Rede · Lars Harms · 14.06.2023 Wir finden die Notkredite und den Tilgungsplan insgesamt richtig und begründbar
„Wir halten diese gestreckte Planung und auch die eingeplanten Summen dennoch für sinnvoll; schließlich muss die Tilgung parallel zum jeweils laufenden jährlichen Haushalt machbar bleiben.“
Lars Harms zu TOP 3 - Gesetz zur Feststellung eines gemeinsamen Tilgungsplans für die zur Bekämpfung der SARS-CoV-2/COVID19-Pandemie sowie zur Abfederung der finanziellen Herausforderungen in Folge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine gemäß Artikel 61 Absatz 3 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein erfolgten Überschreitungen der zulässigen Kreditaufnahme (Tilgungsgesetz – TilgG) (Drs. 20/734; 20/953(neu))
Für den SSW kann ich festhalten, dass wir die Notkredite nach wie vor für die richtige Entscheidung zum jeweils richtigen Zeitpunkt halten. Daher haben wir diesen zugestimmt und werden nun heute folgerichtig auch diesem gemeinsamen Tilgungsplan zustimmen. Im Finanzausschuss entzündeten sich ja kleinere Diskussionen an der angelegten Dauer sowie an Umfang und Dynamisierung der angestrebten Tilgung. 2,9 Milliarden Euro gilt es mit diesem Tilgungsplan zu tilgen. Begonnen wird ab dem nächsten Jahr mit einer Rate von zunächst 30 Millionen Euro und unter Berücksichtigung einer Dynamisierung über die Folgejahre beträgt der Tilgungszeitraum dann insgesamt planmäßig 30 Jahre bis zum Jahr 2053. Dies ist offenkundig ein sehr langer Zeitraum und Tilgungsweg. Wir halten diese gestreckte Planung und auch die eingeplanten Summen dennoch für sinnvoll; schließlich muss die Tilgung parallel zum jeweils laufenden jährlichen Haushalt machbar bleiben.
Ein weiterer großer Diskussionspunkt ist ja nach wie vor die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Notkredite. Dazu haben wir inzwischen auch schon sehr ausführlich debattiert und auch Rechtsgutachten, u.a. ja auch vom Wissenschaftlichen Dienst hier im Hause, eingeholt. Ich lese dort heraus, dass keine offenkundigen Rechtswidrigkeiten der untersuchten Landtagsbeschlüsse festgestellt werden, dass dem Landtag als Gesetzgeber „ein politischer Spielraum“ zuzusprechen ist und dass eine „evidente Verfassungswidrigkeit nicht festgestellt werden [kann]“. Die Notkredite sind also verfassungskonform und gerechtfertigt und für den Tilgungsplan ändert sich dadurch nichts.
Tatsache ist: Wir stehen an einem Punkt, an dem wir finanzpolitische Krisenzeiten sowohl hinter als auch vor uns haben. Sowohl die Corona-Pandemie als auch der anhaltende russische Angriffskrieg auf die Ukraine haben uns mit all ihren weiteren Auswirkungen vor massive Herausforderungen gestellt – gesellschaftspolitisch, sicherheitspolitisch und eben auch finanzpolitisch. Daher haben wir ja die Handlungsspielräume, die uns die Schuldenbremse im Falle von außergewöhnlichen Notsituationen ermöglicht, genutzt. Das war richtig und so weit sind wir uns ja grundsätzlich auch alle einigermaßen einig.
Ab dann gehen die Bewertungen jedoch teilweise auseinander. Interessant dabei: Hinterher haben es alle immer besser und auf den Punkt genau gewusst, zu wann sich alles wie entwickeln würde. Damit gehen die Kritiken jedoch an der Realität und an den Notwendigkeiten politischen Handelns vorbei. Wir hatten diese Diskussion hier schon mehrmals, aber ich halte es gern noch einmal fest: Wir haben jeweils einen Notkredit-Rahmen beschlossen, sprich: Dieser Kreditrahmen wird nur in der Höhe in Anspruch genommen, die zur jeweiligen Krisenbewältigung notwendig ist. Und wir tauschen uns alle regelmäßig und gemeinsam über die konkreten Maßnahmenpakete aus. Dies ist ein richtiges und praktikables Vorgehen. Denn wer hier im Hause oder aus der Wissenschaft oder in den Medien hat frühzeitig vorausgesagt, wie lange uns die Pandemie als eine außergewöhnliche Notsituation beschäftigen wird? Und wer wagt nun hier und heute eine exakte Prognose, wie lange uns wohl leider noch der Krieg in der Ukraine beschäftigen wird? Es ist doch ganz einfach so, dass sich weder eine Pandemie noch die russische Führung an das Jährlichkeitsprinzip unserer Haushaltsführung halten. Entsprechend wäre es doch von vornherein unsinnig gewesen, die Notkredite jeweils nur bis zum 31.12. des jeweiligen Jahres zu terminieren und dann ab dem 01.01. ohne Vorsorge und Handlungsfähigkeit dazustehen. Das Vorgehen war daher insgesamt richtig und begründbar.