Rede · Lars Harms · 19.06.2024 Den Digitalfunk sofort katastrophensicher nachrüsten

„Wir sollten nicht da kaputtsparen, wo Leben gerettet werden müssen.“

Lars Harms zu TOP 9 - Den Digitalfunk BOS auch für die Zukunft erhalten (Drs. 20/1981)

Niemand von uns hat die katastrophale Überschwemmung des Ahrtals von 2021 vergessen. Wie auch. Wir haben es mit der größten Flutkatastrophe der vergangenen Jahrzehnte in Deutschland zu tun. Allein im Ahrtal sind damals 135 Menschen gestorben, hunderte weitere wurden verletzt.  
Wir haben seitdem deutschlandweit über Lehren, die wir aus diesem Hochwasser ziehen müssen debattiert. Über Hochwasserschutz, Elementarschädenversicherungen, Solidarprinzip, Neuaufbau, Klimawandelanpassungen und Extremwetter-Phänomene. In Rheinland-Pfalz tagte der bislang größten Untersuchungsausschusses der Landesgeschichte, um besser nachvollziehen zu können, was genau bei der Ahr-Flut passiert ist. Und dabei sind unter Anderem grundlegende Mängel des Katastrophenschutzes aufgedeckt worden.

Es hatten bereits der Telefon- und Mobilfunk versagt, als auch noch der behördliche Digitalfunk zusammenbrach. Der Digitalfunk BOS ist ein Netz mit fast 1,2 Millionen Teilnehmern und soll von Feuerwehr, Polizei, Rettungsdiensten und Katastrophenhelfern genutzt werden können. 
2021 hatte die Flut Basisstationen des Netzes überschwemmt, Stromleitungen zerfetzt und Vermittlungsleitungen für die Funkzellen weggerissen. Das Netz war überlastet, der Funk teilweise komplett ausgefallen. Dabei ist es Sinn und Zweck des Digitalfunks, dass Polizei, Feuerwehren und Rettungsdienste sich auch dann noch zuverlässig austauschen können, wenn sonst nichts mehr geht. Es geht um ein Netz, das auch dann noch läuft, wenn die Infrastruktur kommerzieller Fest- und Mobilfunkanbieter versagt. Und zwar ein bundesweit einheitliches - zuverlässig und organisationsübergreifend.

Ich finde die Debatte um die Mittel für den Digitalfunk BOS daher wirklich nicht mehr vertretbar. 
Ich habe den Meldungen verschiedener Innenministerinnen und Innenminister der letzten Monate entnommen, dass sie die Finanzierung des Digitalfunks BOS ernsthaft gefährdet sehen, weil der Bund seine Finanzierungszusagen nicht einhält. Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul beispielsweise hat öffentlich festgestellt, es fehlten bereits vor den Sparankündigungen 130 Millionen Euro für das Funknetz. Und auch Ministerin Sütterlin-Waack hat deutlich gemacht, dass der Bund für 2024 eigentlich in der Pflicht steht, einen Anteil von 415 Millionen Euro aus der Bund-Länder-Finanzierung des Digitalfunks zur Verfügung zu stellen, stattdessen aber nur 284 Millionen Euro bereitstellt.

Es gibt eine Kleine Anfrage von CDU/CSU aus dem Dezember 2023, zum Thema „Ausbau und Modernisierung des Digitalfunknetzes der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben“. Die Antworten der Bundesregierung darin sind unmissverständlich. 
„…die Bedarfe für einen Bundesanteil an der Finanzierung eines Breitbandnetzes [konnten] für die BOS im Rahmen der Haushaltsaufstellung 2023 und 2024 nicht berücksichtigt werden.“ Ferner heißt es „Übergeordnetes Ziel der Bundesregierung ist die Konsolidierung der staatlichen 
Finanzen. In Anbetracht der angespannten Haushaltslage mussten hierzu noch stärker als bisher Maßnahmen priorisiert werden.“ Und dazu kann ich nur sagen: nein, das ist ein fatales Missverständnis. Übergeordnetes Ziel dieser Bundesregierung muss es sein, für seine Bürgerinnen und Bürger zu sorgen und sie vor Katastrophen zu schützen. Und nichts anderes!

Und daher macht es aus meiner Sicht keinen Sinn, den Digitalfunk kaputtzusparen. Stattdessen muss er katastrophensicher nachgerüstet werden. Die Funktionsfähigkeit des Digitalfunks muss gerade auch in Extremlagen sichergestellt sein. 
Nun könnte man sagen, wir führen eine Bund-Länder-Debatte im schleswig-holsteinischen Parlament, aber gerade als Haushaltsgesetzesgeber ist es angebracht, in dieser Frage der Landesregierung mit einem möglichst gemeinsamen Signal den Rücken zu stärken.

Es steht in der Antwort der Bundesregierung noch ein weiterer Hinweis – es würden zusätzlich weitere Szenarien mit geringerem Investitionsbedarf geprüft. Ich würde mich – unabhängig von einer möglichen Abstimmung – freuen, wenn wir trotzdem einmal im Ausschuss erfahren könnten, was diese Szenarien sind. Denn ich würde schon einmal gerne hören, was die Erfahrungen im Katastrophenfall, die mit dem Digitalfunk gemacht wurden, für Schleswig-Holstein bedeuten. Allerdings steht eines für uns als SSW fest: solange es kein anderes zuverlässiges, flächendeckendes System gibt, sollten wir nicht da kaputtsparen, wo Leben gerettet werden müssen.

 

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