Speech · Lars Harms · 12.12.2024 Schlingerkurs statt Transparenz
"Wir wollen, dass fortan die Zuweisungen zur Förderung von Tierheimen, die Finanzausgleichsmasse für die Zuweisungen zur Förderung von Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen und die Zuweisungen für kommunale Schwimmsportstätten jeweils festgeschrieben werden, um sie dann jährlich um 2,5% im Vergleich zum Vorjahreszuschuss zu erhöhen."
Lars Harms zu TOP 5 - Gesetz zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes und zur Gemeindeordnung (Drs. 20/2528, 20/2599 (neu), 20/2727)
"Wir wollen, dass fortan die Zuweisungen zur Förderung von Tierheimen, die Finanzausgleichsmasse für die Zuweisungen zur Förderung von Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen und die Zuweisungen für kommunale Schwimmsportstätten jeweils festgeschrieben werden, um sie dann jährlich um 2,5% im Vergleich zum Vorjahreszuschuss zu erhöhen."
Finanzausgleichsgesetze und Gemeindeordnungen lassen die Leute normalerweise nicht aufhorchen. Aber man merkt es in finanzpolitischen Debatten immer wieder:
Was sich erstmal dröge anhört, ist es nicht.
Ich möchte einmal das Feld von hinten aufrollen und ganz grundlegend damit anfangen, kurz zu erklären, worum es sich beim Finanzausgleichsgesetz und der Gemeindeordnung handelt.
In der letzten Debatte hierzu sind wir ja alle direkt ziemlich in die Details gegangen.
Aber nicht jeder, der hier zuhört, ist gesondert finanz- oder haushaltspolitisch vorgebildet und kann das auch gar nicht sein.
Wir diskutieren über den sogenannten kommunalen Finanzausgleich.
Grundsätzlich ist es so:
Der kommunale Finanzausgleich ist in unserer Landesverfassung festgeschrieben und wird durch unser Innenministerium umgesetzt.
Das Land gibt in diesem Ablauf einen Teil seiner Steuereinnahmen an die Kommunen weiter.
Und das macht es nicht etwa aus Barmherzigkeit, sondern einfach, weil unsere Kommunen durch einen gerechten Anteil an den Steuereinnahmen in die Lage versetzt werden müssen, die ihnen aufgetragenen Verpflichtungen oder auch andere Aufgaben erfüllen zu können.
Den Betrag, der auf die Kreise und Gemeinden dann wiederum verteilt wird, nennt man „Finanzausgleichsmasse“. Und diese wiederum ist in zwei Teile aufgeteilt.
Der eine Teil wird für die sogenannten Vorwegabzüge genutzt, also Mittel für feste Beträge festgeschriebener Aufgaben der Kommunen. Das sind ganz unterschiedliche Aufgaben. Der öffentliche Personennahverkehr etwa, oder Mittel für Integration und Teilhabe, das Büchereiwesen oder Theater und Orchester, und, und, und.
Der zweite Teil, also das, was dann noch übriggeblieben ist, wird nach einem bestimmten Schlüssel an alle Kreise und Gemeinden verteilt, deswegen spricht man da von Schlüsselzuweisungen.
Rechtlich ist es so, dass man das Finanzausgleichsgesetz und die Gemeindeordnung ändern muss, wenn man irgendetwas verändern möchte.
Genau das tun die FDP und wir mit unserem Antrag.
Wir wollen an den ersten Teil des kommunalen Finanzausgleichs ran, an den Vorwegabzug.
Und zwar für die folgenden Bereiche:
Wir wollen, dass fortan die Zuweisungen zur Förderung von Tierheimen, die Finanzausgleichsmasse für die Zuweisungen zur Förderung von Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen und die Zuweisungen für kommunale Schwimmsportstätten jeweils festgeschrieben werden, um sie dann jährlich um 2,5% im Vergleich zum Vorjahreszuschuss zu erhöhen. Das würde dann eine automatische Dynamisierung der Erhöhung der Mittel bedeuten.
Eine Änderung des Finanzausgleichs und der Gemeindeordnung, wie wir sie hier vorschlagen, würde also zu ganz konkreten und merkbaren Absicherungen für die Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen in Schleswig-Holstein führen, den Tierheimen die Arbeitsabläufe erleichtern und die Schwimmsportstätten deutlich besser finanziell ausstatten.
Zu den Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen möchte ich gerne noch einmal etwas klarstellen. Wir haben uns in Deutschland dazu verpflichtet, die Istanbul-Konvention umzusetzen. Das dürfen keine leeren Worte sein, sondern alle politischen Ebenen müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um Frauen und Mädchen vor Gewalt zu schützen. Wir arbeiten hier in Schleswig-Holstein, man merkt es in den Debatten eigentlich immer wieder, recht gut zusammen. Es gibt eine Vielzahl fraktionsübergreifender Anträge, oftmals gemeinsam beschlossen und zumindest wir als SSW haben das ja auch schon oft sehr wohlwollend so anerkannt. Aber der Abgeordnete Brandt hat es ja auch in der letzten Debatte zum Thema im Oktober selbst gesagt: „Eine bedarfsgerechte Anpassung des Vorwegabzugs steht allerdings noch aus.“
Nun, sie steht immer noch aus. Wir finden, das muss sich endlich ändern.
Es ist die Aufgabe des Staates, Frauen und Mädchen vor Gewalt zu schützen. Und es ist die Aufgabe des Staates, eben dieses auch zu finanzieren. Die Mittel müssen aufgestockt werden.
Wir fordern: 11 Millionen Euro im Jahr 2025 festschreiben und ab dem Jahr 2026 eine Erhöhung des jeweiligen Vorjahresbetrag jährlich um 2,5 %.
Bei den Tierheimen haben wie eine andere Problematik vorliegen.
Es gibt hier zwei Stichworte: Das Abwenden von Kürzungen und Entbürokratisierung. Jeder, der schon mal einen Fuß in ein Tierheim gesetzt hat weiß, dass die Tierheime Nähten platzen und die Menschen, die dort in welcher Form auch immer tätig sind vor Arbeitsbelastung einfach nur noch ächzen. Ganz enorm ausschlaggebend für diese Arbeitsbelastung ist der vollkommen unverhältnismäßige Zeitaufwand, den die zum großen Teil ehrenamtlich tätigen Menschen aufbringen müssen, um Verträge aufzusetzen, um Zuschüsse aus den benachbarten Kommunen zu beantragen, ohne die es aber nun mal nicht geht.
Die Tierheime brauchen dringend mehr Unterstützung und was ist stattdessen passiert? Im Haushaltsentwurf für das nächste Jahr hat die Landesregierung die Unterstützung für die Tierheime von 550.000 Euro auf null gesetzt.
Wir fordern daher: Förderung von Tierheimen endlich in den Kommunalen Finanzausgleich aufnehmen! Unsere Tierheime brauchen Planungssicherheit.
Darüber hinaus brauchen sie dringend Arbeitsentlastungen. Eine Mittelverteilung über den kommunalen Finanzausgleich würde die Tierheime von den umfassenden Vertragsverhandlungen mit den Kommunen befreien und so augenblicklich für Entlastungen sorgen.
Zu einem weiteren Hauptpunkt des Änderungsantrags, den Schwimmsportstätten, halte ich mich zurück, denn die Abgeordnete Krämer hat bereits alles gesagt, was zu sagen ist.
Lieber möchte ich abschließend darauf eingehen, warum wir uns bei dem Vorschlag der Regierungskoalition enthalten werden und unseren Antrag noch relativ kurzfristig abgeändert haben.
Der Vorschlag von Schwarz-Grün hat bei uns als SSW ein ziemlich durchwachsenes Feedback erhalten. Sie setzen hier ja eine Vielzahl von kleineren und größeren Änderungen um.
Sie erhöhen den Vorwegabzug für Aufnahme und Integration um 2 Millionen Euro auf insgesamt 13 Millionen Euro. In der Wärmeplanung wollen Sie den Kommunen und ihren Unternehmen über eine Änderung in der Gemeindeordnung fortan erlauben, im Leitungs- und Trassenbau tätig zu werden dürfen.
Das sind Punkte, die wir gut unterstützen können.
Alles jedoch, was den Städtebau betrifft, hat dermaßen für Verwirrung gesorgt, dass es bis heute schwer ist, mit Sicherheit zu sagen, warum genau es jetzt wie genau kommt.
Die bisherige Drittel-Finanzierung des Städtebaus von Bund, Land und Kommunen wurde in einem Haushaltsprüfungsverfahren einseitig vom Land aufgekündigt. In fast allen Kommunen des Landes schrillten daraufhin die Alarmglocken. Die Berichterstattung über Bauvorhaben in Kommunen, die nun zu scheitern drohten, überschlugen sich Woche für Woche. Ob aus Kiel, aus Bad Segeberg, aus Eckernförde oder Lübeck, oder, oder, oder. Aus zig Kommunen erreichten uns Nachrichten, dass von langer Hand geplante Bauvorhaben nicht mehr umgesetzt werden könnten.
20 Millionen Euro, so hieß es zu Beginn, würden den Kommunen nun für ihre Bauvorhaben fehlen. Und das in einer Lage, in der noch nicht einmal der Bundeshaushalt für 2025 steht.
Das war schon ein merkwürdiges Verfahren. Nach massivem Protest der Kommunen kommen Sie nun mit einer Scheinlösung daher. Die Mittel sollen nun aus dem Kommunalen Finanzausgleich entnommen werden, also einem Topf, der ohnehin für die Kommunen bestimmt ist. Aber was das nun für jede einzelne Kommune bedeutet, welche Summen da am Ende fehlen, weiß meinem Kenntnisstand nach immer noch kaum jemand.
Und das, wobei die neue Finanzministerin des Landes doch immer wieder betont, für Transparenz sorgen zu wollen. Liebe Landesregierung, dieser Schlingerkurs ist nun wirklich das Gegenteil von Transparenz. Sie müssen hier jetzt ganz dringend für Klarheit sorgen.