Rede · Jette Waldinger-Thiering · 20.06.2024 Rahmenbedingungen für Lehrerinnen und Lehrer verbessern
„Es ist mit einem dualen Studium nicht getan. Vielmehr braucht es eben auch attraktive Rahmenbedingungen in den Schulen, damit die Lehrkräfte dem Beruf dauerhaft erhalten bleiben. Also weniger Verwaltungsaufwand, mehr multiprofessionelle Teams, kleinere Schülergruppen.“
Jette Waldinger-Thiering zu TOP 18 und 30 - Duales Lehramtsstudium in Schleswig-Holstein ermöglichen, das dritte Paket zur Lehrkräftegewinnung darf nicht zu klein sein (Drs. 20/2210 und 20/2223)
Seit Jahren drehen wir uns beim Thema Lehrkräftegewinnung im Kreis. Wir haben zu wenig Lehrerinnen und Lehrer, zu wenig junge Menschen entscheiden sich für ein Lehramtsstudium, vor allem in den Mangelfächern, folglich werden vor allem die Mangelfächer an den Schulen nicht ausreichend gelehrt, weshalb dann noch weniger junge Menschen ein Studium in diesen Fächern aufnehmen.
Insofern ist der Antrag der FDP-Fraktion erstmal gut gedacht:
das Masterstudium wird attraktiver, weil es bezahlt ist und die Absolventinnen und Absolventen den Job für danach schon in der Tasche haben. Und doch greift der Antrag zu kurz. Wir haben ja nicht nur einen Mangel an Lehrenden im Fach Informatik, sondern in allen Mint-Fächern, in Kunst, Musik und Religion und an manchen Orten sogar in fast allen Fächern.
Und wir haben den Mangel vor allem nicht nur an den weiterführenden Schulen, sondern schon an den Grundschulen, wo die Schülerinnen und Schüler sich dann mit fachfremden oder studierenden Vertretungskräften herumschlagen.
Und dann wundern wir uns wieder, dass die Schüler nicht ausreichend lernen und keine Mint-Fächer studieren möchten.
Sie sehen: die Katze beißt sich in den Schwanz.
Immer und immer wieder, seit Jahren schon. Nun lassen Sie uns der armen Katze doch endlich mal was Neues hinwerfen: also ein duales Studium, das die jungen Menschen langfristig an ihre Schule bindet, schon zu Beginn der Ausbildung.
Aber eben nicht nur für die Informatik, sondern für alle Mangelfächer, so wie es nun in Baden-Württemberg begonnen wird. Oder für alle Fächer an den Schulen, die Lehrermangel haben, so wie es in Thüringen seit diesem Jahr möglich ist.
Dort sogar für Bachelor- und Masterstudiengänge. Und wir brauchen nicht mal so weit weg schauen, um Inspiration zu finden: auch die Universität Flensburg bietet ein duales Masterstudium an, im Bereich Sonderpädagogik.
Dies kann man sicherlich als Inspiration für andere duale Masterstudiengänge heranziehen.
Aber zur Wahrheit gehört eben auch: es ist mit einem dualen Studium nicht getan.
Vielmehr braucht es eben auch attraktive Rahmenbedingungen in den Schulen, damit die Lehrkräfte dem Beruf dauerhaft erhalten bleiben. Also weniger Verwaltungsaufwand, mehr multiprofessionelle Teams, kleinere Schülergruppen.
Nur wenn wir es schaffen, auch diese Rahmenbedingungen anzupassen, bleiben die Lehrerinnen und Lehrer auch langfristig.
Gerade gestern las ich, dass die Bildungsausgaben in den vergangenen 10 Jahren in Deutschland zwar um 46 Prozent gestiegen sind, der Anteil der Bildungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt aber nur um 0,2 Prozent.
Und der Rest? Ist für wichtigere Aufgaben verwendet worden.
Und dann heißt es immer wieder: wir müssen sparen, wir haben kein Geld. Aber was sagen diese Zahlen eigentlich über den Stellenwert, den Bildung in unserem Land hat? Warum sparen wir immer wieder da, wo vorher schon zu wenig war? Jeder Euro, den wir in Bildung investieren, ist am Ende ein gut investierter Euro. Wie kann es sein, dass wir in einem so wohlhabenden Land nicht willens und in der Lage sind, unser Bildungssystem ordentlich zu finanzieren? Ein dualer, fair entlohnter Berufseinstieg ins Lehramt kann hierzu ein erster Schritt sein, aber dann muss er größer ausfallen als hier von der FDP vorgeschlagen. Ich beantrage daher Ausschussüberweisung, um das Thema dort im notwendigen Umfang erörtern zu können.