Rede · Christian Dirschauer · 12.07.2023 Vorfahrt für die CO2-Einsparung – Klimaschutz im Straßenverkehr

„Wir fordern umfassendere LKW-Überholverbote auf 2-spurigen Autobahnen und dort, wo es keine Verkehrsleitsysteme gibt. Diese können auch temporär und abschnittsbezogen sein. Insbesondere zu Zeiten, wo ohnehin dichter Verkehr ist, hat das einen unmittelbaren Effekt auf die Sicherheit und den Verkehrsfluss.“

Christian Dirschauer zu TOP 10 - Vorfahrt für die CO2-Einsparung – Klimaschutz im Straßenverkehr (Drs. 20/1129)

Was haben Afghanistan, Burundi, Haiti und Deutschland gemeinsam? Tatsächlich nicht viel, bis auf eines: sie haben kein Tempolimit auf Autobahnen. Nun ist ja die Frage: spielt das z. B. in Afghanistan eine Rolle, gibt es dort wirklich Straßen, auf denen man seinen hochmotorisierten Wagen mal so richtig ausfahren kann? Wohl eher weniger. Aber man kann zu Recht fragen: wie kann es sein, dass Deutschland das einzige Land in Europa ist, in dem man meint, es sei zeitgemäß, mit Tempo 200 über die Autobahn zu donnern?
Wir müssen in allen Sektoren CO2 einsparen. Und wir wissen auch, dass hier vor allem der Verkehrssektor in den letzten Jahren keinen großen Beitrag geleistet hat. Nun heißt es immer wieder, ein Tempolimit von 130 km/h auf der Autobahn bringe eh nichts, das spare ja nur 6 Prozent Co2-Ausstoß im Jahr. Aber in absoluten Zahlen wären das immerhin 2,6 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente im Jahr. Das ist allemal mehr als nichts. Die Kraftstoffeinsparung bei einem Tempolimit von 130 km/h betrüge pro Jahr nach Berechnungen des Umweltministeriums 600 Mio. Liter Sprit. Durchaus ein Beitrag, um fossile Energien in Deutschland einzusparen. 
Vor der Bundestagswahl haben SPD und Grüne den Anspruch formuliert, endlich ein Tempolimit auf Deutschlands Autobahnen einführen zu wollen. Aktuelle Umfragen zeigen, dass es auch in der Bevölkerung mittlerweile eine Mehrheit für ein Tempolimit gibt. Und warum auch nicht? Gegen ein Tempolimit können nur Menschen mit überdimensionierten Autos sein, die sich selbst überschätzen und sich nicht um die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer scheren. Das ist nicht mehr zeitgemäß.  Darum fordern wir die Landesregierung auf, eine Bundesratsinitiative zu initiieren mit dem Ziel, die Höchstgeschwindigkeit auf den Autobahnen auf Tempo 130 km/h zu begrenzen. Denn auch das von den Gegnern mantraartig ins Feld geführte Argument, dass die Autobahnen durch ein Tempolimit nicht sicherer würden, ist schlicht falsch. Je höher die Geschwindigkeit eines Autos bei einem Unfall, desto größer auch die Schäden an Fahrzeug und Insassen. Das ist reine Physik, das kann man auch durch Starrsinn nicht aufheben. Und wenn wir die Umsetzung der Vision Zero, also die Null Verkehrstoten, perspektivisch ehrlich meinen, kommen wir an einem Tempolimit nicht vorbei. 
Außerdem fordern wir umfassendere LKW-Überholverbote auf 2-spurigen Autobahnen und dort, wo es keine Verkehrsleitsysteme gibt. Diese können auch temporär und abschnittsbezogen sein. Insbesondere zu Zeiten, wo ohnehin dichter Verkehr ist, hat das einen unmittelbaren Effekt auf die Sicherheit und den Verkehrsfluss. 

Perspektivisch müssen wir die Lasterkolonnen auf unseren Straßen durch verstärkte Investitionen in die Schienen-Infrastruktur reduzieren. Aber bis es so weit ist, können temporäre Überholverbote, das sehen wir in Dänemark, eine entlastende Wirkung haben. 
Darüber hinaus ist es an der Zeit, die Entscheidungskompetenz über eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften an die Gemeinden und Städte zu geben. Beinahe 850 Kommunen bundesweit fordern mittlerweile, dass sie ohne bürokratische Hürden Tempo 30-Zonen einrichten können. Sei es aus Gründen des Lärmschutzes, des Luftschutzes oder um das Miteinander der verschiedenen Verkehrsteilnehmer zu verbessern. Hier sollte der Bund den Kommunen zutrauen, dass sie die Gegebenheiten vor Ort kennen und gute Entscheidungen für alle Verkehrsteilnehmer treffen. Auch dafür muss die Landesregierung sich in Berlin einsetzen!
Schon in 2019 haben wir das Thema Tempolimit auf Deutschlands Autobahnen erörtert, sogar eine Anhörung haben wir seinerzeit durchgeführt, wobei ein Großteil der Anzuhörenden, inklusive der VCD und die Polizeigewerkschaft sich deutlich für ein Tempolimit ausgesprochen haben. Und dann kommt die Politik und sagt: wen interessiert die Fachlichkeit, Hauptsache wir können rasen? So kann man auch Politikverdrossenheit erzeugen, meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund des Klimawandels ist der deutsche Sonderweg auf den Autobahnen nicht mehr zu rechtfertigen, jede Tonne CO2 ist eine zu viel! Wir müssen endlich zur Vernunft kommen!

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