Rede · Christian Dirschauer · 19.05.2021 Satellitengestütztes Navigationssystem für Luftrettung auf Inseln einführen
„Technisch machbar und erprobt ist das System bereits bei den Kollegen in Dänemark. Dort wird das Verfahren bereits seit 2015 angewandt. Norwegen oder Schweiz nutzen PinS bereits seit 2006 beziehungsweise seit 2011.“
Christian Dirschauer zu TOP 14 - Luftrettung auf Inseln und Halligen innovativ weiterentwickeln (Drs. 19/2783(neu))
Die schnelle Erreichbarkeit und Erstversorgung sind das A und O bei jeder Notfallversorgung. Das gilt insbesondere, wenn die Retter vor Ort feststellen, dass die erste Versorgung am Unfallort nicht ausreicht oder der Patient akut gefährdet ist. Kritisch wird es insbesondere dann, wenn ein Krankentransport in eine Klinik über Land oder übers Wasser nicht machbar sind. In dem Fall tritt die Luftrettung ein. Generell möchte ich sagen, dass die Luftrettung – egal wer sie macht – wichtig ist, für jeden schnellen Transport ins Krankenhaus und es ist gut, dass wir entsprechende Stationen im Land verteilt haben.
Das gilt natürlich auch für die Erreichbarkeit der Insel und Halligen. Dort ist die Notfallversorgung mit Abtransport in eine Klinik eine Herausforderung. Die Versorgungsmöglichkeiten auf den Inseln und Halligen sind eingeschränkt. Daher spielt die Luftrettung dort eine maßgebliche Rolle. Ich habe mir die Station in Niebüll angesehen und mit Erstrettern und Piloten gesprochen. Und ich muss sagen, was dort geleistet wird, was technisch machbar ist und welche medizinischen Möglichkeiten sie für die Erstrettung haben, hat mich beeindruckt.
Aber auch mit einem modernen Helikopter stößt der Pilot an seine Grenzen, wenn schlechtes Wetter oder eingeschränkte Sicht einen Flug nicht ermöglichen.
Die DRF Luftrettung hatte in Schleswig-Holstein, nach eigenen Angaben, im Zeitraum 2016 bis 2020 insgesamt 12.876 geflogene Einsätze. Im gleichen Zeitraum wurden 3.807 Einsätze zu den Inseln und Halligen geflogen. Das ist rund ein Drittel der geflogenen Einsätze der DRF Luftrettung in Schleswig-Holstein. Abgesagte Einsätze, also nicht geflogene Einsätze zu den Halligen und Inseln aufgrund widriger Wetterbedingungen waren 333. Landesweit entspricht das das knapp 79% aller abgesagten Einsätze.
Das macht deutlich, dass die Luftrettung bei den Inseln und Halligen noch mehr vom Wetter abhängig ist als auf dem Festland.
Was kann also getan werden, um die Luftrettung für die Inseln und Halligen zu verbessern. Sprich, sie Wetter unabhängiger zu machen. Das Wetter können wir nicht verändern, das ist klar. Also welche technischen Möglichkeiten können eingesetzt werden, um schlechter Sicht ein Schnippchen zu schlagen. Hier kommt Point in Space, kurz PinS, ins Spiel. Ein unterstützendes System, um Anflugverfahren auch bei schlechter Sicht zu ermöglichen. Es handelt sich dabei um ein satellitengestütztes Navigationssystem, dass den Hubschrauber per Instrumentenflug zu festgelegten Punkten im Raum leitet. Das schafft die Möglichkeit eines hindernisfreien Fluges, trotz schlechter Sicht. Allein Start und Landung sind weiterhin im Sichtflug notwendig.
Technisch machbar und erprobt ist das System bereits bei den Kollegen in Dänemark. Dort wird das Verfahren bereits seit 2015 angewandt. Norwegen oder Schweiz nutzen PinS bereits seit 2006 beziehungsweise seit 2011. Es hat sich damit durchaus bewährt.
Die Helikopter der DRF Luftrettung sind soweit technisch auch in der Lage mit PinS zu navigieren. Es fehlt nur noch der letzte Kick, der politische Wille, das System auch bei uns einzusetzen.
Die DRF Luftrettung hat zusammen mit dem ADAC bereits vor Jahren versucht die Luftrettung der Inseln und Halligen mit PinS als innovative Maßnahme mittels eines Pilotprojektes zu etablieren. Leider erfolglos. Darum begrüßen wir als SSW den vorliegenden Antrag von Jamaika, ein Umsetzungskonzept für PinS zu erstellen. Auch einer Berichterstattung im Sozialausschuss über rechtliche, technische und bauliche Voraussetzungen sowie deren Kosten, stimmen wir zu. Das Sozialministerium, als Träger der Luftrettung, befindet sich ja bereits im engen Austausch mit dem zuständigen Bundesverkehrsministerium – so war es zumindest der Presse zu entnehmen. Das deute ich dann auch so, dass die geforderten Daten und Fakten größtenteils vorliegen. Kurzum, der Ausschuss könnte hoffentlich zügig informiert werden.
Gleichwohl sehen wir den Antrag als politisches Navigationssystem und ersten Schritt hin zur Etablierung von PinS. Es muss unser Ziel und Anspruch sein, die Luftrettung weiter zu verbessern. Die Inselärzte, die Notfallsanitäter, die Notärzte und nicht zuletzt die Piloten warten drauf, dass PinS zum Einsatz kommt.