Rede · Christian Dirschauer · 29.10.2020 Gute Rahmen schaffen für die tolle Arbeit der Haupt- und Ehrenamtler im Palliativ- und Hospizwesen

„Wir haben ein vergleichsweise gutes palliativmedizinisches Versorgungsnetz - aber darauf dürfen wir uns nicht ausruhen“

Christian Dirschauer zu TOP 59 - Palliativ- und Hospizsituation in Schleswig-Holstein (Drs. 19/2015 und 19/2308)

Wer sich auch nur theoretisch mit dem Hospizwesen auseinandersetzt oder aber das Gespräch mit unseren engagierten ExpertInnen im Hospiz- und Palliativverband sucht, wird es längst wissen: Trotz einer immer dichteren Versorgungsstruktur sterben noch immer viel zu viele Menschen an einem anderen Ort, als sie sich wünschen. Zwar ist es nicht immer und bei jedem Krankheitsbild möglich – doch fast alle wollen ihre letzten Tage Zuhause oder im Hospiz verbringen, statt im Krankenhaus. Vor diesem Hintergrund ist für mich und meine Partei eine Sache klar: So lange nicht alle, die diesen Wunsch haben und für die eine palliativmedizinische Versorgung infrage kommt, ein solches würdevolles Lebensende haben, müssen wir die Strukturen weiter ausbauen. 

Zum Glück herrscht bei dem Thema Hospiz- und Palliativversorgung grundsätzlich Einigkeit. Rückblickend kann man klar erkennen, dass sich alle Landesregierungen und fast alle Parteien in den vergangenen 20 Jahren für diese wichtige Arbeit eingesetzt haben. Offensichtlich gehört nicht nur für uns vom SSW zu einem menschenwürdigen Leben und einer menschlichen Pflege auch ein würdevolles Sterben. Der politische Wille, hier zu investieren, ist seit langem vorhanden. Über diese Konstanz freuen wir uns. Und neben dem großen ehrenamtlichen Engagement in diesem Bereich ist diese Konstanz für die vergleichsweise gute Hospiz- und Palliativsituation in Schleswig-Holstein verantwortlich. Das macht auch der ausführliche und informative Bericht deutlich, für den ich mich an dieser Stelle gerne bedanken möchte. 

Bei aller Einigkeit dürfen wir uns aber nichts vormachen: Unser Anspruch muss die konsequente, umfassende Versorgung aller Palliativpatientinnen und -patienten sein. Hier geht es um weit mehr als den zahlenmäßigen Ausbau von Hospizbetten. Wir müssen zum Beispiel auch die ambulante Versorgung stärker fördern. Denn hier wird die Grundversorgung geleistet. Eigentlich ist es Aufgabe der allgemeinen sowie der spezialisierten Ambulanten Palliativ Versorgung, sich um Betroffene und ihr soziales Umfeld zu kümmern, wenn eine nicht mehr heilbare Erkrankung vorliegt. Diese sensible Betreuung wird - so die Theorie - in Abstimmung mit dem jeweiligen Hausarzt sichergestellt. Doch leider stößt dieses System noch zu oft an Grenzen. Deshalb sollten auch wir uns fragen, wie man zum Beispiel die interdisziplinäre Zusammenarbeit verbessern und die gesetzlichen Vorgaben in diesem Bereich umsetzen kann. 

Daneben warten weitere Aufgaben im Bereich des Palliativ- und Hospizwesens: Nach dem Ausbau der wohnortnahen stationären Hospize sollten wir uns verstärkt um den Ausbau von Tageshospizen kümmern. Denn mit diesen Angeboten schaffen wir nicht nur bessere Möglichkeiten der teilstationären Versorgung, sondern gleichzeitig auch wichtige wohnortnahe Begegnungsstätten für Menschen mit lebensbegrenzenden Erkrankungen. Außerdem müssen auch wir als Land unseren Beitrag leisten, wenn es um die Sensibilisierung und den weiteren Ausbau von Vernetzung und Kooperation zwischen Kommunen, Städten und Gemeinden sowie Kliniken, Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen geht. 

Und last but not least müssen wir uns Gedanken darüber machen, wie wir differenzierte Angebote etwa für Menschen mit nicht-onkologischen Erkrankungen oder für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen, mit anderem kulturellen oder religiösem Hintergrund oder auch für Wohnungslose schaffen und verstetigen können. Und nicht nur hier sondern im gesamten Bereich müssen wir die nötigen Rahmenbedingungen schaffen, um die tolle Arbeit der Haupt- und Ehrenamtler durch Aus-, Fort- und Weiterbildung in ihrer Qualität zu sichern. Denn ohne diese Menschen nützt uns auch kein noch so dichtes Netz an Einrichtungen. Das sollten wir uns immer bewusst machen.

Weitere Artikel

Rede · Christian Dirschauer · 22.11.2024 Die Koalition duckt sich beim Tierschutz weg

„Es geht schlicht und einfach darum den genannten Gruppen Gesprächsbereitschaft zu signalisieren. Und das ist es wert. Denn seit Jahren ächzen unsere Tierheime unter dem Druck immer mehr Tiere aufnehmen zu müssen. Sie platzen aus allen Nähten. Seit Jahren kämpfen sie um Geld vom Land, aus den Kommunen sowie Mitgliedsbeiträgen und trotzdem sind sie auf Spenden angewiesen.“

Weiterlesen

Rede · Christian Dirschauer · 21.11.2024 Küstenschutz ist keine Privilegierung

„Wir drehen uns doch im Kreis, wenn die Umwidmung von Regionaldeichen zu Landesschutzdeichen nicht vereinfacht wird. So wie es jetzt ist, bleibt die Mammutaufgabe der Verstärkung des Deiches auf Landesschutzdeich-Niveau, beim bisherigen Unterhaltungspflichtigen. Damit lassen sie viele Verbände und Kommunen im Regen stehen. Das kann doch nicht gewollt sein.“

Weiterlesen

Rede · Christian Dirschauer · 21.11.2024 Viele Kinder erhalten noch immer keine Betreuung

„Wie groß das Problem tatsächlich ist, wollte jahrelang niemand wissen. Die Landesregierung hat aufgrund fehlender Daten keinen echten Überblick. Bund und Land haben das Problem erfolgreich ignoriert und eine Datenerhebung regelrecht verschlafen.“

Weiterlesen