Rede · Jette Waldinger-Thiering · 26.08.2020 Eine Pflegekraft gehört in den Vorstand des UKSH

„Die Gewerkschaft forderte noch im Januar für das UKSH deutlich mehr Pflegepersonal; insgesamt über 400 neue Stellen. Das Klinikum wollte nicht einmal die Hälfte erfüllen. Man setzt wohl eher auf Arbeitsverdichtung und auf Imagekampagnen.“

Jette Waldinger-Thiering zu TOP 15+26 - Gesetz über die Hochschulen und das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Pflege am UKSH stärken (Drs. 19/2338 und 19/2280)

Corona hat vor allem eines deutlich gemacht: Damit Kranke gesunden können, bedarf es nicht nur einer guten Technik, sondern auch und gerade qualifizierten Personals. Beatmungsgeräte müssen nicht nur angeschaltet werden, sondern von ausgebildeten und versierten Pflegekräften rund um die Uhr überwacht werden. Inzwischen ist die Leistung der Pflegekräfte auch angekommen: Die Öffentlichkeit hat den Einsatz von Pflegekräften in der Krise beklatscht. Sogar der Bundestag hat sich zu diesem Zweck von den Sitzen erhoben. Die Landesregierung hat den Pflegekräften darüber hinaus eine Corona-Prämie zukommen lassen. Alles richtige Maßnahmen. Auch den Antrag der SPD-Fraktion zähle ich dazu, der sich ausdrücklich bei den Mitarbeitenden des UKSH bedanken möchte. 

Aber. Dauerhaft hat sich kaum etwas verbessert. Erstens. Die Arbeitsbedingungen in der Pflege sind nicht verbessert worden: es gibt weder bessere Schichtmodelle oder Arbeitszeitregelungen, noch eine Entlastung von pflegefremden Arbeiten für die Pflegekräfte usw.

Zweitens. Die Personalausstattung ist nicht dauerhaft und merklich aufgestockt worden. Wie denn auch, schließlich müssen qualifizierte Pflegekräfte erst über viele Jahre ausgebildet werden. Die Gewerkschaft forderte noch im Januar für das UKSH deutlich mehr Pflegepersonal; insgesamt über 400 neue Stellen. Das Klinikum wollte nicht einmal die Hälfte erfüllen. Man setzt wohl eher auf Arbeitsverdichtung und auf Imagekampagnen. 2019 warb das UKSH mit dem Slogan: „Pflege zeigt Charakter“.

Ich bin dagegen fest davon überzeugt, dass nur strukturelle Veränderungen die Situation nachhaltig verbessern. Dazu gehört die Vertretung der Pflegekräfte an der Spitze des UKSH.
Als der Pflegevorstand mitten in der Coronakrise das UKSH verlassen hat, hielten das Viele für einen weiteren Schritt, die Bedeutung der Pflege abzuwerten. Wenn die Pflege im Vorstand nicht gleichberechtigt die Interessen der Pflegekräfte vertreten kann, so die Sorge, kämen die Interessen höchstwahrscheinlich zu kurz. Ärztinnen und Ärztinnen könnten die Pflegekräfte jederzeit überstimmen.
Ich finde, dass wir diese Sorgen sehr ernst nehmen müssen. Die Pflegenden sollten keinen Anlass zum Misstrauen haben müssen. 
Leider sehe ich genau darin die Schwachstelle des Gesetzentwurfes, weil er die Pflege mit dem technischen Dienst zusammenfasst. Zugegebenermaßen bin ich parteiisch: die Pflege benötigt starke und selbstbewusste Fürsprecherinnen. Pflege ist im Krankenhaus kein Anhängsel oder ein untergeordneter Dienst, sondern das zweite Standbein neben der Diagnostik und Behandlung. Wenn ich lesen muss, dass Vorstand Prof. Scholz sich in der Zeitung zitieren lässt, dass der Pflegedienst das Schmieröl für ein Klinikum sei, schrillen bei mir die Alarmglocken. 

Ziel des Gesetzes muss es sein, die fachliche Ausrichtung auf die Pflege im Vorstand eindeutig in das Gesetz zu schreiben. Nur eine ausgebildete Pflegekraft im Vorstand kann glaubhaft eine Stimme für die Pflegenden sein und diese für die Zukunft repräsentieren.

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