Rede · 26.09.2024 Fischerei nicht gegen Landwirtschaft ausspielen

„Wir können nicht von Transformation des Fischereisektors sprechen und ihnen dann die Mittel streichen. Das ist absurd. Was wir brauchen, sind klare Signale, um das Aussterben der Fischereibetriebe an Nord- und Ostsee zu verhindern.“

Christian Dirschauer zu TOP 37A - Erhalt der Küstenfischerei an der Nordseeküste sowie Nutzung der Mittel aus dem Windenergie-auf-See-Gesetz für den Meeresschutz und für die Fischerei (Drs. 20/2462 + 20/2495)

Es ist sehr zu begrüßen, dass wir als Schleswig-Holsteinischer Landtag mit diesem fraktionsübergreifenden Antrag ein klares Signal an unsere Fischereibetriebe senden. Damit machen wir deutlich, dass der Landtag hinter dieser Berufsgruppe steht, denn sie ist ein Teil unserer Ernährungswirtschaft und ein Teil unserer kulturellen Identität in Schleswig-Holstein. 
Für uns als SSW sind dies keine Lippenbekenntnisse. Wir stehen zu unseren Fischerinnen und Fischern und das haben wir auch immer deutlich gemacht in den Debatten, wenn es um die Küstenfischerei und Fischereihäfen ging. Wir haben immer wieder auf die Probleme hingewiesen, vor denen unsere Fischereibetriebe stehen – ganz gleich, ob es an der Ost- oder Westküste ist.
Unsere Fischereibetriebe stehen vor großen Herausforderungen. Sie sind betroffen vom Klimawandel, steigenden Wassertemperaturen oder von der Überdüngung und Verschmutzung der Meere, denn all dies hat Auswirkungen auf die Fischbestände. Riesige Mengen und Altlasten von Weltkriegsmunition stellen eine Bedrohung der Lebensräume dar. All dies ist nicht den Fischereibetrieben anzulasten. Zudem kommt hinzu, dass sie die Leidtragenden einer jahrzehntelangen falschen EU-Quoten-Regelung sind. Unsere Fischereibetriebe stehen heute mit dem Rücken zur Wand. Und uns muss allen klar sein, wenn wir unsere traditionelle und küstennahe Fischerei erhalten wollen – und das wollen wir – dann müssen wir was für sie tun. 
Unsere Fischereibetriebe haben meines Erachtens immer wieder deutlich gemacht, dass sie bereit sind, ihren Teil beizutragen, wenn es um Natur- und Artenschutz geht. Ich verweise beispielsweise auf die freiwilligen Vereinbarungen zum Schutz von Schweinswalen oder Tauchenten. 
Die unterschiedlichen Nutzungsansprüche an unsere Meere sind in den letzten Jahren stetig gestiegen. Die Ausweisung von Schutzgebieten, von Offshore-Windkraftparks, von militärischen Versuchsgebieten oder andere Formen der Nutzung, all dies beeinträchtigt auch die Fischerei. In unterschiedlicher Ausprägung.
Um den Ausbau von Offshore-Windkraftanlagen in Nord- und Ostsee zu forcieren, wurde seinerzeit das sogenannte „Windenergie-auf-See-Gesetz“ auf den Weg gebracht. In §58 Abs 1 und 2 des Gesetzes ist unter anderem geregelt, dass die Einnahmen aus den Flächen-Auktionen zu je 5% dem Meeresnaturschutz und der Fischerei zukommen. Die Mittel aus der Zahlung sind demnach zweckgebunden. Für den Bereich der Fischerei gilt; die Mittel sind für Maßnahmen zur umweltschonenden Fischerei einschließlich Fischereistrukturmaßnahmen möglichst in dem betroffenen Naturraum zu verwenden, für die nicht bereits nach anderen Vorschriften eine rechtliche Verpflichtung besteht. Hier ist der Gesetzgeber eindeutig.
Bei einem Gesamtvolumen von 13,4 Milliarden Euro macht dies 67o Million Euro jeweils für den Meeresnaturschutz und die Fischerei. Also eine beachtliche Stange Geld. 
Doch was ist davon geblieben? Hier hat Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir einen Großteil der Mittel der Landwirtschaft zugesprochen, um geplante Streichungen landwirtschaftlicher Subventionen zurücknehmen zu können. Quasi die eine Berufsgruppe gegen die andere ausgespielt. Das heißt für die Fischerei bleibt nur noch 1%, also 134 Millionen Euro, statt der rechtlich verankerten 5% - also 670 Millionen Euro. 
Hier wird deutlich, dass die Fischerei in Nord- und Ostsee keine großen Fürsprecher in Berlin hat. Krabben wollen sie alle essen, aber dafür tun wollen sie nichts. Diese Kürzungen können und dürfen wir so nicht hinnehmen. Wir wollen unsere Fischerei fit machen für die Zukunft. Das heißt hin zu einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Fischerei. Im Übrigen ist das auch das erklärte Ziel der Leitbildkommission, die im letzten Jahr ihren Abschlussbericht und ihre Empfehlungen zur Zukunft der Ostseefischerei vorgelegt hat. Genau dafür brauchen wir die Mittel. Wir können nicht von Transformation des Fischereisektors sprechen und ihnen dann die Mittel streichen. Das ist absurd. Was wir brauchen, sind klare Signale, um das Aussterben der Fischereibetriebe an Nord- und Ostsee zu verhindern. In diesem Sinne sehe ich den vorliegenden Antrag.

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