Rede · 18.11.2011 „Personenbeförderungsgesetz nachhaltig gestalten“ und Bericht „Barrierefreiheit im Nah- und Fernverkehr“

Wir haben eben schon viel über Barrierefreiheit gehört und ich glaube, alle haben sich dieses Ziel auf die politische Agenda gesetzt. Nun gilt es aber auch, dieses Ziel nicht nur anzusprechen, sondern konkret weiter zu verfolgen. Bislang scheitert die Barrierefreiheit oft an der mangelnden gesetzlichen Grundlage. Genau das wollen wir ändern. Derzeit befindet sich auf Bundesebene das Personenbeförderungsgesetz in der Beratung und genau hier wollen wir ansetzen und das Ziel der Barrierefreiheit mit in das Gesetz aufnehmen.

Im Rahmen der Beratungen zum Gesetz im Bundesrat spielte unter anderem auch die Verbindlichkeit des Nahverkehrsplans eine Rolle. Handelt es sich also bei den Zielvorstellungen und Lösungsschritten, die im Nahverkehrsplan beschrieben sind, nur um unverbindliche Vorschläge oder sollen diese wesentlich verbindlicher werden. Unser landesweiter Nahverkehrsplan ist derzeit in Vorbereitung und es wird angestrebt, diesen bis Ende 2012 zu beschließen. Er wird dann von 2013 bis 2017 gelten. Es ist von immenser Bedeutung, ob dieser Plan, wie bisher, eher eine Selbstbindung des Landes mit empfehlenden Charakter für andere ist, oder ob der Plan in Zukunft verbindlicher für alle ist.

Würde der landesweite Nahverkehrsplan zumindest in seiner Zielsetzung verbindlichen Charakter haben, würde dies bedeuten, dass niemand, der am ÖPNV beteiligt ist, an diesen politischen Zielsetzungen vorbei gehen könnte. Würde man Umwelt- und Sozialstandards im Plan festlegen, wären diese nicht nur Nice-to-have, sondern verpflichtend. Deshalb ist es dringend notwendig, durch ein neues nachhaltiges Personenbeförderungsgesetz, diese Chance zu eröffnen. Bisher greift der Regierungsentwurf dieses leider nicht auf. Vielmehr bleiben die Regelungen nahezu unverändert, obwohl die Verbände in der Anhörung zum Gesetz deutlich gemacht haben, dass sie diesem Ansinnen positiv gegenüber stehen. Ein Alternativ-Gesetzentwurf der SPD- und Grün-geführten Bundesländer enthält im Übrigen genau diese Änderungswünsche zum Nahverkehrsplan.

Ähnlich verhält es sich mit der Vorgehensweise bei Direktvergaben von Beförderungsleistungen, die im Gesetz geregelt sind. Überschreitet man einen bestimmten Auftragswert, so ist es sicherlich weiter sinnvoll, Beförderungsleistungen auszuschreiben. Bei geringerem Leistungsumfang kann aber durchaus eine Direktvergabe sinnvoll sein. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn zu erwarten ist, dass sich qualitativ und preislich kaum etwas verändert. Mit einer Direktvergabe kann man dann sicherlich auch Bürokratie einsparen. Der Regierungsentwurf sieht aber vor, dass bei einer Direktvergabe ein Interessenbekundungsverfahren zwingend vorgeschaltet werden muss. Und genau das passt nicht zusammen.

Das heißt, erst fragt man alle nach Angeboten und dann wird doch direkt vergeben. Diese Praxis orientiert sich gerade nicht an der Realität. Das Interessebekundungsverfahren kann sehr gut einer Ausschreibung vorgeschaltet werden. Zu einer Direktvergabe passt dieses Instrument nicht. Es schafft mehr Bürokratie, die eigentlich mit einer Direktvergabe begrenzt werden könnte und es schafft eine Möglichkeit, die Direktvergabe in einem späteren Verfahren anzugreifen. Nämlich immer dann, wenn die Direktvergabe nicht den Inhalten der Angebote aus dem Interessenbekundungsverfahren entsprechen und nicht gut genug nachgewiesen wird, warum man gegebenenfalls von den im Interessenbekundungsverfahren vorgeschlagenen Weg abweicht. Das Verfahren wird so unnötig verlängert und verkompliziert und deshalb muss der Vorschlag der Bundesregierung für ein Personenbeförderungsgesetz hier noch geändert werden.

Ein letzter Punkt sind die Fernbusverkehre. Diese sollen zugelassen werden, was an sich o.k. ist. Es ist aber nicht o.k., wenn diese Fernverkehre auf ihren Fahrtrouten auch Zielpunkte des ÖPNV ansteuern und so die Nahverkehre in ihrer Wirtschaftlichkeit beeinträchtigen. Auch hier muss nachgesteuert werden, damit die mit öffentlichen Geldern finanzierten Nahverkehre nicht das Nachsehen haben.

Es gibt also noch viele Fragen zu beraten und deshalb bitte ich unseren Antrag in den Wirtschaftsausschuss zu überweisen.

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