Press release · 24.11.2006 Die Kreisreform ist konzeptionslos


Grußwort zur Mitgliederversammlung des SH Landkreistages in Neumünster


Grußworte dienen ja eigentlich dazu, mit freundlichen Worten frohgemut in die Zukunft zu sehen und vor allem Ihnen alles Gute zu wünschen. Das tue ich natürlich auch, aber ob sie wirklich alles Gute in Zukunft bekommen, wage ich bei der Politik der noch regierenden Landesregierung doch zu bezweifeln. Was wir hier in Bezug auf die kommunale Familie geboten bekommen, ist eher ein Trauerspiel als ein wirklicher Schritt nach vorn.

Nachdem wir alle die unseligen kommunalen Verwaltungsregionen überstanden haben, von denen bis heute eigentlich niemand weiß, was sie eigentlich seinerzeit einmal bezwecken sollten, wird nun das nächste Tier durchs Dorf gejagt. Nun sollen die Kreise dran glauben. Ein Konzept oder zumindest eine Idee, die dahinter stehen könnte, findet sich aber nicht. Auch eine Analyse  der derzeitigen Situation und wie wir die Lage der Kreise verbessern können, hat die Landesregierung bis heute nicht vorgelegt. Eigentlich kann man feststellen, dass die Landesregierung und die sie tragenden Parteien auf Landesebene mut- und fantasielos sind. Regelmäßig wird das Todschlagargument der möglichen finanziellen Einsparungen heraus geholt, ohne dass man es für nötig hält, dieses stichhaltig zu beweisen. Erst nach Monaten hat sich der Innenminister erweichen lassen, dieses jetzt bis zum Frühjahr zu überprüfen - was auch immer das bedeutet. Was mich aber wurmt ist, dass niemand von der Aufgabenstellung ausgeht. Was sollen die jeweiligen Verwaltungseinheiten eigentlich leisten und kann ich dieses schon mit den vorhandenen Strukturen leisten. Diese Fragen sind bis heute von der Landesregierung und den sie tragenden Parteien nicht gestellt worden.

Bis heute haben wir nicht erfahren können, welche Aufgaben wo angesiedelt werden sollen. Geliefert bekommen wir den Spruch, wenn alles größer wird, wird alles besser. Mit dieser Begründung könnten wir uns eigentlich auf einen Kreis beschränken. - Dann wäre der Kreis richtig groß. Worum es doch gehen muss ist, dass Ebenen in der Verwaltung eingespart werden und dass man die Aufgaben vorher definiert, die die jeweilige Ebene erfüllen soll. Auch wir als SSW wollten 2005 in eine Zusammenarbeit eintreten. Rot-Grün war sich auch damals schon einig, dass man eine Kreiszusammenlegeung wollte. In unserer Tolerierungsvereinbarung stand davon nichts, aber wir haben damals mit unseren Partnern vereinbart, dass erst einmal eine Aufgabendefinition festgelegt wird und dass wir daran die neue Kommunalstruktur orientieren wollten. Wir haben damals wie heute gesagt, dass wir eher die Notwendigkeit auf Gemeindeebene sahen und sehen, da wir es bei der Gemeindeebene und der Amtsebene mit zwei Ebenen zu tun haben, von der man eine gut hätte einsparen können, weil diese jetzt schon inhaltlich eng miteinander verwoben sind. Diese Diskussion hätten wir gerne geführt – auch mit Ihnen. Allerdings nach dem derzeitigen konkreten Handeln der CDU zu schließen, hätte es wohl auch bei einer von uns tolerierten Landesregierung eine breite Mehrheit für eine unbegründete Kreiszusammenlegung von CDU, SPD und Grünen gegeben.

Aber zurück zum hier und jetzt. Nach dem Willen der derzeitigen noch regierenden Landesregierung sollen erst die Strukturen festgeklopft werden, um dann die Aufgabenverteilung zu bestimmen. Das verstößt gegen alle Regeln der Organisationslehre. Man wirft Ämter zusammen, ohne dass man weiß, was sie eigentlich alles erfüllen sollen und man fusioniert Kreise, obwohl wir schon mit die größten Kreise der Republik haben und diese sich als sehr leistungsfähig erwiesen haben. Die Landesregierung entfernt sich nicht nur inhaltlich mehr und mehr von ihrer kommunalpolitischen Basis, sie zerstört auch noch kommunalpolitische Strukturen, die ganz hervorragend funktionieren.

Betrachte ich meinen Heimatkreis Nordfriesland – im übrigen eine historisch-kulturelle Einheit, die man nicht einfach so zerstört – so hat man dort eine gute freiwillige Zusammenarbeit mit dem Kreis Schleswig-Flensburg und der Stadt Flensburg. Gleichzeitig gibt es enge Beziehungen zum Kreis Dithmarschen, wenn man zum Beispiel an den gemeinsamen Nationalpark Wattenmeer oder ähnlich gelagerte Umweltfragen denkt. Auch die touristische Zusammenarbeit geschieht in enger Abstimmung vornehmlich mit Dithmarschen, weil dies einfach sinnvoll ist. Und diese Liste lässt sich sicherlich ohne Schwierigkeiten erweitern. Und sie alle können genügend Beispiele auch für Ihren Kreis nennen. Warum wird diese freiwillige Zusammenarbeit nicht unterstützt, sondern von der Landesregierung jetzt mit einer unnötigen Kreisreform erstickt? So fern von der kommunalpolitischen Basis, war noch keine Landesregierung in unserem Land.

Was brauchen wir nach Auffassung des SSW wirklich?
• Wir brauchen schlanke Entscheidungsstrukturen, die an einer Stelle gebündelt sind und die abschließend entscheiden können.
• Wir brauchen die Fach- und Ressourcenverantwortung in einer Hand und deshalb eine Übertragung von Landesaufgaben auf die Kreise.
• Wir brauchen eine demokratische Kontrolle, die durch Kreistagsabgeordnete im Ehrenamt noch leistbar ist.
• Wir brauchen klar definierte und abgegrenzte Aufgaben zwischen Land, Kreisen und Kommunen.
• Wir brauchen eine den Aufgaben entsprechende Finanzausstattung und keinen Eingriff in den kommunalen Finanzausgleich.

An diesen fünf Punkten werden wir die Landesregierung als SSW messen. Und an diesen Punkten können Sie die Landesregierung messen. Im Frühjahr sehen wir uns wieder und dann sehen wir ja, wie sehr die Landesregierung und der Innenminister Ihnen entgegen gekommen sind. Ich kann Ihnen nur sagen, bleiben Sie hart und uns als SSW haben Sie an Ihrer Seite.

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