Rede · 26.04.2018 Das ist wie bei einem sehr schlechten Handyvertrag

Flemming Meyer zu TOP 13 - Konzeption für ein landesweites Semesterticket

Über die Saure-Gurken-Osterzeit konnten wir diverse Jubel-Mitteilungen der Regierungskoalition lesen. 

„Das Semesterticket kommt! Für 99 Euro durch GANZ Schleswig-Holstein und Hamburg!“, frohlockten Grüne, FDP und CDU. 

Das Ganze wurde dann unter Schlagwörter gesetzt wie „Denken wir neu“ oder „Kiel begrünen“ oder „Angepackt“ und für den Kommunalwahlkampf genutzt, während alle drei Parteien verlauten ließen, sie seien diejenigen, die maßgeblich zum Erfolg des Vorhabens beigetragen hätten. 

Die Junge Union klopfte sich auf die Schulter, denn sie sei es gewesen, die die Forderung in den Koalitionsvertrag gebracht. Die FDP dankte hochlobend ihrem Minister. Und von grüner Seite hörte man, sie seien diejenigen, die schon seit Jahren für das Ticket kämpfen würden.  

Und dann, nach und nach, stellte sich heraus, dass die Marketingmaschine vielleicht etwas vorschnell in Gang gesetzt worden war und die Situation gar nicht so rosig war, wie Jamaika es sich wünscht. 

Weil überhaupt nicht klar ist, ob das Semesterticket tatsächlich kommt, da man erst die Voten der Studierenden abwarten muss. 

Weil die Landes-Asten-Konferenz gelinde gesagt überrascht reagierten, da es ja bereits seit zweieinhalb Jahren ein Verhandlungsteam von Studierenden und NAH.SH zu eben diesem Vorhaben gibt. 

Weil die Idee nun wirklich keine neue ist, da sich schon die Küstenkoalition klar zu einem möglichen Semesterticket bekannt hat. 

Und weil das Ticket, wenn es denn kommt, deutlich teurer werden wird als angekündigt. Nach einem Jahr steigt der Preis schon auf 119 Euro pro Semester. Und gemessen an den Realfahrten kann es auch danach noch weitere Kostensteigerungen geben. Das ist wie bei einem sehr schlechten Handyvertrag.

Eigentlich ist es so, dass auch wir vom SSW das Vorhaben eines Semestertickets unterstützen. Wir haben immer wieder betont, dass wir die zusätzlichen Mehreinnahmen, die wir durch die Regionalisierungsmittel zur Verfügung haben, anteilig in solche Maßnahmen stecken wollen. Völlig klar. Aber zu den im Vorfeld präsentierten Konditionen fällt uns die Zustimmung zu schwer. 

Wir sind mit dem Vorstoß der Regierungskoalition einfach nicht zufrieden. Er reicht uns nicht. 

Wir wollen, dass unsere Studierenden im Norden nicht vergessen werden. Schließlich haben wir noch unsere grenzüberscheitenden Studiengänge an der Europa-Universität-Flensburg, wo unsere Studierenden nicht nur über Stadt- sondern über Landesgrenzen nach Sønderborg pendeln. Ein besonderes Merkmal des Grenzlandes, das, so scheint es, hier überhaupt nicht berücksichtigt wird. 

Wenn Sie ein Semesterticket für alle Studierenden in Schleswig-Holstein einführen wollen, dürfen Sie eben nicht nur an den Süden denken, sondern auch an den Norden.

Bildung muss umsonst sein. Und der Weg dorthin gehört dazu. 

Wir sehen den dringendsten Bedarf bei Schülerinnen und Schülern und Auszubildenden.

Auszubildende müssen oftmals unter schwierigen finanziellen Voraussetzungen zwischen ihrem Wohnort, ihrer Schule und der Ausbildungsstätte pendeln. Mit Pech kommt noch eine weiter entfernte Arbeitsstelle dazu. 

Und es ist erst wenige Monate her, da wurden wir hier zurechtgewiesen, für die Beförderung von 100 Dithmarscher Kindern zu ihrer Schule in Tönning könne das Land trotz gesetzlich verankerter freier Schulwahl nicht aufkommen. Dabei hätten die Eltern eine finanzielle Entlastung wirklich gebrauchen können. 

Wir haben in vorherigen Gesprächen immer offen gesagt, dass wir uns ein groß angelegtes Konzept für den gesamten Bildungsbereich wünschen. Aber statt einer reinen studentischen Klientelpolitik wünschen wir uns eben Vergünstigungen nicht nur für den Weg zur Uni, sondern auch zur Schule und Ausbildung.

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