Rede · 29.09.2005 Tätigkeitsbericht der Bürgerbeauftragten für 2004

Die Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten und ihr Team haben im letzten Jahr wieder ein beeindruckendes Arbeitspensum bewältigt. Fast 3.000 Neueingaben aus vielen Bereichen haben sie erreicht. Sie wurden gesichtet, bearbeitet und viele konnten einer Lösung zugeführt werden. Genau gesagt 94% der zulässigen Eingaben wurden positiv abgeschlossen.

Nur wenige konnten nicht abgeschlossen werden. Teilweise, weil der kleine Dienstweg zum Beispiel bei den Arbeitsagenturen offensichtlich außer Kraft gesetzt wurde oder weil die gesetzlichen Regelungen den Interessen der Petenten zuwider laufen. In diesen Fällen weist der Bericht auf Handlungsbedarf hin. Der SSW versteht die Empfehlungen der Bürgerbeauftragten als eine Agenda an Landtag und Landesregierung, die es abzuarbeiten gilt. Der SSW hat die Institution Bürgerbeauftragte als Frühwarnsystem verstanden; dann sollten wir ihre Signale auch ernst nehmen.

Anders als beispielsweise beim Petitionsausschuss, dessen Arbeit streng auf die Schriftlichkeit ausgerichtet ist, erreichen die Bürgerbeauftragte viele direkte Anfragen in den Sprechstunden und darüber hinaus telefonische Anfragen. Letztere machen mit 79% den Löwenanteil aus. Die Zeit zwischen Problem und dem Gespräch mit der Bürgerbeauftragten ist also sehr kurz. Ich begrüße es ausdrücklich, dass die Bürgerbeauftragte regelmäßige Sprechstunden auch im ländlichen Raum durchgeführt und weiter plant. Ich denke, dass auf diesem Weg gerade Personen eine Ansprechpartnerin finden, die nie auf die Idee kommen würden, einen Beschwerdebrief zu schreiben.

Für uns, die wir täglich mit Geschriebenem, Berichten, Anträgen oder Briefen zu tun haben, ist es kaum vorstellbar, dass es Menschen gibt, die seit ihrer Schulzeit nichts längeres geschrieben haben als eine Postkarte oder eine SMS. Sie sind einfach ungeübt und deshalb unsicher in dieser Form der Kommunikation. Gerade diese Menschen aber brauchen am dringendsten die Unterstützung. Jemand, der wortgewandt und stilsicher Beschwerde führen kann, hat in der Regel kaum Probleme, sein Anliegen selber zu regeln. Wie sieht es aber mit allen anderen aus? Diese wenden sich an die Bürgerbeauftragte. Das ist in den letzten eineinhalb Jahrzehnten eine gute Praxis in unserem Land geworden.

Der Anteil der schriftlichen Anfragen an die Bürgerbeauftragte ist im Berichtsjahr leicht gesunken und wird voraussichtlich noch weiter sinken. Damit entwickeln sich die Außensprechtage zu einem wichtigen Scharnier zwischen Bürger und Landespolitik. Darum ist es besonders wichtig, dass diese Sprechtage publik gemacht werden. Mich hat gewundert, dass fast jeder vierte Petent durch andere Verwaltungen auf die Sprechtage aufmerksam gemacht wurde. Kann das ein Hinweis auf ein wachsendes Unwohlsein in den Verwaltungen sein? Möchten die Verwaltungsmitarbeiter gerne helfen, können es aber nicht und hoffen sich von außen eine Hilfestellung? Wenn das so sein sollte, ist das ein Alarmzeichen in Bezug auf die innere Verfassung von Behörden und Verwaltungen. Der Bericht hat exemplarisch anhand der Arbeitsagenturen beschrieben, welche Folgen Umstrukturierungen haben können: erfahrene Mitarbeiter werden umgesetzt und die neuen scheuen sich, Entscheidungen zu treffen. Hier könnte der Grund für die Verweisung auf die Bürgerbeauftragte liegen: die Mitarbeiter können sich sicher sein, dass das Problem wahrscheinlich gelöst wird.

Insgesamt möchten auch wir der Bürgerbeauftragten und ihrem Team danken und sehen den Bericht als Anregung auch als Landtag tätig zu werden, wo wir es im Sinne der Menschen können.

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