oder anderweitig zu sanktionieren. Und dazu wiederum bedarf es auch einer Aktenlage. Und die hat eben nicht vorgelegen.
Etwas besser sah die Aktenlage in Bezug auf eine Stellenbesetzung für eine Stabsstelle aus. Das Besetzungsverfahren war von Anfang an irgendwie in der Schieflage. Am Ende mussten wir feststellen, dass ein Bewerber, der in einem persönlichen Verhältnis zur Staatssekretärin stand, im Vorwege einen Gesprächstermin mit der Ministerin bekam und die anderen Bewerber nicht. Das Ganze sah schon sehr danach aus, dass die Entscheidung im Vorwege getroffen war und dass das offizielle Bewerbungsverfahren eher nur noch nachgeschoben wurde. Auch hier gilt wieder, dass die Ministerin für eine Stabsstelle auch Mitarbeiter ohne offizielles Verfahren bestimmen kann. Dann allerdings muss man damit rechnen, dass Medien oder Opposition möglicherweise nachfragen. Wenn man dann aber lieber ein offizielles Bewerbungsverfahren durchführt, dann müssen auch alle Bewerberinnen und Bewerber die gleichen Chancen haben und natürlich auch alle ein Vorabgespräch mit der Ministerin, wie der erste Bewerber, zugestanden bekommen. Am Ende kann man sagen, dass es richtig war, dieses verkorkste Bewerbungsverfahren vollständig zu stoppen.
Was man abschließend feststellen kann ist, dass es – freundlich formuliert – nicht klug war, dass das Besetzungsverfahren und auch das Entlassungsverfahren der Staatssekretärin offensichtlich ohne die enge Begleitung von im Personalwesen sachkundigen Personen erfolgt ist. In Zukunft sollten diese fachlichen Ressourcen im Ministerium doch besser genutzt werden. Und auch automatische Löschfunktionen auf Handys sollte man lieber nicht nutzen, sondern zumindest die Teile der Kommunikation, die aktenrelevant sein könnten, auch entsprechend zur Akte nehmen. Es hat hier Versäumnisse gegeben und wir erwarten, dass solche Versäumnisse nicht wieder vorkommen!