Speech · Christian Dirschauer · 10.12.2020 Wir brauchen die absolut bestmögliche Version der Corona-App

„Die einzige bundesweite Waffe gegen das Virus muss endlich störungsfrei funktionieren und zügig ausgebaut werden.“

Christian Dirschauer zu TOP 30 - Die Corona-App jetzt weiterentwickeln (Drs. 19/2628)

In einer Reihe dicht beieinander stehender Dominosteine kann man das Umfallen nur stoppen, wenn man einen oder zwei Steine aus der Reihe entfernt. Bei einer Epidemie ist das genauso: nur werden keine Steine, sondern Infizierte und potenziell Infizierte aus dem Spiel genommen, indem sie in Quarantäne gehen. Das begreift eigentlich jedes Kind. Tatsache ist aber, dass viele Menschen nicht mehr wissen, wen sie alles vor sieben Tagen gesehen haben; wer also in Quarantäne gehört. Die Kontaktnachverfolgung durch das Gesundheitsamt nach einer Corona-Infektion kann nur so gut sein, wie die Daten, die das Amt bekommt. 

Genau dabei sollte die Corona-App helfen. Sie tut es aber nicht. Sie ist in diesem Punkt unzureichend. Das mag an der schnellen Entwicklung liegen oder an den hohen Vorgaben des Datenschutzes. Das interessiert mich aber überhaupt nicht. Die Kurve können wir nur drücken, wenn sich weniger Menschen anstecken als das jetzt der Fall ist. Und dazu benötigen wir auch eine bessere Corona-App.

Im Frühjahr luden Millionen die App herunter. Schon damals zeigten sich Schwächen. Immer wieder musste sie auf einigen Geräten manuell geladen werden, hängte sich auf oder zeigte merkwürdige Fehlermeldungen. Die Kinderkrankheiten scheinen überstanden, aber immer noch meldeten im November viele User unerklärliche Abstürze der App. Darum gab es zuletzt am 26. November ein Update. Immer noch gibt es nicht die Möglichkeit, mehr als einen QR-Code pro App zu generieren. Wer schon einmal nach einem Test einen Code bekommen hat, bekommt beim zweiten Mal eine Fehlermeldung. Zwei- oder mehrmals Testen sieht die App nämlich nicht vor. Das muss schleunigst geändert werden.

Auch die Gründe dafür interessieren mich nicht. Die einzige bundesweite Waffe gegen das Virus, und das ist nun einmal die App, muss endlich störungsfrei funktionieren und zügig ausgebaut werden. Immer noch entziffern die Zuständigen im Gesundheitsamt handschriftliche Listen, die unter anderem Kirchengemeinden nach den Gottesdiensten führen oder Altenheime. Schon deswegen sind elektronische Kontakttagebücher so wichtig. Der Virologe Christian Drosten hatte schon im Oktober auf dieses effektive Hilfsmittel hingewiesen. Passiert ist aber seitens derjenigen, die für die Corona-Warn-App zuständig sind: nichts. Deswegen gibt es inzwischen eine Handvoll neuer Apps aus Privathand, die in den jeweiligen Stores diese Lücke füllen wollen. Das kann doch nicht wahr sein, dass die deutsche Corona-Warn-App das nicht hinbekommt. 

Der SSW unterstützt in diesem Punkt die Initiative der regierungstragenden Fraktionen voll und ganz. Die Corona-Warn-App muss unverzüglich um ein Kontakttagebuch erweitert werden. Wir schlagen darüber hinaus vor, dass die Corona-App das Infektionsgeschehen in den Schlachthöfen berücksichtigen sollte. Neben den Sprachen Arabisch, Französisch und Russisch, muss die App darum auch in Rumänisch und Bulgarisch verfügbar sein. Viele Leiharbeiter und Leiharbeiterinnen in den Schlachthöfen kommen aus Bulgarien und Rumänien. In dieser Berufsgruppe hatten wir bereits große Infektionszahlen. Darum ist der Einsatz der App hier besonders wichtig.

Wichtig bleibt auch, dass wir den Menschen auch fortlaufend erklären, wie die App zu bedienen ist und diese nutzerfreundlich weiterentwickelt wird. Denn die Technik ist eben immer nur so gut, wie der Mensch, der sie bedient.

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