Rede · Lars Harms · 20.09.2023 Wie steht es eigentlich um unsere Landespolizei?

„Die Landesregierung weiß oft wenig. Und manchmal weiß sie gar nichts.“

Lars Harms zu TOP 49 - Bericht zum Vorantreiben der Modernisierung der Landespolizei (Drs. 20/1044)

Anfang des Jahres haben wir schon einmal über die Modernisierung unserer Landespolizei debattiert. Anlass war der Antrag der Koalition mit gleichlautendem Titel. Inhalt war jedoch einzig der digitale Dienstausweis. Wir als SSW stellen uns unter Modernisierung der Landespolizei ein bisschen mehr vor, daher dieser Berichtsantrag. Wir wollen wissen, wie es um die Umsetzung der E-Akte steht, um die Informations- und Kommunikationstechnik, um das Personalzuwachsverfahren, das Bootskonzept, die Dienstgebäude, Schutzausrüstung, Diversität und noch einiges mehr – sie haben den Bericht ja vorliegen. 

Zwei Aspekte sind für uns als SSW besonders wichtig: Da ist zum einen die Personalsituation und zum anderen die Gesundheit der Mitarbeiter der Landespolizei. Und beides hängt miteinander zusammen. Besonders deutlich wird das aus den Planungen im Personalzuwachsverfahren, wenn Sie in den Bericht schauen wollen, Seite vier. Gucken Sie sich die Planungen für die zukünftige zweite Einsatzhundertschaft an. Für 2023 sind 25 Planstellen vorgesehen. Für 2024 weitere 25, beides im Rahmen der Übernahme der Auszubildenden. Zusätzlich sollen 40 weitere Einstellungen erfolgen. Bisher stehen also 90 Stellen zur Verfügung. Da kann man schon mal sagen, das sind nicht hundert. Im Bericht ist die Rede von 40 weiteren Planstellen in 2025 und wir werden uns an dieser Stelle ganz genau beobachten, ob diese Stellen weiter eingeplant werden. 
Denn was man immer mitdenken muss, ist, dass eine Hundertschaft aus deutlich mehr Stellen bestehen muss als 100. Menschen haben auch mal Urlaub, müssen Überstunden ausgleichen oder werden eben krank. Und diese Krankheiten können eben auch berufsbedingt sein. Bei Einsätzen muss sich also unsere Polizei ein ums andere Mal fragen: „Wie war das bei Willy, hat der einen gesunden Rücken?“ Wenn nicht, fällt Willy aus. 

Und da sind wir beim Thema Gesundheit. Es ist nicht nur der Rücken, es sind die, die keinen Helm mehr tragen dürfen, die keine Nachtdienste mehr übernehmen können. Diejenigen, die aufgrund von psychischen Belastungen für gewisse Aufgaben nicht mehr in Betracht kommen. Der Kollege Dürbrook hat zum Thema Krankenstand der Landespolizei ja auch vor einiger Zeit eine Kleine Anfrage gestellt, deren Inhalte ich jetzt nicht vorwegnehmen möchte. Aber eines wird eben in der Beantwortung der Anfrage, in unserem Bericht und in Gesprächen mit der Polizei, wie wir sie alle führen deutlich: die Landesregierung weiß oft wenig. Und manchmal weiß sie gar nichts. 2022 lagen wir bei 219.589 Fehltagen bei den Beamtinnen und Beamten der Landespolizei, 2023 zur Hälfte des Jahres bei 101.174. Um welche Art von Erkrankungen es sich handelt und ob sie etwas mit dem Dienst zu tun haben, bleibt unbekannt. 

Es fehlen also die Daten, um wirklich eine zielgerichtete Gesundheitsfürsorge umzusetzen. Die GdP forderte im Sommer verständlicherweise eine Ursachenforschung. „Die Landespolizei steht vor vielfältigen Herausforderungen. Daher müssen sachliche und personelle Ausstattung diesen Herausforderungen immerwährend angepasst werden. Hierfür braucht es entsprechende Planungen und Grundlagen.“, so begründen auch wir unseren Berichtsantrag. 

Es gibt eine Menge interessante weitere Aspekte in diesem Bericht: Etwa, dass sich der Abschnitt „Diversität“ einzig auf sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität bezieht. Wir hatten da ehrlich gesagt einen etwas breiteren Diversitätsbegriff angedacht. Wie steht es beispielsweise um Menschen mit Migrationshintergrund in der Landespolizei, auf welche sprachlichen Kompetenzen können wir eigentlich theoretisch zugreifen, welchen Bildungshintergrund haben unsere Polizistinnen und Polizisten und welche Ausbildungen sind vielleicht auch jetzt im Landesdienst sehr hilfreich? Wir müssen viel besser darin werden, die Fähigkeiten, die unsere Polizistinnen und Polizisten schon mitbringen, zu erkennen und sie zu nutzen. 

Auffallend ist hierbei auch, dass der Begriff „Frauen“ auf 18 Seiten genau drei mal in ein und demselben Absatz vorkommt, der übrigens unkonkreter nicht sein könnte. Man gibt sich Mühe, so lässt sich der Absatz zusammenfassen. Ein Mentoringprogramm für Frauen in Führungsfunktionen sei angestoßen, das „Schwerpunktthema“ Führen in Teilzeit werde mit einem Projekt landesweit umgesetzt. Dass das nicht aufgeht, sollte Ihnen einleuchten. 

Ein ganz anderes Thema sind die Abschnitte, zu den Pilotprojekten mit Tasern und Body-Cams. Sie bleiben bedauerlicherweise bemerkenswert informationslos. Teilweise sollen da ja noch Berichte folgen. Daher finde ich es wirklich wichtig, dass wir uns weiter mit diesem Bericht und der Frage, welche Daten wir eigentlich außerdem noch bräuchten, um unsere Landespolizei zu modernisieren, beschäftigen. Ich freue mich auf den Austausch im Ausschuss. 

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