Rede · Jette Waldinger-Thiering · 19.02.2016 Jette Waldinger-Thiering zu TOP 52 - Bericht zum Hochschulvertrag
(zu Protokoll gegeben)
Die Universitätslandschaft in Schleswig-Holstein ist gut aufgestellt. Das vorweg. Die Verhandlungen, die die Landesregierung mit den Hochschulen geführt hat, haben das belegt. Dennoch sind die Herausforderungen enorm. Allein können die Hochschulen diese nicht bewältigen. Die Landesregierung unterstützt die Hochschulen, formuliert aber im Gegenzug ganz klar ihre Erwartungen. Das hat insgesamt zu mehr Gelassenheit geführt. Wir brauchen keinen globalen Schlagabtausch in Pressekonferenzen, sondern Verhandlungen mit Augenmaß. Hier gilt mein Dank besonders der Ministerin und ihrem Staatssekretär.
Ich möchte hier auf vier Punkte eingehen: Erstens: Finanzielle Ausstattung. Die Landesregierung hat sich zu einer besseren Ausstattung der Universitäten entschlossen. Allerdings kann sie die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte nicht auf einen Schlag wettmachen. Die Erhöhung der Grundhaushalte stellt eine enorme Kraftanstrengung des Landes dar, die aber als Investition in die Zukunft alternativlos ist. Ohne akademische Fachkräfte geht das Land in die Knie. Und diese Fachkräfte müssen über Jahre solide ausgebildet werden. Die Ausbildung wiederum fußt auf einer Forschungslandschaft, die jeweils die aktuellen Erkenntnisse ins Ausbildungssystem einspeisen kann. Bis aus einem Student bzw. bis aus einer Studentin eine Ingenieurin, Ärztin oder Lehrer werden kann, bedarf es einer belastbaren Struktur: angefangen von einer ausreichenden Betreuungsrelation bis hin zu einer leistungsfähigen Bibliothek, die die geforderten Medien in ausreichender Zahl und Qualität zur Verfügung stellt. Die Zusagen vom Land liegen vor, mit denen die Hochschulen jetzt planen können.
Zweitens: Probleme beim Zugang zu Masterstudiengängen. Nach dem Bachelor-Abschluss können nicht alle Studierenden in Schleswig-Holstein problemlos in den Master-Studiengang wechseln.
Das ist ein Problem, das die Universitäten bislang noch nicht ausräumen konnten. Die Zuverlässigkeit, die eigentlich wesentlich zu einem Studium gehört, ist damit infrage gestellt. Ein ausreichendes Angebot an Masterstudienplätzen ist daher unumgänglich für die Sicherung des Studienstandortes Schleswig-Holsteins und ein vorrangiges Ziel der Wissenschaftspolitik. Das Land muss finanziell dafür Sorge tragen, dass die Universitäten die entsprechenden Strukturen anbieten können. Ich bin davon überzeugt, dass die entsprechenden Vereinbarungen, die uns dazu vorliegen, genau das absichern helfen. Wir werden weiterhin - neben der Verbesserung von Forschung und Lehre – auf den quantitativen Ausbau bei den Masterstudienplätzen achten und diesen von den Universitäten verlangen.
Drittens: Minderheitensprachen. Die Universitäten haben sich zu inhaltlichen Maßnahmen verpflichtet und diese vertraglich fixiert. An dieser Stelle beziehe ich mich auf die Vereinbarung mit der Europa-Universität Flensburg. Die Flensburger haben nach jahrelanger Vakanz der Friesisch-Professur einen Ersatz in Aussicht: die Professur für Minderheitensprachen und Friesisch. Durch die neue Minderheitenprofessur besteht die einmalige Gelegenheit, die gute Arbeit der Universität fortzusetzen und gleichzeitig das Profil der Universität zu stärken. Friesisch, Dänisch und Niederdeutsch ist nämlich eine Kombination, die es für das Lehramtsstudium deutschlandweit nur in Flensburg gibt. Die Stärkung durch eine ordentliche Professur mit entsprechendem Unterbau, also Doktorandinnen und Doktoranden und wissenschaftlichen Hilfskräften, eröffnet nicht nur dem wissenschaftlichen Nachwuchs bessere Chancen, die bislang ausschließlich auf Kiel beschränkt waren, sondern vertieft insgesamt die Kompetenz im Landesteil.
Viertens: Flüchtlinge. Bislang haben die Universitäten die Integration von Flüchtlingen hintenangestellt. Keine Hochschule kann bislang auf nennenswerte Zahlen von Studienanfängern verweisen. Die Hochschulen tun sich also schwer mit diesem Klientel. Auch durch den doppelten Abiturjahrgang stehen Mensen, Hörsäle, Bibliotheken und Wohnheime vor enormen Andrang. Das hat zunächst Vorrang; doch fordere ich von den Hochschulen, dass sie sich verstärkt der Integration von Flüchtlingen zuwenden.