Rede · Jette Waldinger-Thiering · 12.10.2023 Jugendberufsagenturen individuell weiterentwickeln

„Es ist eben nicht egal, ob sich die JBA in einer Stadt oder in einem Flächenkreis befindet. Ebenso spielt es eine Rolle, ob eine JBA in einer strukturschwachen oder -starken Region angesiedelt ist.“

Jette Waldinger-Thiering zu TOP 30 - Jugendberufsagenturen in Schleswig-Holstein weiterentwickeln (Drs. 20/1477)

Es steht mittlerweile außer Frage, dass die Jugendberufsagenturen (JBA) einen wertvollen Beitrag leisten für junge Menschen, um diesen die Startbedingungen am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt niedrigschwellig zu ermöglichen. Damit haben sich die JBA zu einem Erfolgsmodell entwickelt, nicht nur bei uns, sondern bundesweit. Die rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit der regionalen Akteure, mit der Agentur für Arbeit, dem Jobcenter und der jeweiligen kommunale Ebene sowie die Unterstützung der allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen, erleichtert jungen Menschen den Einstieg in den Arbeitsmarkt und bietet ihnen damit eine echte Perspektive. Daher möchte ich als erstes auf den letzten Punkt des Antrages eingehen. 
Mit der Ankündigung, dass der Bund die Arbeitsförderung für junge Menschen – unter 25 Jahren – aus dem SGB II ausgliedern will und sie stattdessen in die BA und damit nach SGB III überführen will, hat bundesweit für Unverständnis und Kritik gesorgt. Auch wir vom SSW haben diese Entscheidung scharf kritisiert. Mit einem solchen Wechsel wäre eine wichtige Beratungshilfe weggebrochen und das hätte gerade junge Menschen getroffen, die besonders auf diesen integrierten Ansatz angewiesen sind. Mittlerweile hat die Ampel-Koalition ihren Fehler rückgängig gemacht – und das ist auch gut so. Die Kuh ist nun vom Eis und die JBA können ihre erfolgreiche Arbeit im Sinne der jungen Menschen fortsetzen. Darauf kommt es an.
Mit dem Abschlussbericht der Evaluation der JBA in Schleswig-Holstein, von 2019, haben wir eine Grundlage, um unsere Agenturen weiterzuentwickeln. Gleichwohl möchte ich darauf hinweisen, dass der Bericht sich auf die Arbeit von seinerzeit acht JBA bezieht. Heute haben wir 14 JBA in Schleswig-Holstein, die sich auf 20 Standorte verteilen. Das hebe ich hervor, weil es nochmal den Erfolg der JBA bei uns im Land deutlich macht und uns zeigt, dass sie in der Fläche verankert sind und angenommen werden. Damit haben sie sich als wichtige Beratungsstätte integriert und ich bin fest der Meinung, dass gerade die Präsenz vor Ort für ihren Erfolg ausschlaggebend ist. 
Einen Qualitätsrahmen mit entsprechenden Standards zu entwickeln kann aus Sicht des SSW nicht verkehrt sein. Wir wissen um den Erfolg und die langjährige Erfahrung mit den JBA in Hamburg. Daher sollten wir uns nicht scheuen über den Tellerrand zu schauen, um zu sehen, was wir von unserem Nachbarn lernen können und gegebenenfalls übernehmen können. Bei der Weiterentwicklung der JBA sollten wir den Fehler vermeiden, den Rahmen zu eng zu gestalten. Soll heißen, die JBA haben, je nachdem wo sie sind unterschiedliche Anforderungen oder Herausforderungen. Es ist eben nicht egal, ob sich die JBA in einer Stadt oder in einem Flächenkreis befindet. Ebenso spielt es eine Rolle, ob eine JBA in einer strukturschwachen oder -starken Region angesiedelt ist. Daher sprechen wir uns dafür aus, wenn es um Qualitätsrahmen mit Standards geht, dann müssen wir diese gemeinsam mit den verschiedenen Akteuren vor Ort weiterentwickeln. Nur so kann es gelingen das der praxisnahe Bezug und der integrative Ansatz auch weiter gewährleistet und verbessert wird. In diesem Zusammenhang möchte ich auf einen Punkt hinweisen, der aus unserer Sicht bei der Weiterentwicklung der Standards nicht unerheblich ist. Es geht um die jungen Menschen, die während ihrer Betreuung den Kreis beziehungsweise den JBA-Standort wechseln. Nach unserer Erkenntnis gibt es einen Bruch. Entsprechende Informationen über Ortswechsel werden aus datenschutzrechtlichen Gründen innerhalb der der JBA nicht weitergeleitet. Hier brauchen wir eine praxistaugliche Lösung, für einen vereinfachten Informationsfluss. 
Nach dem Motto: Tue Gutes und rede drüber, sollten auch die JBA jährlich einen Fach- und Vernetzungstag veranstalten. In diesem Jahr konnten sie sich präsentieren und auf ihre Arbeit und strukturelle Vielfalt aufmerksam machen. Im Gegensatz zur Koalition, sollten sie unserer Auffassung nach bereits im September des nächsten Jahres damit beginnen und nicht erst 2025. Warum warten? Ich glaube die JBA möchten loslegen und ihr Netzwerk ausweiten und für sich und ihre Arbeit Reklame machen. Das machen sie nicht zum Selbstzweck, sondern für junge Menschen, die auf ihre Hilfe angewiesen sind.

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