Rede · Christian Dirschauer · 28.08.2020 Überbrückungshilfen für das Gaststättengewerbe sind immer noch notwendig
„Die wirtschaftlichen Sorgen bleiben groß und wir können es uns nicht leisten, unsere absolute Zugkraft-Branche im Stich zu lassen. Gleichzeitig müssen wir nun zusehen, dass wir die Hilfsprogramme zielgenauer anpassen und nicht mehr mit Pauschalen arbeiten.“
Christian Dirschauer zu TOP 35 - Das Hotel- und Gastgewerbe nachhaltig stützen (Drs. 19/2318)
Schleswig-Holstein ist bekannt als das Tourismusland zwischen den Meeren. Der Tourismus ist und bleibt unser wichtigster Wirtschaftszweig – und dieser wird leider auch auf Sicht noch mit am stärksten von der anhaltenden Corona-Krise betroffen bleiben.
Das Herz der schleswig-holsteinischen Wirtschaft schlägt mittelständisch – und gerade das hiesige Hotel- und Gaststättengewerbe ist ein typisches, gewachsenes, mittelständisches Gewerbe. Der vorliegende SPD-Antrag nennt ja die Zahlen und verdeutlicht den Ernst der Lage für diese Branche.
Eigentlich hatte das Jahr 2020 für das Tourismusgewerbe ja recht aussichtsreich begonnen, wie Zahlen des Statistikamtes Nord aus dem Februar zeigen. Doch dann kam im März der faktische Lockdown – und die Übernachtungen und Umsätze im Hotel- und Gaststättengewerbe gingen vorübergehend auf quasi Null zurück. Der Tagestourismus kam zum Erliegen, das so wichtige Ostergeschäft fiel aus und dann halfen auch die wenigen erlaubten Geschäftsreisenden nicht mehr. Seit einigen Wochen dürfen Hotels und gastronomische Betriebe – zwar unter strengen Vorschriften, aber immerhin – wieder öffnen, aber wirtschaftlicher Umsatz sieht natürlich anders aus. Die wirtschaftlichen Sorgen bleiben groß und wir können es uns nicht leisten, unsere absolute Zugkraft-Branche im Stich zu lassen.
Gleichzeitig können wir es uns aber auch nicht leisten, immer weitere Hilfsgelder bereitzustellen beziehungsweise die bestehenden Nothilfeprogramme über Monate oder gar Jahre fortzuführen. Das liegt auf der Hand. Zu Beginn der akuten Krise haben wir innerhalb kürzester Zeit gewaltige Summen mobilisiert und umfangreiche Hilfs- und Förderprogramme aufgestellt. Viele, viele Anträge wurden gestellt, abgearbeitet und ausgezahlt. Es musste eben alles sehr schnell gehen, um drohende Härten und noch dramatischere Folgekosten zumindest abzufedern.
Inzwischen dauert die Krise einige Monate an und wir können und sollten uns etwas genauer anschauen, wo und wie wir weitere Gelder in die Hand nehmen. Es muss nun zum einen um gezielte Unterstützung gehen für all jene Unternehmen, die vor der Krise gesund waren und nun aufgrund der Pandemie in eine unverschuldete Notlage geraten sind und daher eine Überbrückungshilfe brauchen. Denn es werden diese Betriebe sein, die sich auch später mit ihrem Gesamtkonzept am Markt behaupten werden können. Im Tourismusbereich liegt es ja nahe, dass insbesondere die Betriebe in den touristischen Hotspots vergleichsweise zügig auf den Pfad der wirtschaftlichen Erholung zurückfinden werden. Dies scheint ja auch erfreulicherweise der Fall zu sein. Auf der anderen Seite gibt es ja aber auch noch – wie im vorliegenden Antrag ganz richtig beschrieben – all die Betriebe in der zweiten Reihe und auch ganz besonders die urigen Landgasthöfe, die weiterhin schwer zu kämpfen haben. Hier müssen wir konkret schauen, wie und welche Betriebe notleidend sind und wie wir mit effizientem und effektiven Mitteleinsatz Existenzen und Arbeitsplätze sichern können. Mit Hilfsprogramm-Pauschalen sollten wir hingegen nicht mehr arbeiten.
Zusammengefasst: Die Auswirkungen der Corona-Krise werden wir noch lange spüren, gerade auch in der für unser Land so wichtigen Tourismusbranche mit ihrem Hotel- und Gastgewerbe. Gemeinsam mit allen Betroffenen teilt der SSW die Hoffnung, dass es für diese Branche zeitnah deutlich bergauf geht und dass zumindest die gröbsten Verluste einigermaßen aufgefangen werden können. Die auf Landes- und Bundesebene eingerichteten Wirtschaftshilfen sind aus unserer Sicht richtig und notwendig gewesen. Und wenn wir nun über Verlängerungen beziehungsweise Flexibilisierungen von Hilfsprogrammen diskutieren, dann sollte es darum gehen, notleidenden Betrieben mit Zukunftsperspektive eine nachhaltige und vor allem auch passgenaue Unterstützung zukommen zu lassen. Den SPD-Antrag unterstützen wir daher und auch den Änderungsantrag der Jamaika-Koalition können wir mittragen. Zudem begrüßen wir die Ankündigung der Großen Koalition, die Laufzeit des Überbrückungshilfen-Programms für KMU bis Dezember 2020 zu verlängern. Dies sind alles wichtige Schritte, bei denen es nun auf die weiteren Details ankommt, damit sich möglichst viele Betriebe hoffentlich zeitnah und nachhaltig erholen können.