Rede · Lars Harms · 12.07.2023 Rahmenbedingungen für Beamte weiterentwickeln
„Die vereinbarte Öffnung gegenüber den gesetzlichen Kassen ist ein wichtiger Schritt zu mehr Gerechtigkeit. Die gesetzliche Krankenversicherung muss aber ohne Vorbedingungen und finanzielle Nachteile frei gewählt werden können.“
Lars Harms zu TOP 4 - Gesetz zur Fortentwicklung dienstrechtlicher Vorschriften (Drs. 20/1152)
Unsere Gesetzgebungsarbeit hängt von einer guten Umsetzung ab. Und die wird überwiegend von Beamtinnen und Beamten in Behörden und Ministerien gewährleistet. Sie sind also unsere wichtigste Ressource. Darum begrüße ich es ausdrücklich, wenn die Rahmenbedingungen der Arbeit laufend fortentwickelt werden. Genau das hat sich die Landesregierung mit ihrem Gesetzentwurf zwar vorgenommen, aber noch nicht komplett abgedeckt. Ich möchte auf einige Punkte hinweisen, wo wir in den Beratungen nachschärfen müssen, um noch bessere Lösungen zu finden.
Zunächst das Thema Elternzeit. Das Elterngeld wird derzeit im Zusammenhang mit der Kindergrundsicherung auf Bundesebene heiß diskutiert. Dabei wird übersehen, dass die Elternzeit für viele Beamtinnen und Beamten mit einem deutlichen Nachteil verbunden ist. Es geht hier um die Zuschüsse zur Privaten Krankenversicherung der Beamtinnen und Beamten. Unter der Versicherungspflichtgrenze erhalten sie monatlich 31 Euro Krankenversicherungszuschuss; bis zur Besoldungsgruppe 8 und im Vorbereitungsdienst gibt es 80 Euro. Ich denke, dass wir im Ausschuss beraten sollten, inwieweit diese Sätze fortentwickelt werden können; und zwar umgehend. Es reicht nicht aus, eine spürbare Anhebung der Zuschüsse zur PKV in Elternzeit lediglich anzuregen – jetzt müssen die entsprechenden Entschlüsse gefasst werden. Das wäre ein klares Signal des Landes als ein familienfreundlicher Arbeitgeber. Warum der Entwurf ausgerechnet an dieser Stelle die Haushaltssituation ins Feld führt, ist nicht nachvollziehbar.
Ein anderes Thema ist die Mehrarbeit. Überstunden werden in Zukunft sicherlich mehr anfallen, als das jetzt der Fall ist. Angesichts des demographischen Wandels, der enormen Pensionierungswelle und allgemeiner Rekrutierungsprobleme werden lang- bis mittelfristig auch Beamtinnen und Beamte mehr arbeiten müssen. Sie werden die fehlenden Kolleginnen und Kollegen ersetzen müssen. Dass wir angesichts der enormen personellen Herausforderungen in den nächsten Jahren neu denken werden, ist aber noch nicht so ganz beim Dienstherrn angekommen. Die Arbeitsbelastung muss grundsätzlich anders verteilt werden und die Abläufe völlig neu strukturiert werden. Der Gesetzentwurf setzt sich zunächst mit der Mehrarbeit auseinander. Das zeigt mir, dass der Ernst der Lage durchaus erkannt worden ist.
Aber ein großes Problem bleibt bestehen: Fünf Stunden Mehrarbeit im Monat werden bei Beamtinnen und Beamten nicht ausgeglichen. Erst wenn sechs und mehr Stunden Mehrarbeit anfallen, gibt es einen entsprechenden Ausgleich. Ich halte diese Regelung für aus der Zeit gefallen. Die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten ist mit 41 Stunden sowieso höher als die ihrer angestellten Kollegen. Da muss nicht durch die Hintertür noch eine unsichtbare Belastung hinzukommen, die die Arbeitszeit auf 42 Stunden hochschraubt. Ich gehe davon aus, dass wir im Ausschuss an dieser Stelle das Gesetz noch korrigieren. Mir ist natürlich klar, dass Beamte grundsätzlich keine Vergütung für ihre Mehrarbeit erhalten; aber darum geht es nicht. Es geht auch nicht um irgendwelche offenen oder versteckten Leistungen, sondern darum, dass auch die ersten fünf Stunden im Monat durch Freizeit ausgeglichen werden. Ich bin der Meinung, dass wir auch hier eine zeitnahe Lösung finden können.
Zum letzten Thema: Der Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung. Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Öffnung gegenüber den gesetzlichen Kassen ist ein wichtiger Schritt zu mehr Gerechtigkeit, weil damit die Solidargemeinschaft gestärkt wird. Dennoch sollte das kein Lippenbekenntnis sein, sondern mit konkreten Maßnahmen unterfüttert werden, die eben keinen finanziellen Nachteil für die Beamtinnen und Beamten nach sich ziehen und die vor allem den Beschäftigten eine freie Wahl ohne Vorbedingungen ermöglichen. Der Landtag hat bereits vor einem Jahr einen entsprechenden Vorstoß gemacht und den leichteren Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung gefordert. Auch in diesem Punkt muss die Landesregierung jetzt liefern.