Rede · Sybilla Nitsch · 14.12.2023 Neuen Bahnsteig für den Schienenverkehr in Flensburg-Weiche errichten
„Lassen Sie uns hier ein echtes Projekt setzen für den Bahnverkehr in der deutsch-dänischen Grenzregion, für attraktive Fernverbindungen nach und von Skandinavien! Wir wollen die Region anbinden und nicht abhängen. Wenn ein zusätzlicher Bahnsteig in Weiche eröffnet wird, winken wir den Fahrgästen willkommen und es wird nicht getrauert, sondern gefeiert.“
Sybilla Nitsch zu TOP 16 - Neuen Bahnsteig für den Schienenverkehr in Flensburg-Weiche errichten (Drs. 20/1587; 20/1737)
09.12., ein Adventssamstag in der drittgrößten Stadt Schleswig-Holsteins, Flensburg.
Das Oberzentrum in der deutsch-dänischen Region Sønderjylland-Slesvig, eine Region mit ca. 700.000 Einwohnern, Gedränge am Bahnsteig, um den buchstäblich letzten Fernverkehrszug nach Dänemark zu bekommen oder ihm als Politiker traurig „Farvel“ zu winken.
Es gilt ein neuer Fahrplan, die Prioritäten für den Fernverkehr nach Dänemark haben sich geändert. Eine Zeitung titelt am Tag drauf: „Vink og gravøl...”, sprechen wir hier von schwarzem Humor? Denn ins Deutsche übersetzt bedeutet es „Leichenschmaus“. Zu zynisch? Keinesfalls.
Der neue Fahrplan sieht keine Fernverbindungen von Flensburg nach Dänemark bzw. Skandinavien vor, gen Norden ist spätestens ein Umstieg in Fredericia fällig, gen Süden ein Umstieg spätestens in Hamburg. Die Problematik mit dem nicht grenzkompatiblen Zugmaterial, was Dänemark bestellt hat, ist leider bekannt und auch die „Lösung“ mit der Verlängerung des RE7.
Diese Sequenz ist nicht aus den 90er Jahren, als im Zuge der Privatisierung der Bahn und den daraus folgenden Einsparungen der ehemals umweltfreundliche und sozialverträgliche Verkehrsträger aufs Abstellgleis gerät. Nein, diese Sequenz spielte sich am vergangenen Wochenende in Flensburg ab.
Im Jahr 2023, wo in aller Munde ist, dass wir auf die Klimaneutralität zusteuern wollen, ein Ausbau- und Modernisierungspakt für die Schiene angekündigt wird und bei uns allen das Ziel eines zukunftsweisenden SPNV und ÖPNV an höchster Stelle ist, um mit einem gut ausgebauten Netz die Menschen auf die Schiene zu bekommen.
Es ist fast nicht zu glauben. Auch das deutsch-dänische Grenzland möchte auf die Schiene, natürlich. Der Werbeblock für Zugfahrten von und nach Flensburg braucht mittlerweile aber leider ausgeklügelte Marketingstrategien.
Zahlreiche internationale Verbindungen passieren den Jyllandskorridor, halten aber nicht in Flensburg. Die DB argumentiert mit der sog. „Flensburger Schleife“, die einen Umweg zum Bahnhof in Flensburg bedeutet.
An den Richtungsgleisen der Nord-Süd-Achse bei Flensburg-Weiche ist die Infrastruktur nicht vorhanden, um einen Fernhalt einrichten zu können.
Mit unserer Initiative wollen wir Abhilfe schaffen und eine effektive und schnelle Möglichkeit schaffen, um die Region an nationale und internationale Schienenverkehre wieder anzubinden.
Die Errichtung eines zusätzlichen Bahnsteiges am Bahnhof Flensburg-Weiche würde dazu beitragen, die bahnbetriebliche Attraktivität des Knotenpunktes zu stärken. Experten haben die Anlagen vor Ort betrachtet und sind zu der vorläufigen Bewertung gekommen, dass die Investitionen und der Aufwand relativ gering wären. Auch die NAH.SH hat bereits Gespräche vor Ort geführt und sieht das Vorhaben als realistisch an.
Die Flensburger Stadtpolitik hat mit einer großen Mehrheit, getragen durch SSW, CDU, SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP, einen glasklaren Beschluss gefasst, der mit einem Ausbau Weiches am Hauptgleis nach Dänemark auf dem internationalen Jyllandskorridor die Weichen für die Zukunft des Bahnverkehres im Großraum Flensburg stellen will.
Ich bin begeistert – auf dieses Signal haben die Landespolitik und die Aufgabenträger gewartet, um eine echte Mobilitätswende für Flensburg und die deutsch-dänische Grenzregion zu erreichen!
Ja, durch die Vorgespräche weiß ich bereits, welche Argumente eine eher kritische Sicht bringen: „Wir müssen erstmal prüfen und wir müssen erstmal sehen.“ Dass ausgerechnet die Grünen, die oft die Themen der Verkehrswende auf sich alleine verbuchen wollen, davon sprechen, es sei erstmal zu prüfen, ob das Fahrgastpotenzial da wäre, ist für mich ein echtes Rätsel.
Warten wir bis 2030, um mal zu schauen, wie sich dann die Verkehre und die Potenziale in der Grenzregion ergeben, weil dann die Fehmarn-Belt-Querung geöffnet ist, dann kann ich Ihnen – liebe Kolleginnen und Kollegen – in aller Deutlichkeit sagen: Dann ist der Zug für Flensburg und die Grenzregion abgefahren.
Lassen Sie uns hier ein echtes Projekt setzen für den Bahnverkehr in der deutsch-dänischen Grenzregion, für attraktive Fernverbindungen nach und von Skandinavien! Wir wollen die Region anbinden und nicht abhängen. Wenn ein zusätzlicher Bahnsteig in Weiche eröffnet wird, winken wir den Fahrgästen willkommen und es wird nicht getrauert, sondern gefeiert.