Rede · Christian Dirschauer · 20.06.2024 Verbote allein sind keine Lösung

„Klar ist und da sind wir uns hoffentlich alle einig, dass Minderjährige geschützt und aufgeklärt werden müssen. Um das garantieren zu können reicht ein einfaches Verbot aber nicht. Eine Vertiefung der Debatte und der Austausch mit Fachleuten ist jetzt der richtige Schritt, um schlussendlich die richtigen Maßnahmen in die Wege zu leiten.“

Christian Dirschauer zu TOP 21 - Verkaufsverbot von Lachgas an Jugendliche (Drs. 20/2222)

Kaum wurde die Debatte um die Legalisierung von Cannabis beendet, redet ganz Deutschland von der nächsten Droge. Dieses Mal geht es um Distickstoffmonoxid, umgangssprachlich auch Lachgas genannt. Ein niedlicher Name, hinter dem aber so einiges steckt. Denn seit einiger Zeit wird Lachgas nicht nur für Sprühsahne oder als Betäubungsmittel genutzt, sondern auch als Droge zweckentfremdet.

Die Konsumierenden kaufen das Gas in einem Sahnespender, in einem Luftballon oder direkt in einem Zylinder. Oft ganz einfach im Supermarkt, am Kiosk oder Online. Durch das Einatmen erleben die meisten ein kurz anhaltendes Gefühl von Entspannung, Wärme und Euphorie. 
Jedoch nicht alle Konsumentinnen und Konsumenten erleben beim Konsum diese Art von „Rausch ohne Reue“, wie er von jungen Menschen gerne genannt wird. Es kann nämlich auch beim Konsum von Lachgas zu schwerwiegenden Symptomen beziehungsweise Nachwirkungen wie neurologischen Schäden und Atemnot kommen. Auch die Psyche spielt in diesem Zusammenhang eine Rolle, da Expertinnen und Experten vor einem erhöhten Risiko einer psychischen Abhängigkeit warnen.

Genau aus diesem Grund haben schon mehrere europäische Staaten wie die Niederlande oder auch Dänemark den Verkauf und Besitz von Lachgas verboten. Und auch der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbauch kündigte schon Maßnahmen gegen das Gas an.

Klar ist, Lachgas wird bereits seit 250 Jahren zweckentfremdet und als Droge konsumiert, seit einigen Jahren gewinnt sie nun wieder besonders bei jungen Menschen an Beliebtheit. Und natürlich ist es gar keine Frage, dass wir besonders Minderjährige vor Drogenkonsum und dessen Folgen schützen müssen. Bei dieser Diskussion frage ich mich allerdings, ob ein Verbot bzw. eine Beschränkung der Handelsmenge wirklich den erwünschten Effekt haben würde.

Es ist wichtig zu verstehen, dass wir hier nicht von einer „typischen“ Droge reden, die für den Konsum und den Rausch hergestellt wird. Wir reden von Distickstoffmonoxid, was in großen Mengen in der Industrie, im medizinischen Bereich, in allerlei Sprühdosen und sogar im Motorsport verwendet wird. 
Also ein Gut, dass in vielerlei Hinsicht seinen Platz in verschiedenen Bereichen unserer Gesellschaft hat.

Es ist deshalb notwendig, beide Seiten in Betracht zu ziehen. Sowohl die Seite, in der es um den Gesundheitsschutz geht als auch die Seite, in der es um das Gut Distickstoffmonoxid geht. Bevor wir Lachgas direkt verbieten, würde ich diese Debatte sehr gerne im Ausschuss weiterführen. Denn welchen Effekt würde eine Begrenzung der Handelsmenge auf die betroffenen Branchen haben? Und was würde passieren, wenn Lachgas als nächster Schritt als Betäubungsmittel eingestuft wird oder sogar komplett verboten wird, wie in England? Hier gibt es mehrere Faktoren zu beachten, eben auf Grund der vielfachen Verbreitung in ganz verschiedenen Bereichen der Wirtschaft.

Zudem spielt in diesem Zusammenhang natürlich auch das Thema Prävention eine Rolle. 
Die Verharmlosung des Konsums durch Tik-Tok-Challenges tragen eben nicht dazu bei, dass einem die Risiken des Konsums bewusst werden. Wenn junge Menschen jedoch aufgeklärt werden, dass auch ein vermeintlicher ‚Rausch ohne Reue‘ schwerwiegende Folgen haben kann und es sich hierbei um keinen harmlosen Konsum handelt, dann ist schon ein ganz wichtiger Schritt gegen die steigenden Zahlen getan. Aber um aufzuklären und präventiv handeln zu können, brauchen wir Zahlen und Informationen über den Konsum, damit wir junge Menschen abholen und wissen, welcher präventive Ansatz der richtige ist.

Die Wahrheit ist: zum aktuellen Stand wissen wir noch sehr wenig über die Anzahl der Konsumierenden, Langzeitfolgen und auch mögliche Folgen für betroffene Branchen. Klar ist und da sind wir uns hoffentlich alle einig, dass Minderjährige geschützt und aufgeklärt werden müssen. Um das garantieren zu können reicht ein einfaches Verbot aber nicht. Eine Vertiefung der Debatte und der Austausch mit Fachleuten ist jetzt der richtige Schritt, um schlussendlich die richtigen Maßnahmen in die Wege zu leiten.

 

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