Speech · 15.12.2010 Haushaltsgesetz zum Haushaltsplan 2011/2012, Haushaltsbegleitgesetz zum Haushaltsplan 2011/2012
Der SSW hat eine Vielzahl von Vorschlägen in die Beratungen zum Haushalt eingebracht, die deutlich machen sollen, dass es eine politische Alternative zum Entwurf der Regierungsfraktionen gibt. Das ist an sich nicht unbedingt etwas Besonderes, weil dies natürlich auch von den anderen Oppositionsparteien so gemacht wird. Gleichwohl ist es eben schon besonders, weil wir bisher immer gesagt haben, dass wir mit wenigen aber kompromissfähigen Vorschlägen einen an sich zustimmungsfähigen Haushalt ergänzen wollen. Diese Sichtweise haben wir in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten angewandt und den Haushalten dann in der Gesamtabstimmung immer zugestimmt – auch, wenn wir mit einzelnen Teilen des Gesamthaushaltes manchmal unzufrieden waren. Unsere Maxime war: Das Land braucht einen Haushalt und hierfür müssen auch wir bereit stehen, wenn wir uns im Haushalt einigermaßen wiederfinden können. Dieses Prinzip führte dazu, dass wir Haushalten der Regierungen der Ministerpräsidenten Barschel, Engholm, Simonis und auch Carstensen in der Vergangenheit zugestimmt haben. Dass wir dieses heute nicht tun können und mit umfassenden Änderungsvorschlägen kommen müssen, ist somit schon ein bemerkenswerter Vorgang.
Der Haushalt, der heute durch die Regierungsfraktionen abgesegnet werden soll, ist eine Katastrophe für unser Land. Er ist geprägt von sozialer Schieflage, kultureller Verarmung und von einer minderheitenpolitischen Geisterfahrt. Einem solchen Haushalt können wir nicht zustimmen.
Unser Vorschlag zeigt, dass Sparen und einen gerechten Haushalt aufstellen keine Gegensätze sind. Wir haben bewusst darauf verzichtet, jedes einzelne politische Ziel in Zahlen zu gießen und uns dann die Zahlen so hinzubiegen, dass es irgendwie passt. Wir machen mit unserem Haushaltsvorschlägen deutlich, dass auch wir es ernst meinen mit der Schuldenbremse. Es geht auch gar nicht anders. Wir sind nämlich laut Verfassung verpflichtet, die Schuldenbremse einzuhalten – und das ist auch gut so.
Wir sind bewusst einen anderen Weg gegangen. Folgt man unseren Vorschlägen, werden wir wesentlich weniger Schulden machen, als die schwarz-gelbe Landesregierung und gleichzeitig werden wir trotzdem die soziale und kulturelle Infrastruktur in ihrem Kern erhalten können. Unsere Vorschläge führen dazu, dass wir in 2011 etwas mehr als 183 Millionen Euro und in 2012 rund 24 Millionen Euro weniger Schulden machen als Schwarz-Gelb.
Unser Ziel ist es, schon jetzt Finanzmittel einzusparen, damit die Sprünge in den Folgejahren nicht allzu hart werden. Gleichzeitig wollen wir den betroffenen Institutionen und Organisationen Planungssicherheit geben. Schwarz-Gelb verfängt sich aber in gnadenlosen Kürzungsorgien, die auch in 2013 und 2014 nicht abgeschlossen sein werden, wenn man sie weiter gewähren lässt. Wir setzen da andere Prioritäten.
Im Gegensatz zu den derzeit noch Regierenden wollen wir erst einmal die Einnahmen verbessern und verstetigen und nicht eine solche erfolgreiche Einrichtung wie die Innovationsstiftung unwiederbringlich vernichten, um kurzfristig Geld zu machen. Die Grunderwerbssteuer muss deshalb nach unserer Auffassung sofort erhöht werden. In 2011 könnten wir so 87 Millionen Euro mehr einnehmen. Und auf dieses Geld können wir aufgrund der derzeitigen Haushaltslage nicht verzichten. Gleiches gilt auch für die Spielbankabgabe. Würden wir weiterhin die bisherige Höhe vereinnahmen, würden 2 Millionen Euro mehr in die Kassen des Landes fließen. Eine vergleichsweise kleine Summe, aber trotzdem unverzichtbar.
Merkwürdig mutet es außerdem an, dass die vom Bund zugesagte Konsolidierungshilfe nicht im Haushalt eingeplant ist. Bisher findet sich nur ein Leertitel im Haushalt, wo eigentlich 80 Millionen Euro stehen müssten. Damit der Haushalt ausgeglichen wird, plant die Landesregierung aber nun erst einmal eine entsprechende Kreditaufnahme ein. Das hat mit Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit nun rein gar nichts zu tun. Hier wird getrickst, um sich noch etwas Flexibilität zu erhalten. Schließlich ist ja Wahlkampf und da braucht es auch einige Ecken im Haushalt, die man dann für Wahlkampfgeschenke noch ausfegen kann. Das können und werden wir nicht akzeptieren.
Aber auch, wenn es um das Ausgeben von Geld geht, haben die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen anscheinend völlig das Maß verloren. Da werden Kredite aufgenommen, um Rücklagen zu bilden. Das heißt, es werden hohe Kreditzinsen gezahlt, damit man Rücklagen bildet, die nur geringe Guthabenzinsen erwirtschaften. Ein schlechteres Geschäft ist wohl kaum denkbar und der Finanzberater Peter Zwegart aus dem Fernsehen würde wohl jeden Normalbürger den Kopf waschen. Ob das allerdings beim Ministerpräsidenten und seiner Regierung etwas nützen würde, wage ich zu bezweifeln. In 2011 werden in Höhe von 117 Millionen Euro und in 2012 in Höhe von 36 Millionen Euro kreditfinanzierte Rücklagen gebildet. Gehen wir von einem Zinsverlust von 2 Prozent aus, kostet uns dieser Spaß rund 3 Millionen Euro. Da kann man schon mal mit dem Kopf schütteln.
Im Übrigen kann man uns als SSW nicht vorwerfen, mit der Einnahmeseite zu sorglos umgegangen zu sein. Die Landesregierung hat die Steuermehreinnahmen geringer eingeschätzt als die Arbeitsgruppe Steuerschätzung. Im November wurde ermittelt, dass die Steuereinnahmen voraussichtlich um 8,5 % in 2011 und 8,9 % in 2012 höher liegen werden als in der Mai-Steuerschätzung zugrunde gelegt. Die Landesregierung hat aber in ihrer Nachschiebeliste die Ansätze insgesamt nur um rund 4,15 % erhöht. Hier ist also noch Spielraum nach oben und trotzdem haben wir dieses nicht in unseren Haushaltsvorschlägen eingeplant, weil diese Mehreinnahmen ohnehin für den Ausgleich der konjunkturellen Neuverschuldung einzusetzen sind. Das heißt, wir gehen davon aus, dass wir 200 bis 300 Millionen Euro mehr einnehmen als bisher veranschlagt und sind der Auffassung, dass dieses Geld gemäß der Bestimmung in unserer Landesverfassung zur Schuldenbremse für die Senkung der konjunkturell bedingten Neuverschuldung einzusetzen ist. Das würde das konjunkturell bedingte Defizit nahezu auf Null fahren. Als vorsichtige Kaufleute haben wir aber bewusst hier nicht die Haushaltsansätze jetzt schon erhöht, sondern dieses in unserem Entschließungsantrag mit eingearbeitet.
In diesem Antrag gehen wir noch auf weitere mögliche Steuermehreinnahmen ein. Nach unserer Auffassung ist derzeit vieles in Bewegung und dies erfordert die Aufstellung eines Nachtragshaushaltes im Juni 2011. Neben den konjunkturell bedingten Mehreinnahmen, die jetzt schon vorhersehbar sind, wird es auch möglicherweise Steuerrechtsänderungen geben, die sich ebenfalls positiv auf den Landeshaushalt auswirken werden. Dieses wären Einnahmen, die nicht zwingend laut Verfassung in den Abbau den konjunkturellen Defizits zu stecken wären. Ich will hier zwei Beispiele nennen. Es ist wieder in der Diskussion, den ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf das unbedingte Mindestmaß zu begrenzen. Sollte dieses geschehen, könnten wir mit Mehreinnahmen von bis zu 600 Millionen Euro rechnen. Selbst marginale Änderungen würden hier mit Millionenbeträgen zu Buche schlagen.
Ähnliches gilt für die Einnahmen aufgrund der Einführung der Brennelementesteuer. Sollte sich die Landesregierung mit ihrem Wunsch nach einer Beteiligung an den entsprechenden Einnahmen des Bundes durchsetzen – woran ich natürlich keinen Zweifel habe – dann sind auch hier Millionen-Einnahmen zu erwarten. Insgesamt wird der zu verteilende Länderanteil auf 500 Millionen Euro bundesweit geschätzt. Wenn wir davon ausgehen, dass das Land Schleswig-Holstein mit seinem 19% Anteil an der Kernkraftkapazität nur 10 % dieses Länderanteils erhält, wären dies 50 Millionen.
Solcherlei Mehreinnahmen geben genug Spielraum, um dann auch das dritte Kindergartenjahr wieder dauerhaft beitragsfrei zu stellen und über das bisherige Maß hinaus einen erhöhten Sparbeitrag für den Landeshaushalt zu leisten.
Sie sehen also, meine Damen und Herren, so schlecht steht es nicht um unser Land. Es ist immer noch eine Frage des politischen Willens, welche Prioritäten man setzt. Setzt man die falschen Prioritäten, wie die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen, dann kommt eben ein Abbruchhaushalt dabei heraus. Wir wollen aber lieber in unserem Land etwas aufbauen und deshalb werden wir den Weg von Schwarz-Gelb nicht mitgehen.
Bevor wir aber nun zu den Dingen kommen, die für uns wichtig sind, will auch ich deutlich machen, dass auch wir durchaus Einsparpotentiale sehen. Es ist gut, dass der Landtag schon in der Vergangenheit immer wieder bereit war, auf Diätenerhöhungen zu verzichten. In diesem Jahr sind darüber hinaus die Zulagen für die Abgeordneten mit hervorgehobenen Funktionen gesenkt worden und wir beschließen heute eine Senkung der Fraktionsgelder. Der Landtag ist also in Vorleistung gegangen und da ist es schon ein katastrophales Bild, dass der Ministerpräsident und die Minister sich nicht an den Sparbemühungen beteiligen. Da werden den Blinden Kürzungen zugemutet und bei Grundbesitzern an der Küste ungerechte Abgaben verlangt, aber die Regierenden sollen hier ungeschoren bleiben. Wir finden dieses Verhalten zutiefst unpassend. Dieses Verhalten des Ministerpräsidenten und seiner Minister trägt nun wirklich zur Politikerverdrossenheit bei.
Meine Damen und Herren, es ist nicht staatliche Aufgabe eine Polizei-Bigband für rund 1,1 Millionen Euro jährlich zu haben und zu unterhalten. Und es ist auch schwer vermittelbar, dass die Landesregierung immer wieder ankündigt, dass sie beim Personal sparen will, dann aber immer weit an ihren Einsparzielen vorbeischrammt. Es wird in der Tat zum ersten Mal seit langem am Personal gespart. Trotzdem unterschreitet die Landesregierung ihr Einsparziel in 2011 um 20 Stellen und in 2012 um 49 Stellen. Neue Abteilungsleiterpositionen sind dabei noch nicht eingerechnet. Kostenpunkt für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes in 2011etwas mehr als 1 Million Euro und in 2012 rund 2,5 Millionen Euro. Wir sind der Auffassung, dass die Regierung sich an ihre Ziele zu halten hat und diese Summen entsprechend der ursprünglichen Finanzplanung auch einzusparen sind.
Die Liste der Einsparmöglichkeiten lässt sich aber noch fortsetzen. Es gibt keine Notwendigkeit, den Flugplatz Kiel-Holtenau dauerhaft mit 625.000 Euro zu subventionieren. Die Ausgleichszahlungen an die AKN müssen nicht zwingend jährlich um Millionenbeträge steigen. Wir brauchen keine Gutachten zur Privatisierung des UKSH, die rund 1 Million Euro kosten, und wir benötigen erst recht keine Gutachteritis in Bezug auf die HSH-Nordbank.
Wir können bei den Kirchen sparen, wenn die Landesregierung mit der Ankündigung der Neuverhandlungen der Kirchenstaatsverträge endlich ernst macht. Wir können Millionen beim Landeslabor mehr einnehmen, wenn wir endlich kostendeckende Gebühren einführen und wir könnten uns natürlich auch die Ausgaben für die sinnlose Fehmarnbelt-Querung sparen. Wobei man hier sogar sagen muss, dass das dicke Ende noch kommt – schließlich sind hier 60 Millionen Euro Verpflichtungsermächtigungen eingeplant. Damit könnte man 20 Jahre lang das Blindengeld in bisheriger Höhe weiter zahlen.
Kommen wir nun endlich zu den Bereichen, die wir weiterhin oder zusätzlich finanzieren wollen. Hierzu sei noch einmal voraus bemerkt, dass diese Ausgaben bei weitem nicht so hoch sind wie die Mehreinnahmen oder die Minderausgaben in unseren Vorschlägen. Das heißt, wenn wir denn beim Bausteinprinzip der Landesregierung bleiben, dann haben wir für jeden unserer Vorschläge, die wir als Bausteine in den Haushalt einfügen, mehrere Bausteine als Gegenfinanzierung herausgenommen. Sage also niemand, dass hier Luftschlösser gebaut werden. Unsere Vorschläge sind solide durchfinanziert und am Ende bleibt noch mehr über als bei der Koalition des Kahlschlags.
Wir wollen eines der größten Übel bei der Wurzel packen. Wir wollen eine Kommunalreform, die ihren Namen auch verdient hat. Deswegen stellen wir in den Jahren 2011 und 2012 Mittel bereit, um mit der kommunalen Familie ein zukunftsträchtiges Modell zu erarbeiten und wollen, dass die neue Struktur dann ab 2013 gilt und wir dann die Kommunalwahl entsprechend der neuen Strukturen durchführen können. Die Landesregierung hat hier bisher immer den Bremser gegeben. Auch lokale Beteiligungsrunden nützen nichts, wenn man nicht den Willen hat, neue Strukturen einzuführen. Deshalb ganz klar: Wir als SSW wollen neue Strukturen im kommunalen Bereich, die es ermöglichen, dass die Kommunen wieder alle Aufgaben eigenständig und eigenverantwortlich ausführen können und ihnen gewählte Vertretungen zur Seite gestellt werden, die wieder den Einfluss bekommen, der ihnen auch gebührt.
Weiter wollen wir die wichtigste Branche des Landes massiv unterstützen. In weiten Teilen des Landes blüht der Tourismus, trotz der Politik der Landesregierung. Diese Blüte droht aber zu ersticken, wenn die Kürzungen der Landesregierung für die TASH wirklich umgesetzt werden. Wir geben derzeit nicht zu viel für den Tourismus aus, sondern im Vergleich zu anderen Bundesländern viel zu wenig. Deshalb wollen wir den Zuschuss für die TASH erhöhen und weiter ausbauen.
Ein weiterer wichtiger Punkt für uns ist die Aufrechterhaltung der Bezuschussung für die Schülerbeförderung. In der Vergangenheit sind im ländlichen Bereich viele Schulen geschlossen worden. Die neuen Schulstrukturen haben zu Zusammenlegungen von Schulen geführt und diese Tendenz wird vielleicht sogar noch eher zunehmen als abnehmen. Da ist es natürlich ungerecht, wenn die Bezuschussung für die Schülerbeförderung nun zusammengestrichen wird. Hier sollen wieder die Eltern im ländlichen Raum bluten. Ihre Kinder dürfen weitere Wege fahren und dafür werden die Eltern dann in Zukunft tief in die Tasche greifen müssen. Das ist keine Bildungsgerechtigkeit sondern Bildungsabbau.
Und wenn wir nun schon bei benachteiligten Personen sind. Dann kann ich natürlich nicht an der Küstenschutzabgabe vorbei gehen. Es darf es keinen Rückzug aus dem solidarischen Küstenschutz geben, zumal die Küstenschutzabgabe definitiv finanzpolitisch nicht notwendig ist. Unsere Vorschläge bieten genügend Möglichkeiten für alternative Finanzierungen ohne diese Abgabe.
Als Abbruchunternehmen präsentiert sich Schwarz-Gelb auch in der Minderheitenpolitik. Anstatt hier behutsam ein wichtiges und einzigartiges landespolitisches Feld auszubauen, wird hier geradezu systematisch Raubbau betrieben. Besonders deutlich wird dies, wenn wir uns die friesische Minderheit ansehen. Einige wenige hauptamtliche Kräfte, die für das Friesische arbeiten, sind beim Nordfriisk Instituut beschäftigt. Immer noch – auch nach der Nachschiebeliste – soll das Institut besonders harte Einschnitte ertragen. Damit können nun erst recht nicht mehr die Anforderungen erfüllt werden, die zur Einhaltung der eingegangenen Verpflichtungen aus Sprachencharta und Rahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten eingegangen worden sind. Wer sich minderheitenpolitisch mit Federn schmücken will, der muss auch in schweren Zeiten zumindest eine gewisse Grundförderung der jeweiligen Minderheit garantieren. Hier aber wird die Arbeit der Minderheiten regelrecht torpediert und damit können wir uns endgültig vom so genannten Modellfall Deutsch-Dänische-Grenzregion verabschieden. Wir wollen das nicht und deshalb wollen wir, dass die bisherigen Haushaltsansätze bei den Minderheiten zumindest erhalten bleiben. Dies ist kein unangemessenes Ansinnen, sondern eine dringende Notwendigkeit.
Sie sehen, meine Damen und Herren, eine andere Prioritätensetzung ist möglich. Und es ist möglich, Planungssicherheit, soziale Gerechtigkeit, kulturelle Vielfalt, vernünftige Wirtschaftsförderung, Umweltschutz und Schuldenabbau unter einen Hut zu bekommen. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen und Vertreter der Landesregierung, sagen immer, ihr Kurs sei alternativlos. Ich sage Ihnen: Ihr Kurs ist nicht alternativlos, sondern perspektivlos. Und deshalb werden wir ihrem Haushalt nach 25 Jahren zum ersten Mal nicht zustimmen.