Rede · Sybilla Nitsch · 14.12.2023 Keine LKW-Maut auf Landesstraßen

„Dass in diesen Zeiten ein solcher Vorstoß kommt, mag verlockend sein, weil Geld für die Schiene hermuss. Aber im Ernst: Das wäre ein Werbeprogramm für die Abwicklung unserer Wirtschaftskraft im ländlichen Raum.“

Sybilla Nitsch zu TOP 21 - Keine LKW-Maut auf Landesstraßen (Drs.20/1635)

Es ist sicherlich der kürzeste Antrag, über den ich mit meiner Fraktion am längsten beraten habe. Es sind nur 15 Worte, die hier von den Kolleginnen und Kollegen der FDP-Fraktion eingereicht wurden. Ein Satz, der doch nicht ganz so einfach politisch einzuordnen ist, jedenfalls nicht für uns. Es ist daher sicherlich sinnvoll, einmal kurz auf die Ausgangsposition einzugehen. 
Im Jahr 2005 wurde die LKW-Maut nach der Entscheidung der damaligen Bundesregierung auf deutschen Autobahnen eingeführt. Das war schon ein großer Paradigmenwechsel, da die Bundesrepublik, im Unterschied zu vielen anderen EU-Ländern, lange ohne Gebührennutzung für Straßen gefahren ist. Vieles ist in diesen Jahren schief gegangen, so richtig schief. Es ist kein Geheimnis, dass wir als SSW die Ansichten einer anderen Regionalpartei in Deutschland so überhaupt nicht teilen. Aber darum soll es hier nun nicht weiter gehen, sondern darum, was in Berlin und zum Teil auch in Brüssel beschlossen wurde. 
Im Vertrag, den die regierungstragenden Fraktionen in Berlin beschlossen haben steht: „Wir werden 2023 eine CO2-Differenzierung der Lkw-Maut vornehmen, den gewerblichen Güterkraftverkehr ab 3,5 Tonnen einbeziehen und einen CO2-Zuschlag einführen, unter der Bedingung, eine Doppelbelastung durch den CO2-Preis auszuschließen. Wir werden die Mehreinnahmen für Mobilität einsetzen“.  Konkret bedeutet das, dass die Maut künftig auch für kleinere Transportfahrzeuge gelten soll, sowie eine Veränderung bei der Nutzung der Einnahmen. Die Maut soll künftig also für Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen gelten, statt wie bisher ab 7,5 Tonnen. Zudem soll auch eine CO2-Differenzierung in den Mautsätzen eingeführt werden, dies beruht auf einer Vorgabe der EU. Neu ist zudem, dass die Einnahmen nicht mehr nur für die Fernstraßen genutzt werden, sondern auch für die Schiene sowie Luftverschmutzung und Lärmbelästigung, um nur einige Beispiele zu nennen. Auch das sieht die EU-Richtlinie vor, zumindest für die beiden letzten genannten Punkte. Das ist also die Ausgangslage. 
Hinzu kommt und ich vermute einmal, darauf beruht auch der vorliegende Dringlichkeitsantrag, die Positionierung eines Regierungspartners unserer Landesregierung, man möge doch die LKW-Maut auch auf Landesstraßen ausweiten. Womit wir beim eigentlichen Thema wären. Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, ob dies so eine gute Idee wäre. Jubelrufe habe ich in meiner Fraktion jedenfalls nicht vernommen. Eher viele fragende Gesichter. Woher kommt denn jetzt die Panik, die Landesstraßen würden nun überlastet werden mit Unmengen an Ausweichverkehr? Wir reden hier von Wirtschaftsverkehr, das bedeutet: Zeit ist Geld. Für einen Weg von Kopenhagen nach Istanbul wird wohl kaum ein Unternehmen die Landstraße wählen. Ähnliches gilt für eine Fahrt von Flensburg nach Norderstedt. Auch nicht, wenn die Fahrzeuge kleiner sind. Dieses Argument kann ich einfach nicht nachvollziehen. Dann müsste man ja auch noch den Verwaltungsaufwand beziehungsweise den Etablierungsaufwand in Betracht ziehen. Mautzähler an allen Landesstraßen, zusätzliche Beschilderung sowie Überprüfungen durch die Behörden. All das muss stehen, bevor überhaupt der erste Euro abgebucht werden kann. 
Dass in diesen Zeiten ein solcher Vorstoß kommt, mag verlockend sein, weil Geld für die Schiene hermuss. Aber im Ernst: Das wäre ein Werbeprogramm für die Abwicklung unserer Wirtschaftskraft im ländlichen Raum. Kleine und mittlere Unternehmen, die nur kurze Strecken nutzen, um z.B. Ihre Ökoprodukte in der Region zu verteilen oder die Wäsche an die Hotels zu liefern, würden mit einer Landesstraßenmaut belastet werden. Wenn Sie das ernsthaft wollen, dann begünstigen Sie die Großen und die Kleinen schauen in die Röhre. 
Was ebenfalls mitgedacht werden müsste, wäre der Flickenteppich, der entstehen würde. Ich kann mir nicht vorstellen, dass alle 16 Bundesländer sich in dieser Frage einig sind. Es wären daher jede Menge unterschiedlicher Regelungen zu erwarten. Was bleibt, ist natürlich die Frage: Wie sichern wir entsprechende Mittel für unsere Infrastruktur und wie schaffen wir die Mobilitätswende? Darüber müssen wir dringend sprechen. In diesem Sinne freue ich mich auf die anstehende Diskussion im zuständigen Ausschuss. 

 

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