Rede · Lars Harms · 10.06.2016 Nur einzelne Posten herauspicken, um Vorurteile bedienen zu wollen, ist billiger Populismus

Lars Harms zu TOP 2 - Gesetz zur Angleichung der Regelaltersgrenze von Ministern und Beamte

Nach intensiven Anhörungen im Ausschuss liegt uns heute ein Gesetzentwurf der Piraten vor, zu dem es keine neuen Erkenntnisse gibt und der schon in der ersten Lesung ausführlich beraten wurde. Es geht hier um wenige Regelungen zur Altersversorgung von Ministern und um den Wunsch der Piraten hier wieder einmal etwas zu skandalisieren. Aber gerne trage ich die schon in der ersten Lesung vorgetragenen Argumente noch einmal vor. Grundsätzlich lässt sich im Sagen, dass man das Gehalt und auch die Versorgung von Personen in leitenden Funktionen auch vor dem Hintergrund der Attraktivität der jeweiligen Position sehen muss. Und hier gibt es einen Punkt, der die Stellung als Ministerin oder Minister für manch einen doch eher unattraktiv macht. Wenn man nach der persönlichen Einschätzung, aber möglicherweise auch nach der Einschätzung von außen, eine gute Leistung abliefert, bedeutet das in einem normalen Unternehmen, dass die Chancen hier längerfristig beschäftigt zu sein, doch relativ hoch sind. In der Politik ist das anders. Ministerinnen und Minister sind zuallererst abhängig vom jeweiligen Wahlergebnis. Die persönliche Arbeitsleistung oder auch die fachliche Kompetenz spielen hierbei also maximal nur mittelbar eine Rolle. Für jemanden, der nicht aus dem öffentlichen Dienst kommt, bedeutet das, dass er oder sie  relativ schnell und ohne eigene persönliche Einflussmöglichkeiten, die Funktion wieder verlieren kann und das ohne ein Rückkehrrecht in den früheren Job zu haben. Nun mag man mit Recht sagen, dass das ja das persönliche Risiko sei, aber genau deshalb muss eine Funktion, wie die eines Ministers oder einer Ministerin eben auch finanziell attraktiv gehalten werden, damit jemand dieses Risiko auch eingeht. Und das gilt sowohl für die aktiven Bezüge als auch für die Versorgung.

Ich habe dies vorangestellt, weil ich darauf aufmerksam machen will, dass es nicht immer nur isoliert um einen Punkt im Ministergesetz gehen kann, sondern immer auch viele andere Faktoren eine Rolle spielen. Und gerade auch für Menschen, die aus der freien Wirtschaft kommen, müssen wir Regelungen haben, die es attraktiv machen, als Minister oder Ministerin tätig zu sein. Deshalb macht es nach unserer Auffassung wenig Sinn, sich einzelne Punkte aus dem Ministergesetz herauszupicken – es sei denn, man will populistische Kritik gegen die Politik allgemein lancieren.

Betrachten wir aber nun die Vorschläge der Piraten im Einzelnen. Es soll die Regelaltersgrenze auf 67 Jahre erhöht werden und für bestimmte Jahrgänge soll ein früherer Pensionstermin gelten. Man hält sich hierbei im Groben an die bisherige Gesetzessystematik, die dem Beamtenrecht entlehnt ist. Schwierig wird es allerdings, wenn es um die Anrechnung von anrechnungsfähigen Zeiten gilt. Nach § 15 Absatz 2 des Landesministergesetzes, der ja laut Piraten-Gesetzentwurf nicht geändert werden soll, wird das Ruhegehalt aus einem Dienst- oder Amtsverhältnis auf die Ministerpension angerechnet. Nach 5 Ministerjahren erhält man knapp 3.000 Euro Pension, mit der dann aber die beamtenrechtliche Versorgung wieder verrechnet wird. Ein Beamter A 10 erhält zum Beispiel mit 67 Jahren rund 2.500 Euro Pension. Am Ende bleiben 500 Euro zusätzliche Pension für den Minister. Das ist nun wirklich nicht attraktiv, weil das erhält der besagte Beamte auch, wenn er es noch auf einen Dienstposten mit  A 11 schafft. Für Beamte, die eine höhere Vergütung als A 11 haben, würde sich das Ministeramt dann in Bezug auf die Pension überhaupt nicht mehr lohnen, weil deren Pension ohnehin schon höher ist. Dieser Effekt wird natürlich derzeit dadurch verhindert, dass die beamtenrechtlichen Dienstzeiten bei der Ministerpension angerechnet werden und deshalb haben diese Anrechnungszeiten durchaus im bestehenden System ihre Berechtigung. 

Im Übrigen hat aber auch die Berücksichtigung von anrechnungsfähigen Zeiten einen positiven Effekt in Bezug auf die Attraktivität des Ministerpostens für Menschen aus der freien Wirtschaft. Studienzeiten und ähnliches würden beamtenrechtlich auch bei Pensionen von Ministerinnen und Ministern, die ehemals aus der freien Wirtschaft kommen, berücksichtigt werden. Somit erhöht sich die Pension und entspricht somit in der Wirkung dem, was hochqualifizierte Personen in der freien Wirtschaft als zusätzliche Alterssicherung durch ihre Betriebe gewährt bekommen. Und auch diese Alterssicherungen der Betriebe werden oft vertraglich zu einem früheren Pensionstermin gewährt. Auch hier ist also kein Skandalisierungspotential zu sehen, zumal die späteren normalen Renten auch hier mit der Ministerpension verrechnet werden.

Was also auf dem ersten Blick wie eine massive Besserstellung von Ministerinnen und Minister aussieht, hat in Wirklichkeit weit weniger Skandalisierungspotential als es die Piraten meinen. Wir können gerne das Ministergesetz überarbeiten. Allerdings reicht es dann nicht, nur einzelne Posten herauszupicken, um so wieder nur Vorurteile bedienen zu wollen. Das ist billiger Populismus und keine sachgerechte Politik.

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