Rede · Lars Harms · 17.06.2020 Wir möchten eine praxisnahe Anpassung des Polizeirechts

Wir vom SSW stehen diesem Gesetzentwurf grundsätzlich offen gegenüber und würden uns auf die Erkenntnisse aus einer Anhörung mit praxiserprobten Polizistinnen und Polizisten zu den Themen Taser und Body-Cams freuen, um das Gesetz zu finalisieren.

Lars Harms zu TOP 12 - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung polizei- und ordnungsrechtlicher Vorschriften im Landesverwaltungsgesetz (Drs. 19/2118)

Die Reform des Polizeirechts beschäftigt uns ja nun schon eine ganze Weile. Unsere Beamtinnen und Beamten mit Polizeibefugnissen leisten tagtäglich einen ungemein wertvollen Dienst für unsere Gesellschaft. Ihnen kommt eine entscheidende Rolle zu beim Schutz des Rechts auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger. Sie verdienen daher einen umfassenden Eigenschutz. Gleichzeitig müssen Polizeibefugnisse im Spannungsverhältnis zu den Grund- und Freiheitsrechten stets eng ausgelegt und interpretiert werden. Es ist daher nur folgerichtig und geboten, die entsprechende Rechtsgrundlage regelmäßig auf den Prüfstand zu stellen und gegebenenfalls anzupassen. Der Ruf nach einer klaren Neuregelung kam schließlich auch aus den Reihen der Polizei selbst; und kochte ja nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund des erst kürzlich verabschiedeten und vieldiskutierten Antidiskriminierungsgesetzes in Berlin wieder hoch. Hier ist das letzte Wort bestimmt noch nicht gesprochen, aber das nur am Rande.

Nachdem die meisten anderen Bundesländer diesbezüglich inzwischen Neuregelungen verabschiedet haben, diskutieren nun also auch wir final über den vorliegenden Gesetzentwurf, der unserer Landespolizei Handlungs- und Rechtssicherheit geben sowie erweiterte Befugnisse einräumen soll. Im Folgenden werde ich auf die Kernpunkte näher eingehen:

1.    Der sogenannte „finale Rettungsschuss“: Mit dem Gesetzentwurf wird dieser als individuelle Gewissensentscheidung gesetzlich geregelt. Selbstverständlich wünscht sich keine Polizistin und kein Polizist, jemals in eine derartige Ausnahmesituation zu geraten und glücklicherweise kommen solche Schusswaffeneinsätze ja weiterhin sehr, sehr selten vor. Dennoch ist es richtig, den Beamtinnen und Beamten an dieser Stelle für den Fall der Fälle die nötige Rechts- und Handlungssicherheit zu geben, so wie sie in den allermeisten anderen Bundesländern auch bereits gilt.
2.    Die Erprobung des Einsatzes sogenannter Distanz-Elektroimpulsgeräte, verkürzt „Taser“, sowie die Nutzung von Body-Cams: Hierzu gab es ja ausführliche Diskussionen und schließlich eine Pilotstudie, deren Durchführung ich auch ausdrücklich unterstützt habe. Gleichzeitig müssen wir uns der Problematiken dieser Ausrüstungsgegenstände bewusst sein: Taser können in Hinblick auf die Gesundheit von Zielpersonen schwierig sein, Body-Cams in Hinblick auf den Datenschutz. Beide können und sollen andererseits aber auch präventiv wirken und zur Deeskalation einer heiklen Situation beitragen – allein durch den Hinweis, dass gegebenenfalls gefilmt wird. Daher wünschen wir vom SSW uns diesbezüglich noch eine mündliche Anhörung, in der an dieser Studie beteiligte Polizistinnen und Polizisten von ihren Einsätzen berichten und darlegen können, welche Ausrüstung sie unter welchen Bedingungen benötigen. 
3.    Die Ausweitung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit: Diese ist uns selbstredend ein besonderes Anliegen, schließlich ist hierfür ja insbesondere das Gemeinsame Zentrum (GZ) deutscher und dänischer Polizei- und Zollbehörden in Padborg seit Jahren ein Paradebeispiel. Dennoch möchte ich an dieser Stelle anmerken, dass weiterhin ungleiche Bedingungen gelten: Polizeifahrzeuge und Beamtinnen und Beamte in Uniform dürfen bei einem Verfolgungseinsatz die Grenze überqueren, wobei in Dänemark eine Grenze von 30 km gilt, während dänische Beamte soweit nach Deutschland fahren dürfen, wie sie wollen. Nach all den Jahren der vertrauensvollen Zusammenarbeit könnten Kopenhagen und Berlin ja eventuell einmal über eine Vertragsanpassung nachdenken. Ansonsten sind die Ergänzungen in Bezug auf die Zollvollzugsbeamtinnen und -beamten sowie auf die Einsatzmöglichkeiten ausländischer Polizeikräfte beziehungsweise deutscher Polizeikräfte im Ausland zu begrüßen.

Die geografische Lage Schleswig-Holsteins als Transitland macht die kontinuierliche Intensivierung enger Zusammenarbeitsstrukturen selbstredend notwendig. Kritisch anmerken möchte ich hier jedoch den folgenden Punkt: Der Polizei sollen anlasslose Anhalte- und Sichtkontrollen in Grenzregionen und auf Transitstrecken ermöglicht werden. Hier muss in der Ausformulierung sichergestellt werden, dass diese Befugnis nicht negativ ausgenutzt werden kann – Stichwort „Racial Profiling“. Noch einmal: Das Hegen eines Generalverdachtes – egal, gegen welche Personen- oder Berufsgruppe – ist immer grundsätzlich falsch; und Missstände müssen immer aufgedeckt und beseitigt werden.

Insgesamt müssen wir also transparent kommunizieren und rechtssicher formulieren. Wir vom SSW stehen diesem Gesetzentwurf daher grundsätzlich offen gegenüber und würden uns auf die Erkenntnisse aus einer Anhörung mit praxiserprobten Polizistinnen und Polizisten freuen, um das Gesetz zu finalisieren.

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