Rede · Lars Harms · 25.09.2024 Starke Schultern können und sollen mehr tragen

„Für den SSW kann ich sagen, dass wir eine Vermögenssteuer wollen. Wir würden diesbezüglich eher nicht an die einfache „Wiederbelebung“ der ehemaligen Vermögenssteuer denken, sondern eher nur die wirklich „Superreichen“ betroffen sehen, sprich Multimillionäre und Milliardäre.“

Lars Harms zu TOP 33 - Gerechte Vermögensbesteuerung in Deutschland wieder einführen (Drs. 20/2490)

Sie ist ein regelmäßig wiederkehrender Dauerbrenner in der politischen Debatte in Deutschland: Die Vermögenssteuer. Obwohl sie seit knapp 30 Jahren nicht mehr erhoben wird, taucht sie als Schlagwort inklusive verschiedener Ansätze regelmäßig in Parteiprogrammen und Politikerreden auf. Die einen fordern sie, die anderen lehnen sie strikt ab, die juristischen, volkswirtschaftlichen und sozialpolitischen Pro- und Contra-Argumente scheinen jeweils vollumfänglich ausgetauscht. Und nun – angesichts klammer öffentlicher Haushaltskassen – möchte die SPD die Debatte neu entfachen.

Das Thema selbst ist ja aber nicht neu. Sehr hohe finanzielle und soziale Ungleichheit gefährdet den sozialen Zusammenhalt. Schon seit jeher läuft daher die Debatte darüber, wie ein wirklich gerechtes Gesamt-Steuersystem aussehen müsste. Als allgemeiner Konsens gilt, dass starke Schultern mehr tragen können und sollten als schwache und dass sehr Vermögende ihren „gerechten“ Beitrag leisten sollten – insbesondere dann, wenn Vermögen nicht erarbeitet wurde, sondern sich Geld einfach nur zu Geld gesellt. „Gerecht“ ist dabei nicht abschließend definiert – entsprechend viele Ansätze gibt es. Und regelmäßig wird dann auch über ein Comeback der Vermögenssteuer gestritten. Befürworter versprechen sich mit ihr mehr Steuer- und Verteilungsgerechtigkeit, Gegner warnen vor Kapitalflucht und Folgen für Unternehmen. 
Für den SSW kann ich sagen, dass wir eine Vermögenssteuer wollen. Welche konkreten Vermögen herangezogen würden und wo eine Freigrenze gezogen werden muss, das könnte gern noch einmal diskutiert werden. Die SPD vermeidet in ihrem Antrag ja geschickt die Nennung jeglicher Zahlen und Summen. Wir würden diesbezüglich eher nicht an die einfache „Wiederbelebung“ der ehemaligen Vermögenssteuer denken, sondern eher nur die wirklich „Superreichen“ betroffen sehen, sprich Multimillionäre und Milliardäre. Die Vermögenssteuer käme als Ländersteuer immerhin den Landeshaushalten zu Gute.

Eine Vermögenssteuer wurde in Deutschland zuletzt bis zum Jahr 1996 erhoben, bevor das Bundesverfassungsgericht die damalige Ausgestaltung für verfassungswidrig erklärte. Die damaligen Kennzahlen: Vermögenssteuer von zuletzt einem Prozent bei einem Freibetrag von 120.000 DM pro Person; umgerechnet also rund 61.000 Euro. Diese Freigrenze ist für heutige Verhältnisse natürlich nicht mehr angemessen. 
Denn wichtig wäre bei einer solchen Steuer ja, dass keine „Substanz“, also beispielsweise ein Mittelstandsunternehmen, in dem „Vermögen“ investiert ist und an dem dann natürlich auch Arbeitsplätze, Zuliefererunternehmen, et cetera hängen, kaputt ginge. Und auch eine Privatperson, die Kapital angespart und in mehrere Mieteinheiten investiert hat, um daraus nun Einkünfte zu erzielen, sollte nicht notwendigerweise direkt unter eine Neuregelung der Vermögenssteuer fallen.

Wir fänden eine Vermögenssteuer für „unzweifelhaft“ riesige Vermögen angebracht. Wenn also beispielsweise eine Einzelperson mehr als eine halbe Milliarde Euro zur Verfügung hat – wo und wie auch immer das Geld womöglich in Unternehmenssubstanz investiert ist oder zu einem Anteil auch auf einem Sparkonto liegt – dann wäre es dieser Person durchaus zuzumuten, einen gewissen Prozentsatz des Vermögens als Vermögenssteuer abzugeben, ohne dass ein Unternehmen in die Insolvenz gehen oder der besagte Superreiche am Hungertuch nagen müsste.

Es liegt jedenfalls eine Vielzahl an Konzepten für eine neue Vermögenssteuer auf dem Tisch. Denn was wir nicht ignorieren können: Die Haushaltslage ist angespannt und steht vor enormen Herausforderungen. Investitionsstau, Transformationsnotwendigkeit, Generationengerechtigkeit, soziale Gerechtigkeit, Stabilisierung der demokratischen Grundordnung – alles Schlagworte, für die wir tragfähige Lösungen finden müssen, auch in finanzieller Hinsicht. 
Währenddessen öffnet sich die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter, auch verstärkt durch die weltweiten Krisen und gerade auch innerhalb Deutschlands. Vermögenstechnisch sind die Reichen die „Gewinner“ der vergangenen Krisenjahre. So berichtete beispielsweise die Entwicklungsorganisation Oxfam im Januar dieses Jahres, dass die fünf reichsten Männer der Welt ihr Vermögen seit 2020 mehr als verdoppelt hätten, während fast fünf Milliarden Menschen ärmer geworden seien. Und das ist einfach absurd. 
Eine Vermögenssteuer würde hier in Deutschland einen entsprechenden Ausgleich schaffen und deshalb muss sie auch eingeführt werden. Das liegt auch und gerade im Interesse unseres Bundeslandes. Deshalb unterstützen wir den Antrag.

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