Pressemitteilung · 20.01.2025 Sympathieträger, Genussmensch, Glücksfall und Verhandlungsprofi: Lars Harms offiziell aus dem Landtag verabschiedet
Heute Abend fand im Schleswig-Holsteinischen Landtag in Kiel die feierliche Verabschiedung von Lars Harms statt. Ein Vierteljahrhundert lang hat der Nordfriese die Landespolitik in Schleswig-Holstein mitgeprägt. Zum Jahreswechsel schied der SSW-Politiker aus Husum auf eigenen Wunsch aus dem Parlament aus.
Rund 200 Gäste waren nach Kiel gekommen, um das Wirken von Lars Harms in der Landespolitik zu würdigen. Anke Spoorendonk, SSW-Politikerin und langjährige Weggefährtin im Landtag, bezeichnete ihn als „Glücksfall für den SSW“. Mit seinem pragmatischen und konstruktiven Stil habe er die Arbeit der Minderheitenpartei im Landtag geprägt, sei dabei stets frech und selbstbewusst aufgetreten. Küstenschutz habe er dort als sein persönliches Leib- und Magenthema politisch überhaupt erst etabliert, das Tariftreuegesetz auf den Weg gebracht und wahnsinnig viel für die friesische Sprache und Kultur erreicht. „Hier hinterlässt er große Fußstapfen“, so Spoorendonk.
Landtagspräsidentin Kristina Herbst hat genau nachgezählt und kommt auf 2250 Wortbeiträge von Lars Harms im Plenarsaal. „Zwischenrufe nicht eingerechnet“. Sie bezeichnete ihn als fraktionsübergreifend geschätzten Kollegen. „Mit dir konnte man immer reden, in der Sache streiten, aber auch zu einer Entscheidung kommen, hinter der alle stehen“, würdigte sie den parlamentarischen Stil des „definitiv einflussreichen“ SSW-Politikers. Passend zu einer seiner größten Errungenschaften, dem Friesisch-Gesetz sowie der Gründung des „Nordfriisk liirskap“ zur Förderung des Friesisch-Unterrichts, hatte sie ein besonderes Geschenk dabei: Eine friesische Version des plattdeutschen Lied-Klassikers „Fresenhoff“, eigens für diesen Anlass übersetzt und vorgetragen von der jungen Musikerin Karin Franz.
Einen wissenschaftlichen Blick auf die Bedeutung von Lars Harms in der Landespolitik warf der Historiker Dr. Jørgen Kühl. Als Meilensteine nannte er die Aufnahme der Sinti und Roma in den Minderheitenartikel sowie die Sicherung der Gleichstellung der dänischen und friesischen Schulen in der Landesverfassung. „Er hat Maßstäbe gesetzt, landespolitische Finger- und Fußabdrücke gesetzt und war ein Sympathieträger über die Fraktionen hinweg.“
Christian Dirschauer, SSW-Landesvorsitzender und Harms‘ Nachfolger als Fraktionsvorsitzender, würdigte das parlamentarische Wirken und das gute Standing, das durch seine pragmatische und kompromissorientierte Politik dem SSW heute zukommt.
Auch eine neue Kompetenz des Landespolitikers konnten die Gäste erfahren: das „Friesieren“, wie Marie Hahn, Vorsitzende des Friisk Foriining, erklärte. Dahinter verberge sich in der friesischen Minderheit der Prozess, wenn sich eine außenstehende Person zu einem Friesisch-Unterstützer wandele. „Mir scheint, dass Lars auch während seiner Jahre im Landtag so einige Menschen friesiert hat“, sagte sie mit einem Schmunzeln. „Lars hat immer wieder Menschen davon überzeugt, dass Minderheiten uns alle etwas angehen. Dass sie unser gemeinsames kulturelles Erbe sind, das wir nur gemeinsam schützen können.“
Schließlich kam der scheidende Landtagspolitiker auch selbst ein letztes Mal im Landtag zu Wort. „Ich habe das Glas immer halb voll, nie halb leer gesehen. Herausforderungen sind nicht unlösbar. Wir müssen es nur wollen und machen“, so der 60-Jährige. Als eines der schönsten Erlebnisse im Landtag nannte er den Moment, als die AfD bei der letzten Wahl wieder aus dem Parlament ausschied. „Demokratie muss wehrhaft sein. Wir dürfen nicht denjenigen, die radikal sind, das Ruder hinterlassen.“ Bei allen politischen Unterschieden müsse man sich als Politiker zusammenraufen, das sei der Wählerauftrag. „Wir müssen miteinander auskommen – über Parteigrenzen hinweg. Denn zuallererst müssen die Probleme der Menschen gelöst werden. Das bringt das Land wirklich voran. Und im Kieler Landtag haben wir immer wieder bewiesen, dass hier Demokraten zusammenstehen, wenn es darauf ankommt."