Rede · 19.10.2000 Krankenhausplanung

Ich bin noch immer enttäuscht davon, wie manche Kollegen mit dem Rüschmann-Gutachten und dem Rest des Planungsprozesses umgegangen sind. Im ersten Akt wird medienwirksam ein riesiger populistischer Aufschrei produziert. Es wird behauptet, das Gutachten würde zum Kahlschlag in der schleswig-holsteinischen Krankenversorgung führen. Im zweiten Akt wird die Ministerin aufgefordert, den Gutachter aus der Schusslinie zu nehmen"; die Ministerin müsse sich endlich zu ihrer Reform bekennen. Im dritten Akt dann die dramatische Wende: Es zeichnet sich eine Kompromisslösung ab, mit der die Kritiker müssten leben können. Diese prügeln aber lieber auf die angeblich gescheiterte Ministerin ein, statt sich zu freuen. Es scheint fast, als wäre man enttäuscht, dass einem das Feindbild abhanden gekommen ist. Einen so unseriösen und primitiven Umgang mit einem so hoch sensiblen Thema habe ich selten erlebt. Ich hoffe, wir werden im weiteren Verlauf der Krankenhausplanung zu einem vernünftigeren Miteinander finden, in dem die Sicherung und Verbesserung der medizinischen und pflegerischen Versorgung der Bürgerinnen und Bürger im Vordergrund steht - dazu sind wir schließlich gewählt worden.

Die jetzt verbreitete Häme, die Ministerin habe im Planungsprozess nichts erreicht, zielt gewaltig an den Realitäten vorbei. Man sollte den Fortschritt nicht unterschätzen, den bereits die von der Arbeitsgruppe der Beteiligtenrunde erarbeitete Planungsgrundlage bringen könnte. Das Reform-Verfahren ist gestreckt worden, aber es ist nicht vom Tisch. Wer den Bürgern vorgaukelt, dass jetzt und in den nächsten Jahren alles weitgehend beim alten bleiben kann, sagt willentlich die Unwahrheit oder hat es noch immer nicht kapiert.

Wir halten die Methodik der Gesellschaft für Systemberatung im Gesundheitswesen nach wie vor für richtig. Deshalb begrüßen wir, dass der Ansatz des Rüschmann-Gutachtens nicht vom Tisch ist, sondern auch in Zukunft als Grundlage für die Planung dient. Das Konzept einer leistungsbezogenen, auf Benchmarking-Vergleichen beruhenden Krankenhausrahmenplanung ist die richtige Grundlage für die strukturellen Veränderungen der Finanzierung, die in den nächsten Jahren auf die Krankenhäuser zukommt. Bei Einführung der fallbezogenen Abrechnung über die sogenannten DRGs im Jahr 2003 müssen unsere Krankenhäuser warm angezogen sein. Durch das jetzt gewählte Verfahren wird dieser Anpassungsprozess erst einmal vorwiegend den Krankenhäusern selbst überlassen. Wir können nur hoffen, dass die Selbststeuerung in dem Sektor funktioniert, so dass einiges von dem verwirklicht wird, was die Rüschmann-Planungsempfehlungen vorweg nehmen wollten. Wir sind da nicht ohne Zuversicht, denn nicht zuletzt dank der intensiven Debatte über die vorgeschlagenen Strukturänderungen, wurde bereits ein Neudenken angeregt und bestehende Kooperationspläne der Krankenhäuser forciert. In diesem Sinne hat das Gutachten wie ein Katalysator gewirkt.

Eines der größten Spannungsfelder bei der Krankenhausplanung besteht darin, finanziellen Spielraum für erforderliche neue Angebote zu schaffen, ohne die Gesamtkosten hochzutreiben. Das geht nur indem man irgendwo etwas einspart. Die Kunst besteht also darin, trotz Veränderungen im bestehenden die Krankenversorgung nicht zu verschlechtern. Dafür steht uns mit dem Ansatz des Gutachtens ein gutes Instrument zur Verfügung. Wir benötigen es dringend, denn wir sind alle daran interessiert, z. B. die geriatrische Versorgung im Land zu verbessern. Daher bedauern wir auch, dass nach dem neuesten Stand der Dinge die Geriatrie nicht so stark ausgebaut wird, wie vom Gutachter vorgeschlagen. Ein zweiter Bereich, der leider schon im Rahmen des Gutachtens unter den Tisch gefallen ist, ist die Kinder- und Jugendpsychiatrie. Die kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung ist z. B. in Flensburg katastrophal - es gibt dort überhaupt keine. Ich hoffe, dass die Beteiligten hier noch einmal in sich gehen. Sie müssen dafür sorgen, dass die Verzögerung des Strukturwandels nicht dazu führt, dass solche drängenden neuen Aufgaben verdrängt werden.

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