Rede · Dr. Michael Schunck · 31.01.2025 Energiewende und Naturräume zusammen denken!
„Was es nicht geben darf, ist ein Freifahrtschein für große Batteriespeicherprojekte auf der grünen Wiese, die weit weg vom nächsten Stromnetz errichtet werden. So ist Energiewende nicht nachhaltig. So etwas darf es nicht geben.“
Dr. Michael Schunck zu TOP 33 - Privilegierung von Batteriespeichern, Wärmespeichern und Anlagen zur klimaneutralen Wärmeversorgung ermöglichen (Drs. 20-2855)
Immer wieder müssen wir feststellen: die Energiewende ist nicht ohne Tücken. Aber die deutsche Bürokratie eben auch nicht. Und wenn Bürokratie auf das löbliche Ziel Energiewende trifft, ist man erstmal geneigt zu sagen: weg mit der Regulierung, wir verwalten uns zu Tode, das muss hier jetzt endlich mal vorangehen. Und doch muss ich festhalten, dass der Paragraph 35 Absatz 1 Baugesetzbuch mit seinen genauen Festlegungen natürlich seine Berechtigung hat. Auch wenn man unterstellen mag, dass er vor allem ein verhindernder Paragraph ist, ist er doch etwas ganz anderes: nämlich eine disziplinierende Regelung.
Der in diesem Paragraphen geregelte Außenbereich soll im Grundsatz von Bebauung freigehalten werden. Gebaut werden soll primär im Innenbereich, also innerhalb des ohnehin schon erschlossenen Raumes.
Und das ist vor dem Hintergrund des Konkurrenzdrucks um die Flächen und vor dem Hintergrund der immer noch viel zu schnell zunehmenden Bodenversiegelung dringend notwendig und darf deshalb auch nur mit Augenmaß aufgeweicht werden.
Aber gesetzliche Regelungen sollen natürlich auch keine sinnvollen Entwicklungen verhindern. Das ist dann der Fall, wenn eine Solaranlage nicht um einen Batteriespeicher ergänzt werden darf. Denn nur in Kombination mit der Möglichkeit zur Energiespeicherung können Wind- und Solarenergieanlagen ihre Stärken voll ausspielen.
Nur so kann die Energiewende letztlich gelingen, weil die Speicherung eben auch dazu führt, dass das Damoklesschwert so genannter Dunkelflauten nicht permanent und unkalkulierbar über uns schwebt.
Aber eine „Aufweichung“ der Gesetzesvorgaben muss in engen Grenzen geschehen, so wie der vorliegende Antrag es beschreibt: Batteriespeicher sollten nur dann privilegierte Bauvorhaben nach Paragraph 35 Absatz 1 Baugesetzbuch werden, wenn sie direkt mit einer Anlage für Erneuerbare Energien zusammenhängen oder im direkten Umfeld von Umspannwerken errichtet werden.
Was es nicht geben darf, ist ein Freifahrtschein für große Batteriespeicherprojekte auf der grünen Wiese, die weit weg vom nächsten Stromnetz errichtet werden. So ist Energiewende nicht nachhaltig. So etwas darf es nicht geben.
Die im Antrag erwähnte Wärmeerzeugung und -versorgung bleibt für mich ein wenig nebulös. Wenn ein Bürgerenergieprojekt Energie ins Stromnetz oder in ein örtliches Wärmenetz einspeist, ist das meines Erachtens ein Teil der öffentlichen Versorgung, die von der Privilegierung nach Paragraph 35 Absatz 1 Baugesetzbuch umfasst ist.
Auch eine Energiegesellschaft, die eine Großwärmepumpe aufstellen möchte, um ein Neubaugebiet zu versorgen, sollte umfasst sein. Aber in solch einem Fall soll die Anlage auch gern in der Nähe der Wärmeabnehmer errichtet werden, um große Netzverluste zu vermeiden.
Geplante Stand-Alone Anlagen zur Wärmeversorgung im Außenbereich müssen sich die Frage gefallen lassen, ob der Naturschutz und der Schutz des Außenbereiches vor Versiegelung nicht doch als schützenwerteres Gut anzusehen ist und somit im höheren Interesse stehen sollte.
Hier muss dann auch künftig geprüft werden, ob öffentliche Belange dem Vorhaben entgegenstehen.
Das ist meines Erachtens das, was wir bei der Energiewende nie aus den Augen verlieren dürfen, und was wir auch schon beim EWKG thematisiert haben: Die technische Energiewende allein löst unsere Probleme nicht. Wir dürfen diese nicht zu Lasten von Naturräumen umsetzen.
Die Energiewende ist eine globale Herausforderung, zu der unser Bundesland nur einen kleinen Beitrag leisten kann. Aber die Natur vor unserer Haustür, die schützt keiner, wenn wir es nicht tun. Und so mögen die strengen Regelungen für das Bauen im Außenbereich bürokratisch erscheinen und sie sind auch sicherlich anpassungsbedürftig, aber das muss immer mit Augenmaß geschehen und mit einem Blick für das, was der Paragraph schützen will:
den nicht versiegelten Raum, den Raum, den die Menschen noch nicht bebaut haben, den Raum, wo die Biodiversität sich entfalten kann, wo die Natur noch Natur sein darf.
Der SSW positioniert sich also klar für eine Privilegierung von Speicheranlagen im Zusammenhang mit Erzeugungsanlagen und Umspannwerken, aber alles, was darüber hinausgeht, verwässert den Schutz des Außenbereiches und sollte daher nicht leichtfertig genehmigt werden.