Rede · Lars Harms · 15.12.2016 Die innere Vielfalt stärkt das Verfassungsgericht
Lars Harms zu TOP 10 + 11 - Gesetz über das Landesverfassungsgericht
„Keine Partei kann nach dem Regierungswechsel die Richter am Gericht nach Gusto einfach auswechseln. Und mit dieser Meinungsvielfalt sind wir in unseren Verfassungsgerichten immer gut gefahren. “
Das Landesverfassungsgericht leistet in Schleswig-Holstein ausgesprochen solide Arbeit und ist eine eingeführte und gut funktionierende Einrichtung. Das Landesverfassungsgericht entscheidet über die Auslegung der Verfassung aus Anlass von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten des Landtages oder der Landesregierung. Außerdem wird es angerufen bei Meinungsverschiedenheiten über die Vereinbarkeit von Landesrecht mit der Verfassung. In unserer Verfassung werden die Aufgaben des Gerichtes in Artikel 51 detailliert beschrieben, was die Bedeutung des Gerichtes gleichzeitig verdeutlicht und unterstreicht.
Die Entscheidung, ein eigenes Verfassungsgericht einzurichten, erweist sich im Nachhinein als vollkommen richtig. Dass man bis 2008 für verfassungsrechtliche Fragen den Weg nach Karlsruhe antreten musste, war der Lebendigkeit der Verfassung nicht dienlich. Inzwischen ist das Landesverfassungsgericht gut eingeführt und hat bereits zu vielen Sachfragen Stellung genommen. Nur so verstummte beispielsweise die Kritik an der Rückausnahme von der Fünf-Prozent-Regelung für den SSW. Erst das Urteil vom Verfassungsgericht hat die nötige Klarheit gebracht und diese Regelung nochmals – inzwischen zum dritten Mal - bestätigt. Die klaren Urteile des Schleswiger Richter sind inzwischen Teil unserer demokratischen Praxis.
Es ist eine Binsenweisheit, dass ein Gericht nur so gut sein kann wie dessen Richterinnen und Richter. Deren innere Freiheit ist dabei ein hohes Gut. Wir müssen alles daran setzen, dass das so bleibt. Die formale Unabhängigkeit ist dabei gefühlt auch abhängig vom Zeithorizont. Eine sechsjährige Amtszeit mit Wiederwahlmöglichkeit kann dabei als Problem wahrgenommen werden. Und schon dieses Gefühl kann dabei schwierig sein. Aus dieser Erkenntnis heraus schlagen wir analog zu den Erfahrungen am Bundesverfassungsgericht eine 12 jährige Amtsdauer vor. Das ist eine angemessene Zeitspanne, um die innere Unabhängigkeit des Richters bzw. der Richterin weiter zu stärken. Die Unabhängigkeit ist bei Richterinnen und Richtern grundlegend für ihre Tätigkeit. Wir sehen mit der zwölfjährigen Amtsdauer, die der Regelung für die Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts entspricht, eine angemessene Sicherung der Unabhängigkeit.
Die Fraktion der Piraten schlägt ein normales Bewerbungsverfahren vor und bezweifelt die Zweckmäßigkeit unseres Verfahrens. Wir haben es aber nicht mit einem normalen Betrieb zu tun. Es geht darum, dass ein Verfassungsgericht nach Möglichkeit auch die gesellschaftlichen Strömungen im Land einigermaßen widerspiegeln soll. Und dabei geht es dann auch darum, eine kontinuierliche Art der Rechtsprechung sicherzustellen. Und da ist eine Auswahl und eine Wahl der Verfassungsrichter durch das Parlament der richtige Weg. Erst durch den Kooperationszwang der Fraktionen wird verhindert, dass durch bestimmte Mehrheiten immer nur Richter der gleichen Observanz ins Verfassungsgericht gewählt werden. Das würde der Diskussionsvielfalt im Verfassungsgericht selber schaden und damit würden wir Gefahr laufen, dass nicht mehr alle Aspekte in den Verfahren Eingang finden würden. Die Fraktionen müssen Kompromisse machen und abwägen. Alleingänge sind auf diese Weise unmöglich. Keine Partei kann nach dem Regierungswechsel die Richter am Gericht nach Gusto einfach auswechseln. Und mit dieser Meinungsvielfalt sind wir in unseren Verfassungsgerichten immer gut gefahren. Diese innere Vielfalt des Verfassungsgerichts ist eine fundamentale Sicherung der verfassten Rechte unseres Landes. Darum halte ich sie für besonders wichtig und werbe für unseren Vorschlag.