Rede · Sybilla Nitsch · 25.01.2023 Klare Kriterien und faire Bedingungen bei Freihandelsabkommen

„Wenn es um Freihandelsabkommen geht, dann sagen wir ganz klar: Freihandel gern, aber nur mit klaren Kriterien und unter fairen Bedingungen. Für den SSW lauten diese: Transparenz, soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit sowie hohe Verbraucherschutz-Standards.“

Sybilla Nitsch zu TOP 11 - Freier Handel stärkt Frieden, Fortschritt und Wohlstand (Drs. 20/503; 20/533(neu); 20/538)

Ein freier Welthandel mit fairen internationalen Wettbewerbsbedingungen gibt wichtige Impulse für unser Wirtschaftswachstum, schafft Arbeitsplätze und sichert unseren Wohlstand. Gleichzeitig wird über Freihandelsabkommen der EU zum Teil sehr heftig gestritten. Dabei geht es beispielsweise um Profitinteressen, den Arbeitnehmer- und Verbraucherschutz oder Fragen des internationalen Wirtschaftsrechts.

Keine Frage: Freihandelsabkommen sind unverzichtbar, um den Handel in Zeiten der Globalisierung aktiv mitgestalten zu können. Wir können und wollen uns nicht von der Welt abkoppeln und es gilt der wachsenden Ungleichheit bei der Wachstumsrate und dem Fortschritt global entgegenzuwirken. Aber wenn es um Freihandelsabkommen geht, dann sagen wir ganz klar: Freihandel gern, aber nur mit klaren Kriterien und unter fairen Bedingungen. Für den SSW lauten diese: Transparenz, soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit sowie hohe Verbraucherschutz-Standards. 

Daher haben wir zum vorliegenden FDP-Antrag unseren Alternativantrag eingebracht, der eben genau diese Kriterien benennt und als verpflichtende Kriterien betont, und wir freuen uns, dass sich die SPD-Fraktion diesem in der Zwischenzeit angeschlossen hat. Der FDP-Antrag formuliert ja eher einen allgemeinen Freifahrtschein für jedwede Form von Freihandelsabkommen. Dies ist nicht unser Anspruch an unsere außenwirtschaftlichen Beziehungen. Sowohl beim Handel mit nur einem Staat als auch bei einem großen Freihandelsabkommen unter Beteiligung von einem Dutzend Ländern – bestimmte Kriterien müssen immer eingehalten werden. Und natürlich fallen uns entsprechende Verhandlungen leichter mit Staaten, die unseren Wertekanon teilen. Wobei hier auch Vorsicht geboten ist; so haben sich einige „Deals“ in der Vergangenheit als sehr kritisch entpuppt.  

Ein Selbstgänger sind Freihandelsabkommen ja aber dennoch nie. Die Verhandlungen sind extrem komplex, gerade weil es diverse Kriterien zu beachten und juristische Fragen zu klären gilt. Wir vom SSW legen wie gesagt viel Wert auf die Achtung und Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele. Obwohl sich die Weltgemeinschaft 2015 mit der Agenda 2030 den 17 UN-Nachhaltigkeitszielen verpflichtet hat, müssen wir feststellen: Die politische Realität sieht anders aus. So werden die UN-Nachhaltigkeitsziele als „nett-dabei-zu-haben“ aufgenommen, wenn es gilt, einen nachhaltigen Anschein zu erwirken, aber „als-nicht-möglich“ betitelt, wenn es um konkrete politische Verpflichtungen geht. Ziel 8: Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum und Ziel 17: Partnerschaften zur Erreichung der Ziele, geben einen klaren Kurs. Ignoriert man diese Ziele und gibt einen „Freifahrtschein“ für Freihandel, dann liebe Kolleg:innen, entzieht man sich der Verpflichtung für die Agenda 2030.

Des Weiteren lehnen wir protektionistische Maßnahmen ab. Und auch die faktische Schaffung von Paralleljustizsystemen im Rahmen von Freihandelsabkommen lehnen wir ab, Stichwort Investitionsgerichtssystem (ICS). Es darf nicht sein, dass es internationalen Konzernen ermöglicht wird, Regierungen zu verklagen, wenn neue Gesetze ihren Profitinteressen zuwiderlaufen, wodurch gegebenenfalls Standards des Verbraucher- und Umweltschutzes untergraben werden können. Und wenn bei solchen Rechtsstreitigkeiten und Verhandlungen weder das Europäische Parlament, noch der Bundestag, noch die Öffentlichkeit insgesamt detailliertere Einblicke in die konkreten Verhandlungsangelegenheiten bekommen, dann ist Transparenz wohl kaum gegeben. Derartige Investor-Staat-Klagen werden wohl immer eine umstrittene Angelegenheit bleiben. Stattdessen sollten wir bei allen weiteren möglichen Freihandelsabkommen also besonders auf die Kriterien Transparenz, soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit sowie den Verbraucherschutz achten und vor Verhandlungsabschluss entsprechende Verpflichtungen sicherstellen. 

Bleibt als Fazit festzuhalten: Wir lehnen sowohl den FDP-Ursprungsantrag als auch den inzwischen vorliegenden weiteren Alternativantrag von Schwarz/Grün ab und werben stattdessen noch einmal nachdrücklich für unseren SSW-SPD-Alternativantrag.

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