Rede · Lars Harms · 23.11.2023 Klimaschutz sozialverträglich umsetzen

„Ein weiteres kreditfinanziertes „Sondervermögen“, was nichts anderes wäre als ein unberechenbarer Schattenhaushalt, ist der falsche Weg und zudem – wie letzte Woche vom Bundesverfassungsgericht geurteilt – offiziell verfassungswidrig.“

Lars Harms zu TOP 10+30 - Gesetz zur Errichtung eines Sondervermögens „Transformationsfonds des Landes Schleswig-Holstein“; Einrichtung eines Transformationsfonds des Landes Schleswig-Holstein (Drs. 20/1590; 20/1589)

Wir alle wollen ein nachhaltiges, umweltfreundliches, lebenswertes Schleswig-Holstein. Dazu müssen wir unter anderem auf die Herausforderungen des Klimawandels reagieren. Nicht nur für uns jetzt und heute, sondern auch für unsere Nachfolgegenerationen. Da sind wir uns ja alle einig. Insofern hat die SPD-Fraktion hier wirklich umfangreiche Vorarbeit geleistet und anhand zahlreicher Maßnahmenvorschläge dargelegt, wie hoch der öffentliche Investitionsbedarf bis 2030 wäre, um die für 2040 gesetzten Klimaziele zu erreichen. Ich werde nun nicht alle Maßnahmen einzeln kommentieren können, aber allein dieses Engagement und die Arbeit sind aller Ehren wert und verdienen Dank und Lob – sowohl an die SPD-Fraktion gerichtet, als auch an all die zu Rate gezogenen Expertinnen und Experten. Wie gesagt, die Maßnahmenvorschläge treffen an und für sich größtenteils sicherlich auf breite Zustimmung. Woran es hakt, ist der Finanzierungsvorschlag: Ein weiteres kreditfinanziertes „Sondervermögen“, was nichts anderes wäre als ein unberechenbarer Schattenhaushalt, ist der falsche Weg und zudem – wie letzte Woche vom Bundesverfassungsgericht geurteilt – offiziell verfassungswidrig.

Wir müssen uns auch immer wieder aufs Neue anschauen, was sozialverträglich umsetzbar ist und was wir als Land überhaupt leisten können und müssen. Ein Beispiel aus dem Maßnahmenkatalog: Die Wärmenetze. Wärmenetze sind als einer der zentralen Faktoren zur Erreichung der Wärmewende von der Bundesregierung beschlossen worden und es ist derzeit eine jährliche Förderung in Höhe von 800 Millionen Euro vorgesehen. Die Stadtwerke und Kommunen sagen, dass das nicht ausreicht. Warum aber sollte nun das Land vorauseilend „hier“ rufen, wenn es um die Finanzierung geht? Zuständig ist der Bund, der die Wärmewende und derartige konkrete Maßnahmen ja beschlossen hat. Das Land hat definitiv andere Aufgaben! Und das ist nur ein Beispiel dafür, wo wir den Bund nicht so einfach aus seiner Verantwortung lassen sollten. Hier geht es nicht nur ums Prinzip, sondern natürlich auch um die jeweilige Haushaltssituation. 

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes hat hier nun Fakten geschaffen. Tatsache ist: Durch ursprüngliche Notkredit-Gelder finanzierte, mehrjährige „Sondervermögen“, Umwidmungen, Bevorratung und ja, auch kreditfinanzierte „Sondervermögen“ für Maßnahmen, die dem Klimaschutz oder allgemeiner gefasst der „Transformation“ des Landes dienen mögen, sind durch dieses Urteil nicht mehr möglich. So ist die Sachlage nun mal. Um Notkredite zu aktivieren, bedarf es mehrerer, eng gefasster Vorgaben. Es braucht zwingend den engen zeitlichen – sprich maximal ein Haushaltsjahr – wie auch sachlichen Zusammenhang zu einer ganz konkreten, akuten Notsituation und der Notwendigkeit, einen Notkredit aufzunehmen, weil sich die Lage der Kontrolle des Staates entzieht und aus einem regulären Haushalt nicht zu stemmen ist. Der Klimawandel als übergeordnete Begründung stellt jedoch keine solche unvorhergesehene Notlage dar. Stattdessen ist Klimaschutz und Klimaanpassung eine staatliche Daueraufgabe, die aus den jährlichen, regulären Haushalten zu finanzieren ist. Damit ist der „TraFo.SH“ in dieser Form hinfällig.

Wie gesagt: Für Maßnahmen zugunsten des Klimaschutzes sind wir immer zu haben. Und auch den Bund an seine Verantwortung für die Wärmewende und den Klimaschutz zu erinnern, werden wir immer unterstützen. Einen kreditfinanzierten Schattenhaushalt, der allein durch Tilgungs- und Zinszahlungen innerhalb der nächsten Jahre quasi sämtlichen politischen Handlungsspielraum aufzufressen droht und dadurch das soziale und gesellschaftliche Gefüge gefährdet, können wir jedoch nicht unterstützen. Wir sollten uns nun darauf konzentrieren, was wir als Land und auf Landesebene konkret lösen, managen und umsetzen können und Jahr für Jahr einen Schritt weiter gehen.

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