Rede · Christian Dirschauer · 02.09.2022 Die Grundsteuerreform - ein Desaster mit Ansage
„Wir erwarten von der Landesregierung, dass die Umsetzung insgesamt – auf allen Ebenen und in jeglicher Hinsicht – optimiert wird. Es gilt nach wie vor die Ansage und das Versprechen, dass die Bürgerinnen und Bürger entlastet, nicht belastet werden sollen.“
Christian Dirschauer zu TOP 18, 28, 43 - Umsetzung der Grundsteuerreform (Drs. 20/115; 20/130; 20/159)
„Ein Kraftakt“ – so wird die Grundsteuerreform in quasi jeder Drucksache und Pressekonferenz beschrieben. Sie ist ohne Zweifel eine der aufwendigsten Steuerrechtsreformen der letzten Jahrzehnte. Dass ihre Umsetzung nun aber derart „suboptimal“ verläuft, kommt weder vollkommen aus dem Nichts noch vollkommen unverschuldet. Es ist ein Desaster mit Ansage, das muss man leider so feststellen.
Weder die Bürgerinnen und Bürger noch die Beschäftigten in den Finanzbehörden können jedoch etwas dafür. Sie geben sich ja wirklich alle die größte Mühe, mit dem zu arbeiten, was sie haben. Und genau da haben wir ja das Problem:
Wie kann es sein, dass Hausbesitzer Daten immer noch mühsam in ihren Unterlagen heraussuchen und eintragen müssen, die den Finanzämtern oder anderen Behörden längst bekannt sind, aber leider womöglich irgendwo in Papierform im untersten Aktenschrank hinterlegt sind? Warum funktionieren die Dateneingabe und der Austausch der beteiligten Behörden untereinander nicht automatisch, damit für den einfachen Bürger möglichst wenig Arbeit anfällt? Genau dafür zahlt der Bürger doch Steuern, damit ein Bürgerservice bereitgestellt werden kann. Darüber hinaus bieten die Telefon-Hotlines zu wenige Beratungszeitfenster an, der Online-Formular-Assistent stiftet teilweise mehr Verwirrung, als dass er durch die Erklärung leitet, das ELSTER-Portal ist am Anfang ja gleich ganz zusammengebrochen und die Abgabe in Papierform muss gerade für die ältere Generation zwingend auch ermöglicht werden. Und angesichts all dieser Pannen und Holprigkeiten steht bislang aber nach wie vor Ende Oktober als Frist im Gesetz. Das kann doch nichts werden, wenn man sich anschaut, dass sich bislang lediglich rund 13 Prozent der betroffenen Menschen in Schleswig-Holstein tapfer durch die Erklärung gekämpft haben; Platz 3 im Bundesländervergleich hin oder her. Hier muss also direkt an mehreren entscheidenden Stellschrauben massiv nachgebessert werden.
Die Anträge von FDP und SPD benennen diese und sind in ihren Wortlauten ja auf die Zwischenstandmeldungen im Finanzausschuss sowie die Presseberichterstattung zurückzuführen. Der schwarz-grüne Antrag hingegen verweist auf den Bund und versucht, diesem die Verantwortung zuzuschieben – es ginge schließlich um das Bundesmodell, für das der Bund eine bürgerfreundliche Handhabung gewährleisten müsse. Da muss ich aber sagen: Es hätte ja gerade nicht das Bundesmodell sein müssen! Wir hätten ja durchaus ein einfacheres und gerechteres Landesmodell entwickeln oder uns einem anderen Modell anschließen können, aber die damalige Landesregierung – und insbesondere die alte und neue Finanzministerin – hat ja auf dem Bundesmodell bestanden. Hier jetzt also mit dem Finger nach Berlin zu zeigen, ist dann doch ein bisschen schnippisch und einfach. Wir erwarten von der Landesregierung, dass die Umsetzung insgesamt – auf allen Ebenen und in jeglicher Hinsicht – optimiert wird. Die Bürgerinnen und Bürger dürfen hier nicht alleine gelassen werden. Es gilt nach wie vor die Ansage und das Versprechen, dass die Bürgerinnen und Bürger entlastet, nicht belastet werden sollen. Dafür braucht es mehr Hilfestellung. Und mehr Zeit. Daher ist eine Fristverlängerung, wie sie ja auch schon im Gespräch ist, absolut angezeigt. Zudem müssen natürlich die Telefonberatungstermine ausgeweitet, das Online-Formular vereinfacht und persönliche Einreichungen ermöglicht werden.
Und natürlich muss weiterhin sichergestellt werden, dass es wirklich bei dem formulierten Ziel der „aufkommensneutralen Reform“ bleibt. Ein möglichst gerechtes und transparentes Berechnungssystem, faire neue Hebesätze und ein entsprechendes Transparenzregister, in dem das Grundsteueraufkommen der Kommunen und die dafür notwendigen Hebesätze aufgeführt werden, der Ausbau der Digitalisierung und die Verknüpfung der Behörden untereinander – wir haben unsere Vorschläge und Ergänzungen ja bereits mehrfach erläutert. Aber auch diese Rede kann ich wie die letzte zu diesem Thema schließen: Das letzte Wort ist hier bis zur planmäßigen Anwendung ab 2025 bestimmt noch nicht gesprochen.