Press release · Christian Dirschauer · 02.05.2024 Bei Kinderarmut darf sich der Staat nicht weiter wegducken

Zur heutigen Anhörung zum Thema Kinderarmut im Sozialausschuss des Landtags erklärt der sozialpolitische Sprecher der SSW-Landtagsfraktion Christian Dirschauer:

Die Tatsache, dass jedes fünfte Kind bzw. jeder fünfte Jugendliche in Schleswig-Holstein in Armut lebt oder von Armut bedroht ist, ist eine Schande. All diese jungen Menschen haben die Armut nicht selbst gewählt und können diese auch nicht selbst beenden. Ihnen droht eine massive Minderung von Entwicklungs- und Lebenschancen. Eine Schande ist auch, dass trotz dieser alarmierenden Zahlen und Schilderungen, die auch in der heutigen Anhörung erneut deutlich wurden, von staatlicher Seite nicht mehr passiert. Das ist ein Armutszeugnis für unser Land.

Keinem Kind in Armut ist geholfen, wenn wir uns in noch mehr Berichten, bei Aktionstagen und Konferenzen über die dramatische Lage austauschen und Lippenbekenntnisse formulieren. Der Staat darf sich nicht weiter wegducken. Was wir brauchen, sind endlich Handlungen.

Deshalb haben wir als SSW bereits im Frühjahr 2023 mit unserem Antrag „Kinderarmut beenden – gesellschaftliche und soziale Teilhabe von Kindern und jungen Menschen gewährleisten“ das Thema auf die Tagesordnung des Landtags gesetzt. Die heutige Anhörung zum Thema gab dem Anliegen großen Rückenwind und hat die Dringlichkeit nochmal vor Augen geführt.

Wir brauchen endlich die Kindergrundsicherung in einer Form, wie sie Kinderarmut tatsächlich beendet und Familien auf bürokratischer Ebene entlastet. Denn das Wirrwarr familienpolitischer Leistungen ist für viele ein undurchdringbarer Dschungel. Wir brauchen einen kostenfreien Weg durchs Bildungssystem von der Kita bis zur Hochschule. Dazu gehört auch die echte Lernmittelfreiheit und das elternunabhängige Bafög. Wir brauchen den kostenlosen Zugang zu Bibliotheken und Museen, Sport- und Kulturangeboten, um allen die soziale Teilhabe zu ermöglichen.

Doch was wir von der Landesregierung hören, ist zum Haare raufen: Die Kita-Finanzierung wankt erneut. Einspringen sollen die Eltern, Beitragserhöhungen drohen. Das ist der falsche Weg und ein Schlag ins Gesicht vieler Menschen im Land, die ohnehin finanziell mit dem Rücken an der Wand stehen. Denn Eltern- und Kinderarmut gehen ja Hand in Hand.

Dabei könnte schon ein ganz einfacher Schritt ganz viel erreichen: Das kostenlose Mittagessen in Kita und Schule wäre ein wichtiger Baustein, den viele der Akteure in der Anhörung nannten. Auch als SSW bringen wir diese Forderung immer wieder ein.

Wir sollten endlich damit aufhören, das Wirtschaftswachstum vor dem Wohlergehen unserer Kinder und Jugendlichen zu betrachten. Zu Investitionen in die Zukunft gehören auch Investitionen in Familien und Bildung. Aber zur traurigen Wahrheit gehört, dass sich damit in der Politik keine Lorbeeren ernten lassen. Im lobbygetriebenen Geschäft ziehen Kinder und Jugendliche im Gegensatz zu Automobilindustrie oder Energieriesen immer den Kürzeren. Das müssen wir dringend ändern. Denn hier geht es um nicht weniger als das Wohlergehen und die gesellschaftliche Teilhabe unserer nächsten Generationen.

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