Rede · Sybilla Nitsch · 26.09.2024 Keine Sonderlösung Schleswig-Holstein

„Die Trassenpreise dürfen nicht angehoben werden. Aber eine Pressekonferenz mit einem empörten Minister verbessert die umweltschonende Mobilität der Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteinerinnen kein bisschen. Was jetzt gefragt ist, ist eine Initiative mit konkreten Maßnahmen.“

Sybilla Nitsch zu TOP 26 - Erhöhung der Trassenentgelte stoppen (Drs. 20/2474)

Der SSW teilt die Kritik an den sehr hohen Trassenpreisen in Schleswig-Holstein. Bahnfahren muss angesichts des teurer Klimawandels attraktiver werden und eben nicht unkomfortabler, störungsanfälliger und noch teurer. Die Erhöhung der Trassenpreise ist das absolut verkehrte Signal. Dadurch werden die Ticketpreise steigen, bei sinkendem Service, denn Personalmangel, Weichenstörungen und Schienenersatzverkehr bleiben uns ja nach wie vor erhalten. Darum ist der öffentliche Aufschrei gegenüber der DB InfraGO und der Bundesregierung absolut gerechtfertigt. Von einer Finanzierung fürs Gemeinwohl können wir an der Stelle nicht mehr sprechen, wenn DB InfraGo für den Erhalt des Kapitals und der Verzinsung die Trassenpreise erhöhen will. Der SSW teilt dagegen nicht die einfallslose Haltung der Landesregierung. 
Trassenpreise dürfen nicht angehoben werden. Aber eine Pressekonferenz mit einem empörten Minister verbessert die umweltschonende Mobilität der Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteinerinnen kein bisschen. Was jetzt gefragt ist, ist eine Initiative mit konkreten Maßnahmen.
Hier kommen durch den Antrag der Koalition erste Ansätze, die allerdings viele Fragen aufwerfen. Die einzige Maßnahme im Antrag betrifft ausschließlich die Regionalverkehrstrecken. Diese sollen ins Eigentum des Landes übergehen. Damit würde sich das Land allerdings eine unkalkulierbare Last aufbürden. Wie das finanziell gestemmt werden soll, bleibt offen? Schauen wir uns dazu nur eine Strecke an: und zwar die zwischen Kiel und Lübeck. Im letzten Winter waren Gleise und Stellanlagen über mehrere Tage eingefroren, was zu kompletten Zugausfällen führte. Die Strecke ist also marode. Die Instandsetzung wird teuer. Darüber hinaus muss ein drittes Gleis her. Schon 2015 wurden die Ausbaukosten für das für den Deutschlandtakt notwendige dritte Gleis mit 330 Mio. Euro veranschlagt. Das kann der Landeshaushalt nicht schultern. Das gilt für die anderen Regionalstrecken ebenfalls: das Land müsste als Eigentümerin die Versäumnisse von Jahrzehnten nachholen. Da wird der Landeshaushalt in die Knie gehen. 
Stattdessen müssen wir neu denken. Warum nicht den Betrieb des Schienennetzes einer Anstalt öffentlichen Rechts anvertrauen? Und so etwas haben wir ja seit einigen Wochen schon im Bereich der Bahn: nämlich die ZugSH. Derzeit geht es um die Elektrozüge, die über die ZugSH angeschafft werden. Ich bin davon überzeugt, dass wir mittels einer Anstalt öffentlichen Rechts auch die solide Finanzierung der Strecken erreichen können, ohne dass die Schuldenbremse eintritt. Auf Bundesebene wird die Idee der Schienenfonds diskutiert, ein Fond für Fernstrecken, ein Fond für Regionalstrecken, um eine mehrjährige Finanzierungen für die Schieneninfrastruktur zu sichern und das System zu vereinfachen. Jetzt sollten wir also Nägel mit Köpfen machen. Die Landesregierung sollte schleunigst Umsetzungsmöglichkeiten prüfen und dem Landtag vorstellen. Sinnvoll wäre es, wenn mögliche Modelle im Ausschuss beraten werden.
Ich möchte aber an dieser Stelle ausdrücklich vor einer Sonderlösung Schleswig-Holstein warnen. Gerade, weil das Netz in unserem Land in einem desaströsen Zustand ist, sollte die Landesregierung eine solidarische und gemeinsame Lösung anstreben, was im Antrag angedeutet wird.Es hilft nämlich nicht, wenn wir kleine Teillösungen hinkriegen. Güterverkehr und Personenverkehr müssen vermehrt auf die Schiene. Nur so können wir die klimapolitischen Ziele erreichen. Und das bekommen wir nur im Verbund mit den Nachbarn hin.
Neben den erwähnten Strecken, die ausschließlich für den Regionalverkehr genutzt werden, sind auch die überregionalen Strecken, vor allem der Jütland-Korridor, Sorgenkinder. Diese verletzliche Infrastruktur lässt sich nicht im Handumdrehen stabilisieren. Viele Brücken und Stellwerke müssen erneuert werden. Diese Jahrhundertaufgabe müssen wir angehen. Das kann Schleswig-Holstein nicht allein schultern.

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