Rede · Sybilla Nitsch · 24.03.2023 Wir alle müssen den sicheren Umgang mit Künstlicher Intelligenz lernen

„Sobald das Geld die Programmierung bestimmt, wird es problematisch. Genau damit haben wir es bei ChatGPT zu tun: einer kommerziellen Software, die in den nächsten Monaten als Bezahldienst ausgebaut werden soll.“

Sybilla Nitsch zu TOP 41 u.42 - KI-Strategie des Landes aktualisieren (Drs. 20/827)

Künstliche Intelligenz entlastet uns von zermürbenden Routineaufgaben: ob als Chat-Bot bei der Arbeitsagentur oder als Sprachassistent bei der Routenplanung.
Die Datenschutzbeauftragte Marit Hansen weist immer wieder auf diesen Aspekt hin. In ihrem letzten Bericht hat sie ausdrücklich die Bedeutung der Medienkompetenz betont, denn viele Nutzerinnen und Nutzer wissen nicht, wie Informationen bewertet und eingeordnet werden müssen. Das, was künstliche Intelligenz ausspuckt, sind eben keine neutralen Fakten, sondern nur ein Widerschein dessen, was Menschen einmal programmiert haben. Darum halte ich es auch für extrem wichtig, dass sowohl Studierende als auch Schülerinnen und Schüler den sicheren Umgang mit Künstlicher Intelligenz lernen. Dieses Werkzeug wird nicht wieder verschwinden. Darum müssen sie lernen, wie wir alle übrigens auch, dass ChatGPT nie das letzte Wort haben darf, sondern nur ein Hilfsmittel ist. Die Texte sind nicht nachvollziehbar.
Sie sind gut formuliert, aber eben ohne erkennbare Anbindung an eventuell bestehende Interessen und Ideologien. So gendert ChatGPT nicht, was einige Texte sachlich verfälschen kann.
Doch ich möchte auf einen weiteren Punkt hinweisen: ökonomische Interessen. Sobald das Geld die Programmierung bestimmt, wird es problematisch.
Genau damit haben wir es bei ChatGPT zu tun: einer kommerziellen Software, die in den nächsten Monaten als Bezahldienst ausgebaut werden soll. Schon jetzt müssen Nutzerinnen und Nutzer ihre E-Mail-Adresse und Telefonnummer zwingend angeben. Das Unternehmen, dem ChatGPT gehört, hat in seinen Nutzungsbedingungen auch die Zusammenführung der Fragen und dieser Daten geregelt sowie die Weitergabe an Dritte. Das muss man wissen, wenn man mit ChatGPT umgeht. Dieses Hilfsmittel wächst zu einem enormen Datenhort heran. Wir haben nicht nur im amerikanischen Wahlkampf lernen müssen, wie Nutzerdaten zur gezielten Manipulation genutzt werden. Das ist eben bei ChatGPT nicht anders.
Viele Entwicklerinnen und Entwickler haben auf diese Probleme hingewiesen.
Ich hätte mir daher gewünscht, dass die Antragsteller nicht der Effekthascherei aufgesessen wären und den Antrag durch die Künstliche Intelligenz hätten schreiben lassen.
Unsere demokratische Legitimation hier im Parlament ist äußerst empfindlich.
Sie muss jeden Tag dem Ansturm von Propaganda und Lobbyismus standhalten.
Die Ausstellung im ersten Stock erinnert uns an den langen, steinigen Weg, den die Demokratie in Schleswig-Holstein genommen hat. Der Landtag ist ein Vorbild für demokratische Prozesse. Deswegen kommt uns als Abgeordneten eine Vorbildfunktion zu. Wir müssen uns anstrengen, Informationen zu bewerten und zu verarbeiten. Darum kommt für uns copy and paste nicht infrage. Ich bin irritiert, dass wir einen Antrag diskutieren, der von KI für KI geschrieben wurde.
Werden wir das auch in anderen Bereichen zulassen? Ich hoffe nicht. Das wäre nämlich das Ende einer engagierten, fachkundigen und unabhängigen Debatte. 
Ich halte mich an die KI-Strategie der Landesregierung. Ich zitiere: „Bislang fehlt es an verlässlichen Qualitätskriterien und Prüfverfahren für KI-Systeme.“ Solange das so ist, verbietet sich ein unkommentierter Einsatz von KI im Landtag. Der SSW lehnt den Antrag ab, unterstützt aber den Vorstoß der FDP, den Schulen gute Regelungen für den Einsatz von ChatGBT an die Hand zu geben. Diese sind nach meinem Dafürhalten längst überfällig, weil viele Schülerinnen und Schüler sie schon nutzen; meist völlig blauäugig. Es gibt keine ChatGPT-Detektor-Software, um Täuschungsabsichten entgegenwirken. Darum muss der Einsatz in Schulen geübt und erlernt werden.

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