Rede · Jette Waldinger-Thiering · 22.11.2023 Hochschulgesetz an die reale Situation der Minderheitensprachen anpassen!

„Die Präsenz des Fach Friesisch an der EUF Flensburg für Lehramt und an der CAU in Kiel die Frisistik definitiv unverzichtbar.“

Jette Waldinger-Thiering zu TOP 5 - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Hochschulen und das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (Hochschulgesetz-HSG) (Drs. 20/1526)

Ich freue mich, dass der Gesetzentwurf trotz der knappen Zeit und den vielen TOPs heute zur Aussprache kommt. Bei dem Entwurf zur Gesetzänderung, geht es um den Schutz und die Förderung von Regional- und Minderheitensprachen und somit für uns als SSW um ein sehr wichtiges Thema.
Im HSG gibt es aktuell zwei Passus, die die Besetzung von freien Professuren für die Fächer der  Regional- und Minderheitensprachen erheblich erschweren. In den Formulierungen wird vorausgesetzt, dass die betreffende Sprachwissenschaft an anderen Hochschulen weitreichend angeboten wird und man somit auch an anderen Hochschulen in dem Fachbereich tätig sein kann bzw. Berufungen erfolgen können. Für die Frisistik, Danistik und für das Niederdeutsche sind diese Angebote aber sehr begrenzt. Hier muss eine Anpassung des HSG an die reale Situation erfolgen. Dass diese Anpassung dringend nötig ist, wird aktuell an der Situation der Frisistik an der CAU-Kiel deutlich. Seit dem Professor Jarich Hoekstra im Frühjahr 2022 in den Ruhestand verabschiedet wurde, ist es nicht gelungen die Professur neu zu besetzten.
Dabei gibt es geeignete promovierte Kandidatinnen und Kandidaten an der CAU, die für die Besetzung einer Tenure-Track-Professur in Frage kommen.
Für die Besetzung einer Tenure-Track-Professur gilt aber laut §62a, dass nur Bewerberinnen und Bewerber der eigenen Hochschule berufen werden dürfen, wenn sie nach der Promotion die Hochschule gewechselt haben oder mindestens zwei Jahre außerhalb der berufenden Hochschule wissenschaftlich tätig waren. 
Im Vergleich zu anderen Fachrichtungen sind die Möglichkeiten für Sprachwissenschaftler der Regional- und Minderheitensprachen in diesem Punkt sehr eingeschränkt bis gar nicht vorhanden. Auch wenn für das Fach Dänisch und das Fach Niederdeutsch die Bedingungen etwas besser als für das Fach Friesisch sind, sind sie noch lange nicht mit größeren Fachrichtungen innerhalb Deutschlands zu vergleichen. Vor allem kann man die Bedeutung der Professuren und Forschungseinrichtungen der Regional- und Minderheitensprachen nicht mit anderen Fachrichtungen vergleichen.
Um beim Beispiel der Friesen zu bleiben – gerade jetzt wo sich in Bredstedt die Einrichtung zur friesischen Spracharbeit im Unterricht (das friisk liirskap ) im Aufbau befindet,ist die Frisistik als wissenschaftlicher Überbau dringend nötig. Der Friesenrat hat schon 2003 im Modell Nordfriesland benannt, dass die friesischen Bestrebungen zum Spracherhalt eine Untermauerung, Begleitung und kritische Überprüfung durch die Wissenschaft bedürfen. Die Präsenz des Fach Friesisch an der EUF Flensburg für Lehramt und an der CAU in Kiel die Frisistik definitiv unverzichtbar. Die Frisistik an der CAU mit der nordfriesischen Wörterbuchstelle ist nicht nur für die sprachwissenschaftliche Forschung zuständig, sondern auch für die Erstellung einer Sprachdatenbank sowie für die Ausbildung von wissenschaftlichem Nachwuchs und Lehrkräften an Gymnasien. Deshalb ist es so wichtig, dass die Professur möglichst schnell wieder besetzt wird und dafür gesorgt wird, dass die Bedingungen den Umständen angepasst werden.
Wir haben im Artikel 6 unserer Landesverfassung und mit dem Abkommen der europäischen Sprachencharta, den Schutz und die Förderung von Regional- oder Minderheitensprachen in Schleswig- Holstein zugesichert. Konkret heißt die Formulierung im Artikel 7 der Europäischen Sprachencharta: „Ziel ist die Förderung des Studiums und der Forschung im Bereich der Regional- oder Minderheitensprachen an Universitäten oder gleichwertigen Einrichtungen.“
Um diese Zusagen umzusetzen und mit Leben zu füllen ist die Anpassung des HSG an die Gegebenheiten der Regional- und Minderheitensprachen dringend notwendig.

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