Rede · Jette Waldinger-Thiering · 23.03.2023 Die Landesregierung duckt sich in Sachen Minority SafePack weg
„Der Beitritt Schleswig-Holsteins als Streithelfer in dem Verfahren zeigt doch ganz unabhängig vom Bund, dass uns der regionale Schutz der nationalen Minderheiten am Herzen liegt. WIR wissen welchen Mehrwert die autochthonen Minderheiten haben! Die Landesregierung hat jetzt die Chance zu zeigen, dass die Unterstützung der letzten Jahre ernst gemeint war. Sie kann zeigen, dass ihr wirklich etwas am Schutz der sprachlichen und nationalen Minderheiten in Europa liegt.“
Jette Waldinger-Thiering zu TOP 18, 37, 49, 59 - Beitritt des Landes Schleswig-Holstein als Streithelfer für die Minority SafePack Initiative sowie Umsetzung und Bericht des Arbeitsprogramms der EU-Kommission für 2023 in Schleswig-Holstein und Europabericht 2022/2023 (Drs. 20/766 (neu), Drs. 20/820, Drs. 20/778, Drs.20/788)
Der 14. Januar 2021 war ein Schlag ins Gesicht für die nationalen und sprachlichen Minderheiten in Europa. An diesem Tag beschloss die EU-Kommission die Stimmen von mehr als eine Million europäischen Bürger und Bürgerinnen zu ignorieren und keine gesetzliche Regelung zum Schutz der sprachlichen und nationalen Minderheiten auf den Weg zu bringen. Aber nicht nur das. Sie stellte sich auch gegen die Entscheidung des europäischen Parlamentes und vieler nationalen und regionalen Parlamenten. Auch der schleswig-holsteinische Landtag hat die Minority SafePack Initiative jahrelang unterstützt.
Wir vom SSW begrüßen, dass das Bürgerkomitee der Minority SafePack Initiative Berufung gegen das Gerichtsurteil zur MSPI eingelegt hat. Und wir wollen helfen endlich konkrete Maßnahmen zum Schutz der sprachlichen und nationalen Minderheiten auf europäischer Ebene zu verabschieden.
Deshalb fordern wir, dass der Schleswig-Holsteinische Landtag dem Rechtsmittelverfahren im Rahmen der Minority SafePack Initiative als Streithelfer beitritt.
Als Bundesland in dem 3 der 4 anerkannten nationalen Minderheiten in Deutschland beheimatet sind MUSS ein positiver Ausgang des Verfahrens das Ziel sein.
Deshalb wundert es mich sehr, dass die Landesregierung sich dazu entschieden hat, dem Verfahren NICHT als Streithelfer beizutreten.
Herr Callsen, in Ihrem Brief an meinen Kollegen Christian Dirschauer schreiben Sie, dass Sie sich weiterhin mit Nachdruck für die Anliegen der MSPI einsetzen werden. Aber wie denn? Genau JETZT haben Sie doch die Chance ein wahres Zeichen zu setzen!
Stattdessen duckt sich die Landesregierung weg. Der Bund sei für die außenpolitische Vertretung Deutschlands zuständig.
Dann frage ich mich: wieso gibt es dann das Hanse-Office? Wieso agiert Schleswig-Holstein überhaupt auf europäischer Ebene, wenn das Bundessache ist? Wieso haben wir jahrelang einstimmig Anträge verabschiedet, in denen wir uns auf ALLEN politischen Ebenen für die Umsetzung der MSPI einsetzen wollen?
Der Beitritt Schleswig-Holsteins als Streithelfer in dem Verfahren zeigt doch ganz unabhängig vom Bund, dass uns der regionale Schutz der nationalen Minderheiten am Herzen liegt. WIR wissen welchen Mehrwert die autochthonen Minderheiten haben!
Die Landesregierung hat jetzt die Chance zu zeigen, dass die Unterstützung der letzten Jahre ernst gemeint war. Sie kann zeigen, dass ihr wirklich etwas am Schutz der sprachlichen und nationalen Minderheiten in Europa liegt.
Auch wenn dieses Thema für den SSW noch nicht vom Tisch ist, freue ich mich trotzdem darüber, dass wir fraktionsübergreifend Schwerpunkte für das Arbeitsprogramm der EU-Kommission gefunden haben.
Europa ist für den SSW eben kein „nice-to-have“, sondern eine wichtige Säule unserer Politik für unsere Region, die es weiter auszubauen gilt.
Besonders die Themen im Bereich der Energie, des Wasserstoffs und des Umweltschutzes betreffen Schleswig-Holstein direkt. Wir fordern, dass die Landesregierung sich wenigstens hier inhaltlich mit einbringt und die Interessen unserer Region auf europäischer Ebene angemessen vertritt.
Die Europäische Union befindet sich in einer turbulenten Phase. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, die Folgen des Brexits und der Pandemie und der Korruptionsskandal im europäischen Parlament haben die Funktionsweise und das Miteinander innerhalb der Europäischen Union verändert.
Gerade mit Blick auf die Wahl zum Europäischen Parlament nächstes Jahr darf die Europapolitik und ihre Relevanz jedoch nicht vergessen werden. Als SSW werden wir nicht aufhören uns weiterhin für eine starke EU einzusetzen, die zu ihren Werten steht und diese schützt. Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte, einschließlich der Minderheitenrechte – diese Güter müssen geschützt werden und dafür kann jeder und jede einen Beitrag leisten – auch der Schleswig-Holsteinische Landtag!