Rede · 13.12.2006 Bericht über die finanziellen Auswirkungen der Schulstrukturreform für Land und Kommunen

Gleich zu Jahresbeginn werden wir über eines der größten Reformvorhaben der Landesregierung diskutieren: das neue Schulgesetz. Die Reform ist so umfassend, dass niemand mit gutem Gewissen eine detaillierte Vorhersage machen kann, wie sich alles entwickeln wird. Darum ist der Bildungsausschuss aufgerufen, den Prozess in den nächsten Monaten sehr sorgfältig zu beobachten.

Die Anhörung zum Schulgesetz hat mir gezeigt, dass Eltern, Schüler und Lehrer mit großem Ernst, sehr viel Sachverstand und auch viel Herzblut das neue Schulgesetz diskutieren. Da ist eine ganze Menge Lobby dabei, die aus Bestandgründen für die Beibehaltung alter Strukturen plädiert. Wir haben aber auch viele interessante Einblicke in den Schulalltag erhalten. Der SSW begreift die neue Reform als eine Chance für eine spannende Schulentwicklung und als ein Sprungbrett, um neue Erkenntnisse in den nächsten Jahren in die Tat umzusetzen. Frontalunterricht, frühe Auswahl und viele Sitzenbleiber sind drei große Probleme in unseren Schulen, die wir schleunigst lösen müssen.
Der SSW hätte sich deutlichere Strukturentscheidungen zugunsten der Gemeinschaftsschule gewünscht. Andererseits möchte ich auch nicht verschweigen, dass es sich viel mehr bewegt hat, als viele Kritiker vorher dachten. Kaum jemand hätte vor der Landtagswahl überhaupt darauf gesetzt, dass es in einer CDU-geführten Koalition zu Gemeinschaftsschulen kommen wird. Ohne Frage ist der Kompromiss trotzdem an vielen Stellen nicht optimal ausgefallen.
Ich möchte an dieser Stelle keineswegs die Debatte um das neue Schulgesetz eröffnen. Wir werden darüber noch ausgiebig in der Januarsitzung streiten.

Der Antrag der FDP-Fraktion fordert eine Offenlegung der Auswirkungen der Schulreform auf die Kommunen. Viele von ihnen fühlen sich zu wenig beteiligt. Ich hoffe sehr, dass die Kommunen als Schulträger die Handlungsspielräume, die ihnen das neue Schulgesetz einräumt, nutzen werden. Sie können flexibel auf die vor Ort vorliegenden Gegebenheiten reagieren. Das neue Schulgesetz will ja gerade nicht von Kiel aus neue Strukturen verordnen, sondern die Schulträger ermächtigen, selbst die besten Lösungen zu finden. Pferdefuß dieser Entscheidungsfreiheit ist es, dass niemand die Kosten abschätzen kann. Niemand hat genaue Zahlen.

Ich bezweifle stark, dass wir durch den vorliegenden Antrag schlauer werden. Die Fragen nach dem Personalbedarf, die das Land entscheidet, sind zentrale Parameter für die Kommunen, die für den Schulbau zuständig sind. Der Sanierungsstau an vielen Schulen bleibt nach wie vor ein drängendes Problem, vor dem wir nicht die Augen schließen dürfen. Aber auch morgen nach der Haushaltsdebatte werden nicht alle Zahlen auf dem Tisch liegen. Die Standorte sind noch nicht festgelegt und die Schultypen, ob Regionalschule oder Gemeinschaftsschule, liegen auch noch nicht fest.

Umso mehr kommt es darauf an, dass wir genau beobachten, wie die Entwicklung verläuft und die Instrumente im Auge behalten. Dass Gymnasien weitgehend von der Schulentwicklung ausgespart bleiben, ist so ein Punkt, dessen Auswirkungen der SSW in den nächsten Monaten kritisch beobachten wird.  Durch den Erhalt des Gymnasiums mit der faktischen Abschaffung des Kurssystems und dem Zentralabitur macht dieser Schultyp sogar Rückschritte, während sich die neuen Schultypen, die Gemeinschaftsschule vorweg, für neue Entwicklungen öffnen.

Die FDP richtet ihre Fragen auf Gemeinschaft- und Regionalschulen. Dabei gilt ihre Sorge wohl eher die Zukunft der Realschulen im Lande – sprich: der neuen Regionalschulen. Werden sie unattraktiv durch unübersichtliche Gliederung, lange Wege und unterfinanzierte Personalstruktur, werden sie zwangsläufig zu Restschulen. Die Flucht ins Gymnasium ist  somit vorprogrammiert. Bereits in den aktuellen Schülerzahlen zeichnet sich ab, dass die Anmeldungen bei den 101 Gymnasien und den 25 Gesamtschulen steigen, während sie bei Realschulen und Hauptschulen sinken.
Dennoch möchte ich noch einmal betonen, dass der vorgelegte Fragenkatalog diese Strukturentscheidungen gar nicht thematisiert. Er ist nicht hilfreich und gibt der Debatte um neue Strukturen eine ärgerliche Schlagseite.

Daher noch mal die grundlegende Position des SSW: Wer auf sinkende Schülerzahlen lediglich mit Zusammenlegungen reagiert und dabei eine ganze Schulart außen vor lässt – das Gymnasium nämlich - vertut die Chance auf einen wirklichen Neuanfang.

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