Rede · 16.07.2009 Resettlement – Für eine neue Flüchtlingspolitik

Am 23. Mai wurde das Grundgesetz 60 Jahre alt. Im Parlamentarischen Rat hatte man sich viele Gedanken gemacht, welche Konsequenzen das neue demokratische Deutschland aus dem Unrecht des Dritten Reiches ziehen sollte. Herausgekommen ist unter anderem das Grundrecht auf politisches Asyl. 1992 wurde das Asylgrundrecht durch eine Drittlandklausel abgewertet. Eine Entscheidung, die der SSW damals massiv kritisiert hat, weil sie unmenschlich war und einem Mangel an demokratischer Kultur und Toleranz gleichkam. Damals hat das Ende der vorbehaltlosen Asyl- und Flüchtlingspolitik den rechtsradikalen Parteien viele Wähler zugespült.

Die neue politische Bewegung des Resettlement versucht, diesen Fehler zumindest teilweise zu beheben. Menschen, die in einem Drittland Zuflucht gesucht haben, können im Zuge der Resettlementpolitik trotzdem auf die Gastfreundschaft Deutschlands hoffen. Hintergrund sind die wachsenden Flüchtlingsströme. Die Vereinten Nationen haben das Flüchtlingskommissariat beauftragt, dauerhafte Lösungen für die Flüchtlinge zu finden. Dies kann entweder eine Perspektive im Erstfluchtland sein, die freiwillige Rückkehr ins Heimatland oder eben die Neuansiedlung in einem sicheren Drittland wie Deutschland. Für die irakischen Flüchtlinge in Syrien kommt eine Rückkehr nicht in Frage; ebenso wenig wie der Verbleib im Fluchtland, wo für die irakischen Christen keine freie Religionsausübung möglich ist. Insgesamt schätzt UNHCR, dass aktuell mehr als 6,2 Millionen in ausweglosen Flüchtlingssituationen ohne Aussicht auf eine dauerhafte Lösung leben müssen: bhutanesische Flüchtlinge in Nepal, afghanische Flüchtlinge im Iran und in Pakistan sowie burundische, somalische, kongolesische und liberianische Flüchtlinge in Tansania, Uganda, Kenia und in der Republik Kongo.

Der SSW unterstützt die Resettlement-Bemühungen der Vereinten Nationen und hat bereits im Januar gemeinsam mit Bündnis 90/Die Grünen und SPD einen entsprechenden Antrag im Kieler Rat vorgelegt.

Dennoch möchte ich darauf hinweisen, dass ein ernstzunehmendes Resettlement-Programm, das den Flüchtlingen Sprach- und Integrationskurse anbietet und sie bei Aus- und Weiterbildung unterstützt, solide finanziert sein muss. Wir müssen daher umgehend eine Einigung über die notwendigen Mittel erzielen und diese beschließen. Nur so bleibt unsere Glaubwürdigkeit erhalten. Schließlich wird eine humane Flüchtlingspolitik nicht an Resolutionen gemessen, sondern an Taten.

Darüber hinaus sollte die Euphorie für die neue Flüchtlingspolitik die offenen Fragen der alten Flüchtlingspolitik nicht vergessen machen. Resettlement ist nur eine Ergänzung; aber keinesfalls ein Ersatz. In Schleswig-Holstein leben immer noch tausende Menschen ohne einen gesicherten Aufenthaltstatus mittels der so genannten Kettenduldung. Diese Geduldeten leben von einem Tag zum anderen, immer von Abschiebung bedroht. Diejenigen, die unter die mühsam erkämpfte Bleiberegelung für Altfälle, zumindest eine kleine Verbesserung erleben durften, drohen nun an den Klippen der Finanzkrise zu zerschellen. Sobald nämlich der Arbeitsplatz des Altfalles weg ist, fängt die Hängepartie wieder von vorne an. Ein Fall, der angesichts steigender Arbeitslosenzahlen nicht allzu unwahrscheinlich ist. Hier sollten wir bald möglichst eine bessere Lösung finden als den derzeitigen Minimalkonsens mit seinen zahlreichen Bedingungen.

Die Idee, Schleswig-Holstein zum sicheren Hafen, zum Safe Haven, zu erklären, ist unschlagbar gut und findet unsere volle Unterstützung. Die Kampagne von Flüchtlingsrat, Wohlfahrtsverbänden und Kirchen will einen Neuanfang in der Flüchtlingspolitik wagen und ruft die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner auf, sich am eigenen Wohnort für Zufluchtsstätten einzusetzen. Damit zieht sie einen Schlussstrich unter eine Debatte, in der menschliche Einzelschicksale zur Flut umgeschrieben wurden. Safe Haven will einzelnen Flüchtlingen eine sichere Heimstatt bieten; ein neues Zuhause. Dem sollten wir uns alle anschließen.

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