Rede · Christian Dirschauer · 18.07.2024 Erste-Hilfe-Training rettet Leben!
„In unserem Antrag fordern wir nicht nur ein Erste-Hilfe-Training mit Reanimierungsmaßnahmen spätestens ab der achten Klasse, sondern auch schon ein allgemeines, altersangepasstes Erste-Hilfe-Training ab der Grundschule.“
Christian Dirschauer zu TOP 20 - Einführung eines verpflichtenden Unterrichtsangebot zu erste Hilfe Maßnahmen, Schleswig-Holsteins Schulen. (Drs. 20/2317)
Die meisten kennen das Gefühl der Unsicherheit, wenn unmittelbar vor unseren Augen ein Notfall eintritt. Ob bei einem Verkehrsunfall oder einem Unfall beim Toben im Garten. Es schießen einem Fragen durch den Kopf wie; muss ich jetzt helfen? Kann ich helfen? Was soll ich tun? Dann gilt es ruhig zu bleiben, den Überblick zu wahren und die richtigen und rettenden Handlungsschritte einzuleiten.
Aber hierfür braucht man Handlungssicherheit. Es müssen Informationen im Gehirn gespeichert sein, die einen leiten. Viele Menschen haben die basalen Handlungen im Notfall in einem Erste-Hilfe-Kurs erlernt und wissen, wie man einen Notruf mit präzisen Angaben absetzt. Aber wer erinnert sich noch an die stabile Seitenlage? An die Wiederbelebungsübungen? Wie oft beatmen? Wie oft drücken und wo noch mal?
So – oder so ähnlich geht es schon vielen Erwachsenen.
Laut dem Institut für Rettungs- und Notfallmedizin wurden 2020 deutschlandweit
bei knapp 40 % der Notfälle mit Basismaßnahmen der Wiederbelebung vor Eintreffen der Rettungsdienste begonnen. Im Vergleich dazu liegt der europäische Durchschnitt bei circa 50 %, in Skandinavien sogar noch höher.
Der deutsche Rat für Wiederbelebung berichtet unter anderem vom Beispiel Dänemark. Dort wurde 2005 der Wiederbelebungsunterricht in Schulen gesetzlich festgeschrieben. Seither hat sich dort die Laienreanimationsquote von 20 % im Jahr 2000 auf 60 % im Jahr 2020 erhöht.
Die Überlebensrate der Betroffenen Menschen hat sich dadurch verdreifacht.
Es liegt also auf der Hand, dass eine frühe Erste-Hilfe-Ausbildung zu mehr Handlungsbereitschaft und Handlungsfähigkeit führt.
In unserem Antrag fordern wir deshalb nicht nur ein Erste-Hilfe-Training mit Reanimierungsmaßnahmen spätestens ab der achten Klasse, sondern auch schon ein allgemeines, altersangepasstes Erste-Hilfe-Training ab der Grundschule.
Im Institut für Sachunterricht an der Europa-Universität Flensburg wurde bereits fachdidaktisches Material zum Thema Erste Hilfe in der Grundschule entwickelt.
Die Gefühle von Unsicherheit und Unbehagen, wie wir sie als Erwachsene in Notfällen spüren, erleben Kinder als Angst und Hilflosigkeit. Angst, Hilflosigkeit und der Verlust der Selbstwirksamkeit können zudem zur Traumatisierung führen.
Deshalb ist es uns wichtig, dass unsere Kinder früh lernen, was in Notfällen zu tun ist. In erster Linie soll es bei Kindern darum gehen, einen Notfall zu erkennen und Hilfe zu holen.
Und ich als Vater, bin doch froh, dass mein Kind, wenn es in Not gerät oder bei einem Notfall anwesend ist, über eine gute selbstwirksame Handlungskompetenz verfügt.
Es stärkt und schützt ein Kind, wenn es weiß, was es bei einem Fahrradunfall auf dem Schulweg tun muss.
Wenn Erste-Hilfe- Abläufe geübt werden, haben im Notfall alle einen Vorteil.
Es gibt bereits geeignete Konzepte für das Vorschulalter, die mit Kindern in der Kindertagesstätte durchgeführt wurden. Hier werden spielerisch Pflaster geklebt und Verbände gelegt und nebenbei wird vorsichtig an das Thema Notfälle und Hilfestrategien herangeführt.
Es gibt ein großes Interesse der Hilfsorganisation und Verbände, dass die KMK-Empfehlung von 2014 zur „Einführung des Wiederbelebung Unterrichts in Schulen im Umfang von zwei Unterrichtsstunden pro Jahr ab der siebten Klasse“, umgesetzt wird.
Diese sollte in Schleswig-Holstein altersgerecht auf die jüngeren Klassen erweitert werden.
Konzepte wie „Schüler retten Leben“ vom Institut für Rettungs- und Notfallmedizin des UKSH wurden bereits mit Projektgeldern an Schulen erprobt.
Die Nachfrage von Schulen, die das Angebot freiwillig nutzen wollen, besteht weiterhin.
Es ist an der Zeit, dass alle Beteiligten sich an einen Tisch setzen, um die vorhandenen Ressourcen zu bündeln und Möglichkeiten zur Umsetzung der Unterrichtsverpflichtung zu erarbeiten.
Denn Kinder müssen - und wollen auch gerne – lernen, mit kritischen Situationen umzugehen. Ihnen diese Basisfähigkeiten beizubringen, sehen wir als wichtigen Bildungsauftrag.