Rede · Sybilla Nitsch · 10.05.2023 Netzausbau möglichst unbürokratisch ermöglichen
„Wenn ich sehe, wie viele Kommunen aktuell Flächen für Solarparks an große internationale Investoren veräußern, statt dort selbst zu bauen, tut mir das in der Seele weh. So viel Wertschöpfung und Akzeptanz, die ohne Not ausverkauft wird. Die Energiewende muss sich doch vor allem für die Schleswig-Holsteiner lohnen!“
Presseinformation
Kiel, den 10.05.2023
Es gilt das gesprochene Wort
Sybilla Nitsch zu TOP 13+31-43a - Berichtsantrag Stromverteilnetzplanung, Landesbürgschaften für kommunale Stadt- und Gemeindewerke und Klarheit für die Bürgerinnen und Bürger: Welche Verschärfungen fordert die Landesregierung beim Heizungsgesetz? (Drs. 20/798, Drs. 20/952, Drs. 20/984)
Ich habe bisher immer wahrgenommen, dass die Netzbetreiber sehr offen über ihre Planungen informieren, daher wundere ich mich ein wenig über Ihren Antrag. Natürlich müssen wir immer wieder prüfen, ob die Ausbauplanungen der Stromnetzbetreiber für die kommenden Jahre ausreichend sind. Wir sind uns einig, dass das Stromnetz mit der immer stärkeren Dezentralisierung der Stromerzeugung vor neuen Aufgaben steht.
Eine der großen Herausforderungen im Netzausbau liegt aktuell in den ungleichen Geschwindigkeiten. Einen neuen Solarpark kann man vielleicht in zwei Jahren fertig gebaut haben, der Netzanschluss für die Anlage, gerade im ländlichen Raum, dauert aber etwa fünf Jahre. Und wenn die Trasse dann endlich fertig gebaut ist, ist sie schon wieder zu klein, weil in der Zwischenzeit weitere Solarparks oder Windanlagen dazu gekommen sind.
Da sehe ich unsere Aufgabe vor allem: den Netzausbau möglichst unbürokratisch zu ermöglichen. Die Energiewende vollzieht sich schnell, da muss die Infrastruktur Schritt halten. Und das ist nicht immer einfach. Denn seien wir ehrlich, der Netzausbau ist nicht immer frei von Konflikten. Die Menschen müssen daher umfänglich in die Planungen vor ihrer Haustür einbezogen werden.
Wie in kaum einem anderen Bundesland sehen wir hier in Schleswig-Holstein, wie die Energiewende das Land verändert. Immer mehr Windparks, immer mehr Solarparks und eben auch mehr Stromtrassen und Umspannwerke. Darum ist es so wichtig, die Energiewende mit den Bürgerinnen und Bürgern gemeinsam zu gestalten. Da wo die Bürgerinnen und Bürger Anteile an Windparks haben, ist auch die Zustimmung größer. Nicht nur zu den Anlagen selbst, sondern auch zum Netzausbau.
Wenn ich sehe, wie viele Kommunen aktuell Flächen für Solarparks an große internationale Investoren veräußern, statt dort selbst zu bauen, tut mir das in der Seele weh. So viel Wertschöpfung und Akzeptanz, die ohne Not ausverkauft wird. Die Energiewende muss sich doch vor allem für die Schleswig-Holsteiner lohnen!
Lohnen müssen sich auch die Wärmenetze, für die Betreiber und für die Endkunden. Ich bin ein großer Verfechter der Nah- und Fernwärme, weil auf diese Weise viele Haushalte gleichzeitig klimaneutral werden können. Aber seien wir ehrlich: Fernwärmenetze sind ein Konzept für den urbanen Raum, man braucht eine große Zahl von Anschlüssen, damit die Wärme dann für die Kunden auch wirklich bezahlbar bleibt. Für kleinere Gemeinden sind Nahwärmenetze, die etwa aus der Abwärme von Biogasanlagen gespeist werden, ein super Konzept. Und hier sollten wir unbedingt unterstützend tätig werden, wo Bedarf besteht. Aber dafür braucht es keine Landesinfrastrukturgesellschaft sondern Fördermittel, mit denen der Bau von Wärmenetzen gezielt unterstützt werden kann. Die Idee, ins Eigenkapital der Firmen zu investieren, lehnen wir ab, das ist auch juristisch problematisch.
Das Wichtigste ist, dass wir den Bürgerinnen und Bürgern ein klares Signal geben, statt die Menschen im Land mit sich ständig widersprechenden Meldungen zu verunsichern. Und die Gemeinden brauchen Planungssicherheit. Wie soll eine Gemeinde sinnvoll ein Wärmenetz planen, wenn die Leute schon im kommenden Jahr anfangen, hektisch Wärmepumpen einzubauen? Der aktuelle Gesetzentwurf von Minister Habeck hat für sehr viel Unruhe gesorgt und viele Menschen verängstigt. Die jüngste Diskussion in der Koalition hier im Land hat das nicht besser gemacht. Wollen wir die im Koalitionsvertrag festgelegte Klimaneutralität 2040 erreichen, kommen wir nicht umhin, bis dahin die fossilen Heizungen zu ersetzen. Hierzu erwarten wir eine klare Positionierung der Landesregierung. Das Hackehüh der letzten Tage bringt uns da nicht voran.
Wichtig ist eine ehrliche Informationspolitik: wer weit draußen auf dem Land wohnt, muss wissen, dass er eher nicht auf einen Fernwärmeanschluss warten braucht. Aber für alle anderen dürfen wir die kommunale Wärmewende nicht durch ein übereilt verabschiedetes Bundesgesetz kaputt machen lassen!