Rede · Lars Harms · 09.12.2020 Transparenz bildet Vertrauen zu unserer Polizei
„Und auch, wenn es von einigen als ungerecht empfunden wird, es ist eben von besonderer Wichtigkeit, zu zeigen, dass unsere Polizei transparent, integer und empathisch arbeitet.“
Lars Harms zu TOP 32 - Polizei gegen Rassismus und Rechtextremismus stärken (Drs. 19/2630)
Die Debatten der letzten Monate über verschiedene Möglichkeiten für Polizeistudien haben meiner Meinung nach offenbart, wie zwiegespalten wir gesellschaftlich in zweierlei Sachen sind: In unserem Verhältnis zur Polizei und im Umgang mit Rassismus.
Mein Eindruck war oft, dass die individuellen Beiträge zur Polizei vom „entweder oder“ geprägt waren. Entweder bedingungslose Treue oder systematische Ablehnung. Entweder der Polizei das Vertrauen entziehen oder Polizei als Institution nicht kritisieren dürfen.
Gleichzeitig eine irgendwie im leeren Raum wabernde Debatte, weil belastbare Zahlen fehlen.
Da hat es nicht geholfen, wie lange sich der Bundes-Innenminister dem Vorschlag gegenüber gesperrt hat, die Frage nach strukturellem Rassismus in der Polizei untersuchen zu lassen.
Mir fehlte manchmal der Prozess, einen Schritt zurückzutreten und noch einmal ganz genau darauf zu blicken, wie es bei uns in Schleswig-Holstein tatsächlich ist.
Die Landespolizei ist, das ist uns allen etwas schmerzlich bewusst, auch in den letzten Jahren nicht frei von Schlagzeilen gewesen. Die Vorfälle in Eutin 2016 und jüngst veröffentlichte Chats eines hohen Polizeigewerkschafters haben viel Aufmerksamkeit erfahren. Das lässt sich nicht ignorieren, denn auch Einzelfälle können das Bild einer Institution prägen. Daher geht es uns als SSW nicht um einen Generalvorwurf gegenüber der Polizei, davon bin ich sehr weit weg. Aber es geht um Aufklärung, auch im Eigeninteresse der Polizei.
Gibt es in irgendeiner Art Anhaltspunkte für menschenverachtende Haltungen in der Polizei? Gibt es das Dulden rassistischen Verhaltens? Oder gibt es strukturelles Wegsehen bei extremistischen Äußerungen?
Bisher kann man glücklicherweise feststellen, dass es in Schleswig-Holstein dafür keine Anhaltspunkte gibt. Die antragsstellenden Fraktionen halten es selbst fest, der Lagebericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu Rechtsextremismus in Sicherheitsbehörden lässt für Schleswig-Holstein kein strukturelles Problem vermuten. Und auch unsere Polizeibeauftragte bestätigt das in ihrem Tätigkeitsbericht.
Aber ein tatsächliches Bild der Lage haben wir damit ja nicht bekommen. Wir wissen nichts über Dunkelziffern und wir arbeiten immer wieder mit einzelnen Erzählungen statt mit einem wissenschaftlichen Überblick. Für so etwas braucht es eben Studien.
Wie vielschichtig das Forschungsfeld Polizei bereits jetzt ist, habe ich durch meine Kleine Anfrage im November erfahren. Da gab es 24 interdisziplinäre Forschungsfragen seit 2019 zu Themen wie Diversity in der Polizeiausbildung, Krisenkommunikation oder auch Vorurteilsstrukturen, für die unsere Landespolizei Daten bereitgestellt, Informationen vermittelt oder beraten hat. Nach Forschungsmüdigkeit sah mir das nicht aus.
Wichtig ist für mich vor allem, dass wir weiter offen über solche Fragen diskutieren können. Gerade auch in Institutionen, deren Mitglieder darauf angewiesen sind, einander vertrauen zu können. Unsere Polizistinnen und Polizisten kommen in ihrer beruflichen Laufbahn, in Situationen, in denen ihre körperliche Unversehrtheit vom Vertrauen in ihre Kollegen abhängt. Aber Wegsehen und Schweigen oder gar das Deckeln von Verhaltensweisen aus falsch verstandener Solidarität bringt uns gesellschaftlich nicht weiter. Korpsgeist kann Vertrauen auch verspielen.
Ich finde in Schleswig-Holstein hat sich in den letzten Jahren viel getan, hier ist ein Prozess in Gang gekommen, auf den ich politisch stolz bin. Wir haben als Küstenkoalition das Amt der Polizeibeauftragten eingerichtet und die Führung der Polizeischule in Eutin wurde gewechselt und Lehrpläne überarbeitet. Zuletzt hat sich die Schule dem Programm „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“ angeschlossen. Und das ist genau der richtige Weg.
Unsere Bürgerinnen und Bürger, so ist jedenfalls mein Eindruck, vertrauen unserer Polizei. Aber eines ist eben auch klar, Vertrauen muss man sich erarbeiten. Unsere Polizei tut das jeden Tag. Aber die große mediale und gesellschaftliche Debatte des letzten Jahres, die, man könnte schon fast sagen, weltweit geführt worden ist, macht nicht an den Grenzen Schleswig-Holsteins halt.
Und auch, wenn es von einigen als ungerecht empfunden wird, es ist eben von besonderer Wichtigkeit, zu zeigen, dass unsere Polizei transparent, integer und empathisch arbeitet.
Das staatliche Gewaltmonopol der Polizei benötigt gewissermaßen auch einen Vertrauensvorschuss der Bürgerinnen und Bürger. Damit das so bleibt, werden wir dem Antrag zustimmen.