Rede · 24.03.2011 Schuldner- und Insolvenzberatung stärken, Auswirkungen der Liberalisierung des Glücksspiels auf das Suchtverhalten

Eins muss ich vorab ganz deutlich sagen: Der SSW steht dem Alleingang der Landesregierung bei der Liberalisierung des Glücksspiels durch den aktuellen Gesetzentwurf sehr kritisch gegenüber. Wir haben in dieser Angelegenheit immer klar gesagt, dass dem Spielerschutz und der Präventionsarbeit die höchste Priorität zukommen muss. Vermeintliche Mehreinnahmen, deren Höhe keiner genau beziffern kann, dürfen nicht zu einem Rückzug des Staates aus diesem sensiblen Bereich führen. Jedem sollte klar werden, dass die vage Hoffnung auf eine Einnahmesteigerung durch erleichterten Zugang zum Glücksspiel letzten Endes nicht mehr als eine Milchmädchenrechnung ist. Denn nach den bisherigen Erkenntnissen wird die Zahl der Problem- und Suchtspieler und damit die Folgekosten für Therapie- und sonstige Hilfsmaßnahmen durch eine Liberalisierung des Glücksspielmarktes stark ansteigen.

Aktuelle wissenschaftliche Studien zu den Auswirkungen des Glücksspiels auf das Suchtverhalten belegen diese Tatsache zunehmend. Wir stehen bei der Frage nach den Auswirkungen einer Gesamt- oder Teilliberalisierung dieses Marktes noch ganz am Anfang. Auch die Vorgängerdebatten zu diesem Thema machten deutlich, dass es viele ungeklärte Fragen und - zumindest aus Sicht des SSW - kaum kalkulierbare Risiken gibt. Auch der vorliegende Bericht der Landesregierung zu den Folgen einer Liberalisierung auf das Suchtverhalten sorgt für wenig Klarheit. Er trifft keine eindeutige Aussage darüber, ob mit einer Liberalisierung des Glücksspiels auch eine erhöhte Anzahl Spielsüchtiger einhergeht. Die Gründe hierfür liegen nach Angabe des zuständigen Ministeriums unter anderem in der dürftigen Datenlage, langen Karenzzeiten oder aber in erhöhten Hemmschwellen von Spielsüchtigen mit Migrationshintergrund, Hilfsangebote wahrzunehmen.

Mich verwundert daher der Antrag der Grünen, der unter anderem zum Ziel hat, im Zuge der Neuordnung des Glücksspiels auch die Schuldner- und Insolvenzberatung des Landes zu stärken und der so möglicherweise die Liberalisierung des Glücksspiels rechtfertigen soll. Damit hier kein falscher Zungenschlag aufkommt: Auch wir halten die Kürzungen im Bereich der Verbraucherinsolvenzberatung und der Präventionsmaßnahmen durch die Landesregierung für sehr problematisch. Vor dem Hintergrund der über 100.000 verschuldeten Haushalte und der stetig steigenden Privatinsolvenzen im Land halten wir die Stärkung dieser Angebote selbstverständlich für enorm wichtig. Ohne Zweifel leiten die 36 anerkannten Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen in Schleswig-Holstein wertvolle Arbeit, zu der das Land natürlich auch in Zukunft seinen Teil beitragen muss. Dabei steht für den SSW aber fest, dass diese Notwendigkeit nicht erst seit den Plänen der Landesregierung zur Neuordnung des Glücksspiels besteht.

Für die Stärkung der Schuldnerberatung für Selbständige gilt, dass derartige Angebote bereits bestehen und keinesfalls einseitig ausgebaut werden sollten. Die IHK, die immerhin rund 200.000 Gewerbetreibende im Land vertritt, sieht hier eine unverändert geringe Nachfrage und damit kaum Bedarf, diesen Bereich zu erweitern. Auch die Investitionsbank Schleswig-Holstein sieht sich mit dem bestehenden Angebot der Finanzierungsberatung als ausreichend und nachfragegerecht aufgestellt. Im Übrigen wäre eine weitergehende Schuldnerberatung für Selbständige auch nicht mit den geltenden rechtlichen Grundlagen der Investitionsbank vereinbar.

Die Stärkung der Präventionsarbeit der Schuldnerberatungsstellen ist aus Sicht des SSW dagegen eine Aufgabe, die wir zügig angehen müssen. Auch die Formulierung von strengeren Kriterien für die Zulassung von Beratungsstellen nach Paragraph 305 der Insolvenzordnung ist dringend notwendig. Und um zu verhindern, dass mit der Finanznot der Menschen Geschäfte gemacht werden, muss selbstverständlich auch die Gebührenordnung für pfändungsgeschützte Konten strikter durchgesetzt werden.

Fest steht, dass sowohl der vorliegende Antrag wie auch der Bericht eine ganze Reihe von Fragen aufwirft, die wir im weiteren Beratungsverlauf zu klären haben. Hier herrscht ganz Allgemein noch ein erheblicher Informationsbedarf, der erst durch die Arbeit in den Ausschüssen gedeckt werden muss, bevor derart wichtige Entscheidungen getroffen werden können. Es darf insbesondere nicht sein, dass durch einen vordergründigen Ausbau der Betreuungsinfrastruktur die Liberalisierung des Glücksspiels quasi durch die Hintertür gerechtfertigt wird. Die Liberalisierung des Glücksspiels ist der falsche Weg.

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